Es ist schon ein merkwürdiges Konstrukt der Bürokratie, das die Besucherinnen und Besucher der Sitzung des Haßfurter Bauausschusses am Donnerstagabend beobachten durften: Da müssen Politikerinnen und Politiker in einer Abstimmung die Hand heben, obwohl die Gesetzeslage klar vorgibt, welches Ergebnis am Ende herauszukommen hat. So geschehen bei der Abstimmung über den Bauantrag für eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete.
Am Ende entscheidet das Landratsamt
Die Entscheidung liegt letztlich beim Landratsamt, die Stadt hat lediglich zu prüfen, ob es baurechtliche Einwände gibt. Gibt es diese nicht, sind die Bauausschussmitglieder verpflichtet, dem Bauantrag zuzustimmen, selbst wenn sie persönlich – aus welchen Motiven auch immer – etwas dagegen haben, dass an dieser Stelle eine Flüchtlingsunterkunft entsteht. Und baurechtliche Einwände gibt es objektiv betrachtet nicht. Zu diesem Schluss kommt auch die Bauabteilung.

Dennoch hat die Hälfte der Ausschussmitglieder gegen den Antrag gestimmt. Um ein Zeichen zu setzen. Denn dass sie die Unterkunft nicht verhindern können, dürfte ihnen klar sein. Letztlich wird das Landratsamt wohl zum Schluss kommen, dass der Bauausschuss etwas abgelehnt hat, das er gar nicht ablehnen dürfte. Dann würde die Entscheidung kassiert und die Unterkunft gebaut.
Geflüchtete müssen auf die Regionen verteilt werden
Da mag man sich tatsächlich fragen: Warum muss ein städtisches Gremium überhaupt abstimmen, wenn klar ist, was herauszukommen hat? Unter einer Abstimmung versteht man doch, dass man tatsächlich etwas beeinflussen kann. Auch Befürworter der Flüchtlingsunterkunft müssen zugeben, dass ein solches Verfahren in einer Demokratie nicht gerade intuitiv wirkt.
Andererseits müssen sich auch die Gegnerinnen und Gegner der Unterbringung am Moosanger die Frage gefallen lassen: Was wären denn die Alternativen? Fakt ist, dass Deutschland Flüchtlinge aufnimmt und aufnehmen muss. Fakt ist außerdem, dass diese irgendwo untergebracht werden müssen. Und Fakt ist auch, dass dafür eine anteilige Verteilung auf verschiedene Regionen und verschiedene Orte notwendig ist, sodass eine Stadt nicht dauerhaft sagen kann: "Aber nicht bei uns!"
Lösungen finden, bevor die Menschen ankommen
Sicher kann man darüber diskutieren, welche Art der Unterbringung die geeignetste ist. Alle auf einem Haufen? Oder doch lieber dezentral verteilt? Für die Integration wäre es sicher besser, wenn die Geflüchteten viel Kontakt zu ihren deutschen Nachbarinnen und Nachbarn haben. Die Frage ist aber auch, inwieweit man sich das noch aussuchen kann, wenn Menschen ankommen und eine Lösung gefunden werden muss. Wir können die Geflüchtete ja nicht erst einmal auf der Straße leben lassen, bis uns die perfekte Lösung vor die Füße fällt.
Man muss die Unterkunft am Moosanger nicht für die Ideallösung halten. Man kann auch ein Abstimmungsverfahren seltsam finden, bei dem man letztlich sowieso keine Wahl hat. Aber wer gegen die Unterkunft stimmt, der sollte schon einen brauchbaren Alternativvorschlag machen, für den es bessere Gründe gibt als: "Das ist weiter von meiner Haustür entfernt."