In der vergangenen Woche berichtete die Heimatzeitung über den Fall der Haßfurter Shisha-Bar, deren Anwälte schwere Vorwürfe gegen das Landratsamt erheben. Demnach werde der Betrieb des Lokals durch übertriebene Auflagen unrentabel gemacht. Nun melden sich die Betreiber einer weiteren Gaststätte im Landkreis zu Wort. Detlef Winkelmann, Erich Christ und Silvia Christ üben ebenfalls scharfe Kritik an der Behörde. In ihrem „Musiktreff“ in Zeil können sie seit einigen Monaten keine Livemusiker mehr spielen lassen. Eine rechtliche Grundlage dafür gebe es nicht.
Ähnlich wie bei der Shisha-Bar geht es auch in Zeil um das Thema Lärmschutz. Winkelmann und das Ehepaar Christ hatten das Lokal in der Zeiler Hauptstraße übernommen und, wie bereits ihr Vorgänger „Musikbar 29“, als Musikkneipe betrieben. Der Schock kam dann kurz vor dem Zeiler Weinfest 2016. Drei Tage vor dem Fest, zu dem auch im „Musiktreff“ Musiker auf der Bühne stehen sollten, erhielten die Betreiber vom Landratsamt ein Verbot für Livemusik. Die Behörde, so berichtet Gastwirt Detlef Winkelmann, begründe diese Entscheidung damit, dass der Musiktreff offiziell als „Tagescafé und Weinstube“ läuft. Zudem liege eine anonyme Anzeige gegen das Lokal vor, hieß es vom Landratsamt. „Von einer Anzeige wissen wir nichts“, sagt Winkelmann.
Daraufhin stellten die Betreiber des Lokals bei der Stadt Zeil einen Antrag auf Nutzungsänderung. Die Zeiler Stadträte stimmten diesem Vorhaben am 28. September 2016 einstimmig zu, auch vom Landratsamt hieß es damals, die Nutzungsänderung sei „grundsätzlich genehmigungsfähig, wenn die vorgeschriebenen Lärmschutzwerte eingehalten werden.“ Für die endgültige Genehmigung sei allerdings noch ein Gutachten nötig, das der Bauherr selbst in Auftrag geben müsse.
Eben das taten die Betreiber des „Musiktreff“ beim Büro Wölfel. Sachbearbeiter Dr. Daniel Höhne-Mönch kam darin zu dem Ergebnis, dass die Auflagen in allen Bereichen eingehalten würden – selbst wenn Gäste der Musikkneipe zum Rauchen vor die Tür gingen und sich dort unterhielten. Doch obwohl es sich bei Höhne-Mönch um einen staatlich anerkannten Gutachter handle, zweifle das Landratsamt seine Expertise an, berichtet Detlef Winkelmann. Der Wirt berichtet weiter, die Behörde begründe das mit der Berechnungsgrundlage des Gutachtens. In diesem wird von einem Schallinnenpegel von 85 Dezibel ausgegangen. Beim Landratsamt gehe man aber davon aus, dass diese Werte nicht eingehalten werden.
„Wir müssen die Musik gar nicht lauter machen. Die Gäste wollen sich ja auch unterhalten“, hält Winkelmann dagegen. So habe er den zuständigen Mitarbeitern des Landratsamtes einen Ortstermin vorgeschlagen, an dem sie sich selbst davon überzeugen können, wie sich die Geräusche in der Umgebung verteilen. Die Betreiber des „Musiktreff“ berichten, sie seien sogar bereit, einen überwachbaren Limiter zu verwenden. Dieses Gerät ließe sich in die Soundanlage einbauen, so dass diese gar keine höheren Lautstärken mehr zulässt.
Doch auch auf diesen Kompromiss wolle sich die Behörde nicht einlassen. „Sie sagen generell nein. Sie sagen auch nicht, dass ihnen 85 dB zu viel ist und wir runter sollen auf 75“, erzählt Erich Christ. Stattdessen ziehe das Landratsamt eine VDI-Richtlinie zur Berechnung von Lärmstufen in Gastronomiebetrieben heran. Nach dieser fallen Kneipen, in denen Live-Musik gespielt wird, in die gleiche Kategorie wie eine Disco. Dass die Betreiber von sich aus keine derart laute Musik spielen wollen, interessiere die zuständigen Beamten nicht. „Wir sind keine Diskothek, sonder eine kleine Kneipe, die den Leuten was bieten möchte“, sagt Erich Christ.
Zudem ärgern sich die Betreiber der Musikkneipe darüber, dass es den zuständigen Beamten ihrer Ansicht nach an Ahnung und Verständnis für Live-Musik fehle. So habe einer der Verantwortlichen zu ihnen gesagt, schon eine laute Singstimme sei bei 90 Dezibel anzusiedeln. „Ich bin selber auch Chorleiter. Einen Sänger, der so laut singt, würde ich hochkant rausschmeißen“, kommentiert Detlef Winkelmann diese Aussage. Noch erschreckender findet er zwei Aussagen, die ein Mitarbeiter des Landratsamtes ihm gegenüber am Telefon geäußert haben soll. Demnach habe der Beamte gesagt, Livemusik sei „nur Geschrei und Rumgehopse“. Karaoke habe er als „asoziales Gegröle“ bezeichnet.
Mittlerweile sprechen die Wirtsleute von gewaltigen Umsatzeinbußen, da sie in der Zwischenzeit einigen Bands absagen mussten. Winkelmann berichtet, er habe am vergangenen Dienstag beim Landratsamt angerufen und nach dem aktuellen Stand gefragt. Immerhin möchte er für die Zukunft planen können. Zwar gebe es bisher keine schriftliche Absage des Landratsamtes, doch die Beamten hätten ihm am Telefon bereits gesagt, dass es keine Genehmigung für den „Musiktreff“ geben werde.
Als Begründung sei unter anderem genannt worden, dass die Firma Wölfel die Vorbelastung nicht berücksichtigt habe. Das bedeutet, dass auch der Lärm von anderen Läden in der Umgebung, wie der nahegelegenen Musikkneipe „Mambo“, einer Pizzeria, einem Dönerladen und einer Eisdiele ebenfalls mit eingerechnet werden müsse. „Dr. Höhne-Mönch hat gesagt, dazu fällt ihm nichts mehr ein“, beschreibt Winkelmann, wie absurd auch die Firma Wölfel diese Einschätzung finde. Denn einerseits habe das Büro die Vorbelastung sehr wohl berücksichtigt. Zudem hätten einige der genannten Läden in den Abendstunden längst geschlossen.
Am Mittwoch ist Detlef Winkelmann mit dem Zeiler Bürgermeister Thomas Stadelmann verabredet. Denn nach dem Stadtratsbeschluss, der sich klar für eine Belebung der Innenstadt aussprach, hoffen die Betreiber des „Musiktreff“ auf Unterstützung von Seiten der Kommune. Viele Anwohner haben sie schon auf ihrer Seite. „Im Vorfeld haben wir Unterschriften gesammelt“, berichtet Winkelmann. „In sechs Tagen haben wir 600 zusammen.“