„Als Maler und Lackierer zu arbeiten, das schaffen auch Frauen ganz locker“, findet Julia Hofmann aus Dippach bei Eltmann. Und das sagt die 18-Jährige nicht nur so dahin. Schließlich steht die selbstbewusste junge Frau mit den grün-braunen Augen bereits im dritten Lehrjahr als Malerin. Sie hat ihren Traumberuf gefunden, sagt sie.
Handwerksberufe sind auch für Mädchen interessant, lautet die Botschaft des Pressegesprächs in der Malerabteilung der Haßfurter Berufsschule am Mittwochvormittag. Innungsobermeister Michael Ott und Dieter Scheidler, der Leiter der Schweinfurter Berufsberatung, appellieren an handwerklich interessierte Schülerinnen, bei der Berufswahl den Blick zu weiten – zum Beispiel auch auf vermeintliche Männerberufe.
Bei der Frage nach dem passenden Beruf sollen sie nicht nur „weibliche Modeberufe“ wie Friseurin, Arzthelferin oder Bürokauffrau in Betracht ziehen, fordert Arbeitsmarktexperte Scheidler. Er verdeutlicht „das strukturelle Ungleichgewicht“ am regionalen Ausbildungsmarkt anhand weniger Zahlen: Während 340 Jugendliche eine Ausbildung im Bürobereich suchten, gab es dafür gerade einmal 86 Stellen.
Umgekehrt stellt sich die Situation beim Malerhandwerk dar, sagt er: Von 101 Stellen konnten lediglich 60 besetzt werden. Zusätzlich spricht bei der so genannten „zweiten Schwelle“, also dem Übergang von der Ausbildung in eine anschließende feste Arbeitsstelle, vieles für das Handwerk. Zahlreiche Betriebe suchen nämlich händeringend nach geeigneten Fachkräften, berichtet Innungsobermeister Ott.
Bei den rund 50 Malerfirmen im Kreis stehen 500 bis 600 Mitarbeiter in Lohn und Brot, informierte Ott weiter. Aktuell gebe es 55 Plätze für Auszubildende, nur ein einziger wird von einem Mädchen besetzt, Julia Hofmann aus Dippach bei Eltmann. „Eigentlich könnten es doppelt so viele Lehrstellen sein“, sagt Malermeister Patrick Oppelt, der für die überbetriebliche Ausbildung zuständig ist. Doch woran liegt es, dass Mädchen bei den Malern fast so selten sind wie Sternschnuppen? An einer falschen Vorstellung über den Beruf, sagen die Beteiligten übereinstimmend. Wer beim Malerberuf an zentnerschwere Säcke schleppende Männer denkt, sei sich auf dem Holzweg. Auch die früheren Stahlgerüste seien weitgehend durch Aluminiumteile ersetzt. Handwerkliches Geschick und kreatives Gestalten seien viel wichtiger als Muskelkraft, sagen sie.
In einem Praktikum könne man einfach austesten, ob einem der Beruf liegt, sagt Innungsmeister Ott. Er rät interessierten Schülerinnen und Schülern der achten Hauptschulklasse, sich direkt mit einem örtlichen Malerbetrieb in Verbindung zu setzen. Das sei der schnellste und beste Weg, so der Innungsobermeister.
„Bei uns geht es nicht in erster Linie um gute Noten, sondern um die richtige Motivation“, macht er auch schulisch schwächeren Jugendlichen Mut. Da es weniger Bewerber als Lehrstellen gebe, haben sogar Schüler aus Abgangsklassen, die noch nicht wissen, wo es beruflich hingeht, gute Chancen.
Julia Hofmann hat ihre Entscheidung noch keinen Tag bereut, erzählt sie. Obwohl ihre Verwandten und viele Bekannte anfangs skeptisch gewesen seien, ob der vermeintliche Männerberuf die richtige Wahl sei. „Die Bedenken von damals“, sagt die 18-Jährige heute, „haben sich als Vorurteile herausgestellt.“
Auch die liebäugelte ursprünglich mit dem Friseurberuf, gibt sie zu. Heute aber fühlt sie sich zwischen Pinsel und Farbe pudelwohl. Die Auszubildende hat die Zukunft fest im Blick. Wenn sie im Sommer ihre Malerlehre beendet hat, will sie noch ein Jahr draufsatteln und Kirchenmalerin lernen. Da kann sie ihre künstlerische Ader voll zur Entfaltung bringen.
Mehr Informationen gibt es bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur. Dort können interessierte Jugendliche unter Tel. (0 18 01) 55 51 11 (aus dem Festnetz 3,9 ct/min; Mobilfunkpreise höchstens 42 ct/min) einen Beratungstermin vereinbaren.