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HASSFURT: Mähdrescher: Nur noch in Begleitung auf die Straße

HASSFURT

Mähdrescher: Nur noch in Begleitung auf die Straße

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    Nach der tödlichen Kollision eines Motorradfahrers mit einem Mähdrescher vor zwei Jahren im Landkreis Haßberge legte das Landratsamt in Haßfurt fest, dass überbreite Erntefahrzeuge nur noch mit Begleitfahrzeugen auf schmalen Straßen unterwegs sein dürfen.
    Nach der tödlichen Kollision eines Motorradfahrers mit einem Mähdrescher vor zwei Jahren im Landkreis Haßberge legte das Landratsamt in Haßfurt fest, dass überbreite Erntefahrzeuge nur noch mit Begleitfahrzeugen auf schmalen Straßen unterwegs sein dürfen. Foto: Foto: Jens Wolf, dpa

    Fast genau zwei Jahre ist es her, dass zwischen Gleisenau und Dörflis (Lkr. Haßberge) ein 23-jähriger Motorradfahrer tödlich verunglückt ist. Der junge Mann war am 21. Juli 2015 in einer Kurve gegen die linke Kante des 3,50 Meter breiten Front-Schilds der Erntemaschine geprallt. Diese hatte, wie die Polizei festgestellt hat, etwa 80 Zentimeter in die Fahrbahnhälfte des Motorradfahrers hineingeragt. Um solche Unfälle zu verhindern, lässt das Landratsamt Haßberge seit diesem Jahr überbreite landwirtschaftliche Fahrzeuge nur noch mit Begleitfahrzeug auf schmale Strecken. Der Mehraufwand kommt bei den betroffenen Bauern nicht gut an.

    Für diese gilt dank eines Erlasses des Bayerischen Innenministeriums vom 17. Juni 2013, der zwei Jahre später nochmals aktualisiert wurde, eine Sonderrolle im Straßenverkehr, die es in anderen Bundesländern in dieser Form nicht gibt. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) lässt für Fahrzeuge eine maximale Breite von 2,55 Metern zu, nur landwirtschaftliche Fahrzeuge dürfen bis zu drei Meter breit sein. Der bayerische Erlass geht darüber hinaus und ermöglicht Breiten von bis zu 3,50 Metern – wenn bestimmte Vorgaben erfüllt sind. Dieses sogenannte Bayernpaket schreibt beispielsweise drei gelbe Rundumleuchten auf dem Fahrzeug, zusätzliche Scheinwerfer und Reflektorstreifen vor, die andere Verkehrsteilnehmer warnen sollen.

    Der Einbau beziehungsweise die Umrüstung kostet nach Angaben eines Fachbetriebs je nach Fahrzeug etwa 2000 bis 3000 Euro.

    Entgegenkommende warnen

    Doch der tödliche Unfall in den Haßbergen hat gezeigt: Optische Warneinrichtungen reichen nicht unbedingt aus, vor allem nicht, wenn Kurven die Sicht behindern und die Straßen so schmal sind, dass der Gegenverkehr auf den Fahrbahnrand ausweichen muss, um nicht mit einem Mähdrescher, Feldhäcksler oder Rübenvollernter zu kollidieren. In solchen Fällen wäre ein vorausfahrendes Begleitfahrzeug eine Möglichkeit, um den entgegenkommenden Verkehr rechtzeitig zu warnen.

    Diese Auffassung vertritt das Landratsamt Haßberge, sensibilisiert vom Unfalltod des jungen Motorradfahrers. Wie Mathias Ullrich, der Leiter der Verkehrsbehörde, erläutert, hat die Kreisbehörde Auflagen erlassen, die über das Bayernpaket hinausreichen. Eine Ausnahmegenehmigung für überbreite Erntemaschinen erhält ein Landwirt jetzt nur noch für Straßen mit einer Restfahrbahnbreite von mindestens drei Metern; 2,50 Meter Restbreite genügen nur dann, wenn die Mindestsichtweite 150 Meter beträgt. „Ein gefahrloses Bremsen muss möglich sein“, begründet Ullrich die Überlegung.

    Andernfalls schreibt das Landratsamt ein vorausfahrendes Fahrzeug vor, mit einem Warnschild „Achtung, überbreites Fahrzeug folgt!“ und gelber Rundumleuchte.

    Belastung für die Landwirte

    Wie eine Nachfrage dieser Redaktion ergab, gelten damit im Haßbergkreis die strengsten Auflagen für überbreite landwirtschaftliche Fahrzeuge. Nur das Landratsamt Schweinfurt hat in ähnlicher Weise reagiert und festgelegt, dass Mähdrescher & Co. nur dann ohne Begleitfahrzeug unterwegs sein dürfen, wenn die Restfahrbahnbreite mehr als 2,50 Meter beträgt und die Sichtweite über 150 Meter. Die Landkreise Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen, Kitzingen, Würzburg, Main-Spessart und Aschaffenburg haben aktuell keine Auflagen, die über die in jedem Fall weiter geltenden Vorgaben des Ministerium-Erlasses hinausreichen.

    Geht es nach den Landwirten, dürfte es auch gerne dabei bleiben. Jede zusätzliche Auflage erschwert aus deren Sicht ihre Arbeit, die gerade in Erntezeiten, wie aktuell während der Getreideernte, ohnehin zeitlich äußerst eng getaktet ist. Die zusätzliche Organisation eines Begleitfahrzeugs stelle eine unnötige Belastung dar, wie etwa Manfred Kraus, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Hofheim (Lkr. Haßberge) meint. „Unsere Bauern kommen ihren besonderen Verpflichtungen auch so nach.“

    Uneinheitliche Regeln

    Er bedauert, dass manche Verkehrsbehörden das seiner Auffassung nach vernünftig ausgehandelte Bayernpaket, das Landwirten einen praktikablen Weg eröffne, um sich mit ihren Erntemaschinen im Straßenverkehr zu bewegen, nun infrage stellen. Auch ein „hoch angesiedeltes Gespräch“ in München zwischen Vertretern des Innenministeriums und BBV, der Maschinenringe und Lohnunternehmerverband habe nichts daran geändert, dass in Bayern für Landwirte von Landkreis zu Landkreis nun uneinheitliche Regeln gelten. Ein vom Innenministerium in Auftrag gegebenes, aber noch nicht ausgewertetes Gutachten, so hofft Kraus, werde die im Bayernpaket getroffenen Vorgaben als ausreichend feststellen.

    Das Bayerische Innenministerium bestätigt auf Nachfrage dieser Redaktion eine laufende Neubewertung des jüngsten Erlasses vom 17. März 2015. Erst wenn diese schriftlich vorliegt, könnte es Aussagen zu einem möglichen neuen Umgang mit dem Bayernpaket geben. Der tödliche Unfall im Haßbergkreis im Juli 2015 habe darauf keinen Einfluss, da der Landwirt damals keine Erlaubnis nach dem Erlass des Ministeriums hatte, um mit seinem Mähdrescher auf der schmalen Kreisstraße zu fahren, heißt es in einer Antwort der Pressestelle des Innenministeriums.

    Keine fahrlässige Tötung

    Dennoch hatte die Staatsanwaltschaft Bamberg im November 2015 ihre Ermittlungen gegen den Mähdrescherfahrer wegen fahrlässiger Tötung eingestellt, ohne Anklage zu erheben. Der Fahrer hätte den Unfall nicht verhindern können und habe sich objektiv betrachtet nicht fehlerhaft verhalten, lautete die Begründung. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Motorradfahrer in der engen, unübersichtlichen Kurve zu schnell gefahren ist.

    Das Landratsamt Haßberge hat die meisten Bescheide an die Halter der etwa 75 betroffenen überbreiten Fahrzeuge verschickt, und sei bei den Landwirten „überwiegend auf Verständnis“ gestoßen, berichtet Abteilungsleiter Ullrich. Eine Genehmigung koste rund 90 bis 100 Euro und gelte für drei Jahre. Doch die Bescheide waren offenbar nicht einheitlich, berichtet Tino Scheithauer, Geschäftsführer des Maschinenrings (MR) Haßgau. Dass unterschiedliche Inhalte kursieren, verunsichere die Landwirte, ebenso Genehmigungsverfahren, die unterschiedlich weit fortgeschritten sind.

    Durch die neuen Auflagen des Landratsamtes sieht Scheithauer Probleme bei der Zuckerrübenernte im Herbst auf die Rodegemeinschaft des MR zukommen. Lieferverpflichtungen rund um die Uhr würden Fahrten der Erntemaschinen auch nachts erforderlich machen, was das Bereitstellen eines Begleitfahrzeugs, das vor Ort gebunden ist, weiter erschweren.

    Polizei begrüßt Auflagen

    Beifall findet die Auflage von Begleitfahrzeugen für Landwirte, angelehnt an die Bestimmungen, die für den Schwerlastverkehr gelten, dagegen bei der Polizei in Haßfurt. Auf der Strecke, auf der vor zwei Jahren der junge Motorradfahrer starb, sei ein Begleitfahrzeug aus Sicht von Polizist Werner Rottmann „unerlässlich“. Die Polizei in Haßfurt sei sowohl vom Landratsamt als auch vom Ministerium und vom Polizeipräsidium angehalten worden, das Einhalten der neuen Auflagen gerade in der Erntezeit gezielt und schwerpunktmäßig zu kontrollieren.

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