Am Moosanger in Haßfurt soll eine neue Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete entstehen - zumindest, wenn es nach dem Landratsamt, der Regierung von Unterfranken und dem Grundstückseigentümer geht. Doch Anwohnerinnen und Anwohner sowie gut die Hälfte der Stadtratsmitglieder wehren sich gegen das Projekt.
Es wäre sicher zu kurz gedacht, wenn man alle, die das Vorhaben ablehnen, als Ausländerfeinde abstempeln würde. Teilweise in Redebeiträgen im Stadtrat und teilweise im Gespräch mit der Redaktion haben sowohl Anwohner als auch die CSU-Stadträte Volker Ortloff und Michael Schlegelmilch deutlich gemacht, dass sie nicht generell gegen die Unterbringung von Flüchtlingen sind, sondern nur den Standort für ungeeignet halten: zu weit außerhalb, mitten im Hochwassergebiet, mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.
Verwaltungsmitarbeiter haben ein Recht auf Anonymität
Wundern muss man sich dennoch über zwei Aussagen, die in der Stadtratssitzung am Montag zu dem Thema fielen, beide kamen aus den Reihen der CSU. Die erste davon war noch relativ harmlos: Es ging um die Frage, warum die Namen der Landratsamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die die Baugenehmigung bearbeitet und unterschrieben haben, geschwärzt waren. Volker Ortloff zog den Vergleich, dass er und seine Ratskolleginnen und -kollegen doch auch vor Presse und Öffentlichkeit zu ihren Aussagen stehen müssten.

Doch dieser Vergleich hinkt. Denn natürlich muss ein Politiker, der gerade dafür ins Amt gewählt wird, dass er bestimmte Positionen vertritt und bei Abstimmungen seinem Gewissen folgt, öffentlich zu diesen Positionen stehen. Dagegen hat ein Verwaltungsmitarbeiter, der bei seiner Arbeit kaum Entscheidungsspielraum hat, ein Recht auf Anonymität. Schließlich soll niemand Anfeindungen erleben müssen, nur weil es eben sein Job war, seine Unterschrift unter einen Bescheid zu setzen, der manchen Leuten nicht passt.
Norbert Geier stellt klar: "Wir sind in einer Demokratie!"
Wirklich bedenklich war aber eine andere Aussage: CSU-Stadtrat Jürgen Kehrlein bezeichnete es als undemokratisch, dass das Landratsamt die Baugenehmigung für die Flüchtlingsunterkunft gegen den Willen des Haßfurter Bauausschusses erlassen konnte. Sehr gut reagierte darauf Zweiter Bürgermeister Norbert Geier (WG), der sagte, diese Aussage könne er nicht stehenlassen. "Wir sind in einer Demokratie!", stellte Geier klar. Dass Kehrlein das mit einem lauten "Nein!" kommentierte, ist erschreckend.
Es gehört in einer Demokratie dazu, dass verschiedene Dinge auf verschiedenen Ebenen entschieden werden. Manches ist Sache der Kommunen, andere Entscheidungen liegen auf Kreisebene, wieder andere entscheiden die Länder oder der Bund. Das sind demokratische Prozesse, die in Gesetzen geregelt sind, die von demokratisch gewählten Politikerinnen und Politikern erlassen wurden.
AfD-Rhetorik gehört nicht in die CSU
Man mag in einzelnen Fällen unzufrieden damit sein, für welche Entscheidung welche Ebene zuständig ist. Wer das aber zum Anlass für die Aussage nimmt, Deutschland sei keine Demokratie mehr, hat entweder nicht verstanden, was Demokratie eigentlich bedeutet und wie sie funktioniert, oder geht bewusst auf populistischen Stimmenfang am rechten Rand.
Daran, dass derartige Aussagen immer wieder aus Kreisen der AfD gestreut werden, muss man sich in Deutschland mittlerweile leider gewöhnen. Doch in einer demokratischen Partei wie der CSU, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht, sollte für derart gefährliche Äußerungen kein Platz sein.