Sein Stellvertreter, Klaus Dietz aus Bundorf, berichtete, dass man – entsprechend einem Aufruf des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) die Blockade der Frankenland-Molkereien in Würzburg beendet habe. Ein Zeichen des guten Willens. Allerdings wurde ab sofort eine Mahnwache von fünf bis sechs Personen am Werkstor eingerichtet, die dort ausharren will – täglich und rund um die Uhr. Und zwar solange, betonte Dietz, bis die Forderungen der Milchbauern erfüllt werden.
Was die Bauern wollen, ist eindeutig. Erstens einen fairen Preis von mindestens 43 Cent pro Liter Milch. Derzeit kriegen sie 35 Cent. Zweitens: Damit der Preis nicht wieder fällt, wollen sie die Milchproduktionsmenge an den Bedarf anpassen, also gegebenenfalls drosseln. Dadurch würde nicht zu viel Milch produziert, denn: bei einem Überangebot sänke der Preis.
Von den rund 280 Milchbauern im Haßbergkreis sind nur 32 offiziell im BDM organisiert. Am Lieferboykott aber beteiligen sich weit mehr: etwa 100 Betriebe. Alle sind Genossenschaftsmitglieder bei den Molkereien Frankenland Würzburg oder im Coburger Einzugsbereich bei den Milchwerken Oberfranken-West. Sie appellieren an ihre Berufskollegen, sich dem aktiven Protest anzuschließen. Der Pressesprecher der Haßberge-BDM, Martin Gleichmann aus Friesenhausen, formuliert das Motto: „Einer für alle, alle für einen – gemeinsam sind wir stark“.
Jeder Tag, an dem die Milchbauern nichts abliefern, bringt ihnen immense Einnahmeausfälle. Da stellt sich die Frage, wie lange die Milchbauern diesen Streik durchhalten. Gleichmann verweist darauf, dass er vor zehn Jahren bei der Schließung der Silberdistel-Molkerei in Lendershausen auch sieben Wochen lang kein Milchgeld erhalten habe und meint: „Wir haben einen sehr langen Atem.“
Schuler weiß, dass manche Verbraucher kein Verständnis dafür haben, dass das wertvolle Lebensmittel Milch in die Güllegrube oder auf die Straße gekippt wird. Aber, so sagt er, wann immer möglich, werde die Milch innerbetrieblich verwertet, sprich an Kälber oder Schweine verfüttert. Außerdem, fügt Gleichmann an, sei die erzeugte Milch im Sinne des Gesetzes gar kein Lebensmittel, sondern als Rohmilch ein Rohstoff, also die Lebensmittel-Vorstufe.
Die Milchbauern sind überzeugt, sich für eine gerechte Sache einzusetzen. Um den Druck auf den Handel zu erhöhen, schlössen sich immer mehr Milchbetriebe dem Boykott an. Sogar große LPG in Ostdeutschland, erklärt Schuler, seien mit von der Partie. Mit kühlem Kopf und heißem Herzen setzen die Bauern alles auf eine Karte. Aber unüberlegte Aktionen und Schnellschüsse wollen sie vermeiden. Ihr erklärtes Motto lautet: „Wer kämpft, kann verlieren – wer nicht kämpft, hat schon verloren!“