Wer in seinem Auto im freien Fall gut zehn Meter in die Tiefe stürzt, ohne ernsthaft verletzt zu werden, hat mehr als nur Glück gehabt. Eine 40-jährige Frau aus Lichtenfels hat einen solchen Sturz in ihrem roten Fahrzeug wie durch ein Wunder überlebt. In der Nacht vom vergangenen Dienstag auf Mittwoch war sie nach eigenen Worten auf den Staffelberg gefahren, um ihren 16-jährigen Sohn zu suchen, der gerne auf dem „Berg der Franken“ verkehrt. Starkregen verschlechterte die ohnehin eingeschränkte Sicht.
Orientierung verloren
Sie habe die Orientierung verloren, so die Frau. Was danach kam, hört sich wie eine Fantasy-Geschichte an. Die Frau lenkte ihren Wagen in die Nähe des Gipfelkreuzes. Dort verlor sie die Orientierung. Sie fuhr Richtung der steil abfallenden Felsklippe. Nach einem „leichten Schanzer“ stürzte sie, angeschnallt, im Auto in den Abgrund. Ein zwölf Meter freier Fall folgte. Und dann das Unglaubliche: Das Auto wurde in der Krone einer Kiefer aufgefangen. Der Baum gab nach, bog sich ähnlich wie eine Wippe bis zum Boden des Steilhangs. In der Krone kippte der Wagen und rollte einmal seitlich um die eigene Achse, bis er wieder auf den Rädern aufkam. Das Auto setzte relativ sanft im Unterholz auf und rollte danach 50 bis 60 Meter bergab, bis das Dickicht der Fahrt ein Ende setzte. Die Fahrerin zog den Zündschlüssel, schnallte sich ab, zog die Handbremse an, stieg so gut wie unverletzt aus und machte sich auf den Heimweg. Zuhause legte sie sich ins Bett, so der offizielle Bericht der Polizei. „Wie die Frau nach Hause gekommen ist, wissen wir noch nicht“, sagte der Leiter der Polizeistation Bad Staffelstein, Gerald Storath. Eine Wandergruppe entdeckte am späten Mittwochnachmittag das rote Auto. Da zu diesem Zeitpunkt niemand wusste, was passiert war, begann – wie gestern schon berichtet – ein groß angelegter Einsatz, bei dem unter anderem zwei Hubschrauber, mehrere Feuerwehren aus Bad Staffelstein, Lichtenfels, Uetzing, Unterwallenstadt, Ebensfeld und Michelau, die Polizei, das BRK und die Bergwacht zum Staffelberg anrückten. Unterdessen hatte die Frau einen Termin mit ihrem Rechtsanwalt ausgemacht, um den Vorfall zu besprechen. Um das Unfallfahrzeug hatte sie sich zunächst nicht gekümmert. Die FFW Bad Staffelstein barg das Auto aus dem Unterholz. Gegen die Unfallverursacherin wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort eingeleitet.
„Schutzengel größer wie ein Berg“
Die Version der Frau, sie habe ihren Sohn suchen wollen, sei glaubhaft, so der Polizeichef weiter. Man könne einen Selbstmordversuch ausschließen. „So jemand schnallt sich nicht an“, so Storath. Die Frau habe Riesenglück gehabt, dass ihr Auto in die Krone gefallen sei. „Es gibt Schutzengel, die sind größer als Berge“, meinte der Leiter der Polizeistation. Die Stadt Bad Staffelstein informierte, dass nur von Montag bis Freitag pro Tag offiziell bis zu drei Autos Zufahrtsberechtigungen für den Staffelberg erhalten. Ausnahmeerlaubnisse erhalten zudem der Gastwirt der Klause, der Landwirt, der das Gelände pflegt, und Gäste von Hochzeiten in der Adelgundiskapelle auf dem Berg.