Bescheiden wie sie ist, hielt sich die "Außenministerin" der Stadt Bamberg bis zum Ende des deutsch-französischen Abends im Großen Saal der Volkshochschule (VHS) im Hintergrund. Obwohl die digital zugeschalteten Freunde aus dem südfranzösischen Rodez Brigitte Riegelbauer am Vorabend ihres Geburtstages schon einmal hochleben ließen und sich ein Wiedersehen mit ihrer "chère amie" wünschten. Erst ganz zum Schluss des mehrstündigen Festprogramms ergriff Riegelbauer als maßgebliche Organisatorin der Städtepartnerschaften im Bürgermeisteramt das Wort, sagte allen Mitwirkenden ein herzliches Dankeschön und eröffnete das von etwa 120 Besuchern sehnlichst erwartete Büffet.
Elysée-Vertrag stellte Beziehungen auf neue Basis
Mit Brigitte Riegelbauer wurde am 22. Januar 1963 auch die Grundlage der deutsch-französischen Freundschaft geboren. Damals unterzeichneten der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer im Elysée-Palast einen Vertrag über die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland, besser bekannt als Elysée-Vertrag. Dadurch wurden die Beziehungen zwischen den beiden Ländern neu aufgestellt: auf institutioneller Ebene, aber auch in den Kontakten von Bürgern zu Bürgern. Konkretisiert wurden diese entstandenen Freundschaften durch den Abschluss von über 2300 Städte- und Gemeindepartnerschaften sowie eine Fülle an Initiativen der Zivilgesellschaft.

Eine davon "ist die außergewöhnlich erfolgreiche Verbindung zwischen Bamberg und Rodez, die in diesem Jahr bereits seit 55 Jahren existiert", sagte Oberbürgermeister Andreas Starke beim Festakt aus Anlass der beiden Gedenktage. Durch den kontinuierlichen Austausch auf allen möglichen Ebenen, zum Beispiel kulturellen Begegnungen von Theatern und Orchestern, Sportvereinen und insbesondere durch den Schüleraustausch sei im Laufe der Jahre eine echte und vertrauensvolle Partnerschaft entstanden.
Rodezer über Livestream zugeschaltet
"Es konnten Vorurteile abgebaut und die Politik der Versöhnung erfolgreich und lebensnah umgesetzt werden", bilanzierte der OB. Er bezeichnete diese Städteverbindung als ein "Herzensanliegen der Bamberger und Rodezer Bürger". Zudem habe die Geschichte des Elysée-Vertrages viel Positives bewirkt. Auch in der Gegenwart "werden sich Deutsche und Franzosen gegenseitig brauchen, denn die weltweiten Herausforderungen können Frankreich und Deutschland nur gemeinsam stemmen", erklärte Starke.
Er prostete seinem per Livestream zugeschalteten Amtskollegen Christian Teyssèdre mit einem Glas "Marcillac" zu, dem der Rodezer Bürgermeister einen Krug mit Schlenkerla Rauchbier entgegen hielt. Teyssèdre würdigte die Beziehungen zwischen Bamberg und Rodez, die sich parallel zu den freundschaftlichen, diplomatischen Verbindungen zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg sowie zum Aufbau der Europäischen Union entwickelt hätten. Das französische Stadtoberhaupt verwies auf den regen Schüleraustausch oder die "sehr positiven Erfahrungen mit den Beziehungen zwischen den beiden Bosch-Werken".
Nicht aus politischen Verhandlungen entstanden
Tatsächlich begann die Geschichte der Partnerschaft Rodez-Bamberg in den 1960er Jahren mit Zündkerzen von Bosch. Damals habe das Unternehmen deren Produktion aus dem Bamberger Werk nach Rodez verlegt, blickte Stéphane Lecha, Leiter des dortigen Bosch-Fertigungsstandortes, zurück. Sein Bamberger Pendant, Werkleiter Tobias Hauk, sprach denn auch von der Städtepartnerschaft als "Verschwisterung von unten": "Diese ist ursprünglich nicht aus politischen Verhandlungen oder offiziellen Beschlüssen entstanden, sondern aus einem ganz natürlichen Kontakt, der durch die Firma Bosch initiiert wurde", sagte Hauk.
Seit 1966 sei die Zusammenarbeit zwischen den Fertigungsstandorten Rodez und Bamberg von zahlreichen Varianten für die Dieseleinspritz-Technologien geprägt. Von "hervorragenden Beziehungen, die auf dem Austausch von Fachwissen und gemeinsamen Qualitätsstandards beruht", fuhr Werkleiter Hauk fort. Sein Kollege Lecha ergänzte um "emotionale Aspekte durch Mitarbeiteraustausch" und der Entdeckung jeweiliger lokaler Traditionen.
Deutsch-französischer Schülerdialog
Der deutsch-französische Abend war reich an weiteren Höhepunkten, zu denen Bamberger wie Rodezer beitrugen. So entwickelte sich zum Beispiel ein anregender Dialog zwischen Schülern des Dientzenhofer-Gymnasiums und des Lycée Foch, in dem sie ihre fundierten Kenntnisse der jeweils anderen Sprache unter Beweis stellten. Die Leiter der Bamberger und Rodezer Musikschulen, Martin Erzfeld und Nicolas Dru, überzeugten in einem filmischen Einspieler mit harmonischem Klavier- und Querflötenspiel über Landesgrenzen hinweg.
Jubelnden Beifall heimste die Schammelsdorfer Garde mit ihrer schwungvollen Tanzeinlage ein. Auch der Männerchor "Männersache" begeisterte wie die jungen Leute des Collège St. Joseph Rodez, die virtuell die Europahymne zum beiderseitigen Festakt beitrugen. Nicht zu vergessen die Wortbeiträge von Professor Kai Nonnenmacher, Vorsitzender der Deutsch-Französischen Gesellschaft Bamberg, und von Martine Bringuier, Präsidentin des Partnerschaftskomitees Rodez sowie von Alexandre Aaron Vulic, französischer Generalkonsul in München. Eine Augenweide war die Volkstanzgruppe "Die Regnitztaler" in ihrer originalen Bamberger Gärtnertracht.
Launige Moderatoren des Abends waren Marcus Appel von Radio Bamberg und Petra Keppler, die seit einigen Jahren in Rodez lebt.