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HAßFURT: Popowackeln will gekonnt sein

HAßFURT

Popowackeln will gekonnt sein

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    Mit hohen Schuhen hat das Ganze noch mal einen anderen Touch. Hier kommt Kim Neuser ihre Tanzerfahrung zugute.
    Mit hohen Schuhen hat das Ganze noch mal einen anderen Touch. Hier kommt Kim Neuser ihre Tanzerfahrung zugute. Foto: Foto: Isabel Zier

    „They can imitate you but they cant duplicate you“, schallt es aus den Boxen. „Guten Morgen!“, sagt Kim Neuser und lacht. Dann startet sie das Lied „Dessert“ von vorne, weil noch alle am Quatschen sind. Jetzt stellen sich sofort alle sechs jungen Frauen mit Blick zur Spiegelseite auf, gehen leicht in die Knie und drücken ihren Hintern etwas heraus, während sie ihn zum Aufwärmen immer wieder von der einen auf die andere Seite schwingen.

    Noch kann man keinen großen Unterschied zu einer gewöhnlichen Sportstunde erkennen. Mit ganz normalen jungen Frauen, die T-Shirts oder Tops, Leggins oder Shorts tragen. Keine aufgetakelten, lauten Social-Media-Püppchen etwa, die der ganzen Welt ihren Allerwertesten präsentieren möchten. Denn das würde man vielleicht vermuten, wenn man vom Twerk-Kurs hört.

    Für diejenigen, denen „Twerken“ gar nichts sagt, erklärt es Kim, die Kursleiterin, so: „Tanzen, wo man den Fokus auf den Hintern legt und versucht, mit dem Hintern in alle möglichen Richtungen, in allen möglichen Positionen zu wackeln, und so gut es geht und so groß es geht.“

    Wenn die BWL-Studentin sich vorne hinstellt und etwas komplexere Bewegungen vormacht, wechseln sich konzentrierte mit amüsierten Blicken im Spiegel ab. „Ich muss mich dabei nicht sehen“, meint eine Teilnehmerin an der Fensterseite des Raumes. Jede von ihnen versucht, ihren Po dazu zu bringen, wie gewünscht zu wackeln.

    Knieschoner für die Dehnübungen

    Kims kritischer Blick streift durch die Runde. „Nächste!“, schreit sie durch den Raum, um die wummernden Hip-Hop-Bässe, die aus dem Lautsprecher kommen, zu übertönen. Alle sechs richten sich nun nach Kim aus, und stimmen sich auf die kreisenden Moves ein. Als das Lied zu Ende geht, stülpt sich jede ein Paar der schwarzen, weichen Knieschoner aus Stoff über und alle setzen sich für die Dehnübungen auf den Boden.

    Über das kleine Display, das wie eine Armbanduhr um Kims Handgelenk gebunden ist, wählt sie ein ruhigeres Lied aus. Nach dem Dehnen dreht Kim wieder auf: Zu Brandon Beals passendem „Twerk it like Miley“ beginnen die jungen Frauen synchron, die Arme nach oben zu strecken, bevor sie sich auf den Boden werfen und den Po gekonnt zur Seite schieben und wackeln lassen.

    Nach einer Dreiviertelstunde Üben ist es draußen dann schon fast komplett dunkel geworden und einige Teilnehmerinnen holen zum ersten Mal hohe Schuhe aus ihrer Tasche. Sport und hohe Schuhe? Scheinbar kein Widerspruch, denn die Choreografie wirkt jetzt noch professioneller . . . und sexier. Weniger anstrengend wird es dadurch auf jeden Fall nicht. Der kleine Dutt ist merklich nach unten gerutscht und Kim hat Schweißperlen auf der Stirn.

    Kim hat jahrelang auf diverse Arten getanzt und im Sommersemester zwei Zumba- und einen Twerk-Kurs an der Uni gehalten. Nebenbei macht sie noch Crossfit und Poledance. Sie hat eher eine normale Figur; für das Twerken, das sich nur bedingt von anderen Tanzstilen wie Hiphop, Dancehall oder Reggaeton abgrenzen lässt, spielt ihr aber gerade das in die Karten: Je mehr Po vorhanden, desto mehr kann wackeln.

    Wenn die junge Frau „wackeln“ sagt, klingt es fast so, als würden zwei Klanghölzer aufeinander schlagen. Was Twerk für die 25-Jährige bedeutet? „Einfach nur Spaß. Tanzen und Spaß. Einfach loslassen können. Musik fühlen können.“

    Erst nachdem Weltstar Miley Cyrus 2013 bei den MTV Music Awards auf der Bühne mit dem Popo gewackelt hat, ging der Tanzstil durch alle Medien und gewann immer mehr an Popularität. „Twerken kann absolut jeder lernen“, ist sich Kim sicher. Egal ob Mann oder Frau – alles, was es braucht, ist ein bisschen Mut. „Aber ich glaube, das kann auch wirklich jeder, auch eine Oma, die Lust und Interesse hat und sich ein bisschen bewegen will – warum nicht? Da wird sich der Opa daheim vielleicht auch freuen.“

    Tanzen macht mehr Spaß als studieren

    Spaß – das scheint für Kim wirklich die Hauptsache zu sein. Ihre entspannte und unverkrampfte Art, über den polarisierenden Tanz zu reden, lässt sie souverän und aufgeklärt wirken. Ihr Gesicht schaut freundlich, sie lacht immer wieder. Peinlich berührt verzieht sie das Gesicht nur, als sie erzählt, welches Semester sie in ihrem Studium bereits zählt: „Ich mach' so viel nebenbei, da bleibt einfach wenig Zeit fürs Studium.“ Und das Tanzen macht ihr auch einfach mehr Spaß.

    Die gebürtige Aschaffenburgerin ist davon überzeugt, dass viele Menschen twerken, ohne es zu wissen: „Das machen ganz viele auch unbewusst, wenn sie abends feiern gehen, ein gutes Lied dran ist.“ Die Hobbytänzerin selbst twerkt immer, wenn sie Langeweile hat; beim Kochen, Putzen, an der Bushaltestelle oder am Flughafen, wenn die Musik passt. „Man muss sich auch schon oft zusammenreißen, dass man in der Öffentlichkeit nicht ganz so viel an Bewegung macht“, sagt sie kichernd.

    Wer sich selbst mal am Twerken versuchen möchte, meldet sich im kommenden Semester für den Uni-Kurs oder einen der Workshops in einem Tanzstudio an.

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