Ausgelassen feiern, den Stress der Woche vergessen: Wer in die Disco geht, will meist vor allem Freundinnen und Freunde treffen und eine gute Zeit haben. Einer jungen Frau aus dem Landkreis Haßberge wurde das jedoch in der Nacht zum Sonntag im "Kaiser", der Disco im Eberner Stadtteil Unterpreppach, gehörig verdorben: Eine Stunde nach Mitternacht lief dort "L'Amour Toujours" von Gigi d'Agostino. Und zum Entsetzen der Gymnasiastin begannen Besucherinnen und Besuchern des Clubs, zur Melodie des bekannten Liedes rechtsradikale Parolen zu singen.
Vorfall auf Video dokumentiert - und kein Einzelfall
Von dem Vorfall gibt es ein Video, das der Redaktion vorliegt. Und er ist kein Einzelfall. Zwar hat der Eurodance-Song des italienischen DJs Gigi d'Agostino aus dem Jahr 2001 keinerlei politischen Hintergrund: Es ist ein Liebeslied, der Text englisch, der Refrain besteht nur aus Melodie. Doch seit 2023 sind deutschlandweit zahlreiche Fälle bekannt geworden, in denen Gäste von Discos und Festen zu ebendieser Melodie einen fremdenfeindlichen Text sangen.
Für sie sei es ein Schock gewesen, dass solche "Ausländer raus"-Parolen auch in einer Disco in ihrer Heimat skandiert wurden, sagt die Schülerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, gegenüber der Redaktion. Sie kenne einige, die in dieser Nacht die Parolen mitsangen. Darunter auch Jugendliche ihrer Schule. Sie habe selbst Migrationshintergrund und sagt: "Man kann sowas nicht öffentlich rausschreien."
Anfangsverdacht der Volksverhetzung: Kripo Schweinfurt übernimmt die Ermittlungen
Den Vorfall zeigte die Schülerin bei der Polizei an – nicht als Einzige: Die Polizei Haßfurt bestätigt, dass am Sonntag bis Mittag zwei Meldungen des Vorfalls unabhängig voneinander eingegangen waren. Am Montag teilte das Polizeipräsidium mit, dass die Kriminalpolizei Schweinfurt wegen des Anfangsverdachts der Volksverhetzung ermittelt.
Zeugen und insbesondere die Partygäste werden gebeten, sich mit Hinweisen und möglichen Mitschnitten zu melden. Dazu weist die Polizei darauf hin, dass das Teilen und Verbreiten von Videoaufnahmen solcher Vorfälle in sozialen Medien im Einzelfall strafbar sein kann.

Wie viele Personen in der Nacht zum Sonntag in der Unterpreppacher Disco die fremdenfeindlichen Parolen mitgesungen haben, ist unklar. Sie könne es nicht einschätzen, sagt die junge Frau. Auch Alkohol dürfe keine Ausrede sein. "Es war ein bisschen lauter als der Beat." Aus den Videoaufnahmen, die der Redaktion vorliegen, wird klar, dass eine größere Zahl an Personen mitgesungen haben muss.
DJ Valdemossa: Keine rechtsradikalen Parolen aufgefallen
Sie frage sich, warum das Lied bis zum Ende gespielt wurde, meint die Schülerin: "Der DJ hätte das abbrechen müssen." Waldemar Hergert, der an diesem Abend als DJ Valdemossa auflegte, antwortet schriftlich auf die Anfrage dieser Redaktion, ihm seien keine rechtsradikalen Parolen aufgefallen. "Die Musik und die Atmosphäre waren laut und ausgelassen, und mein Fokus lag darauf, die Stimmung der Gäste mit einer guten Musikauswahl hochzuhalten."
DJ und Disco-Betreiber distanzieren sich deutlich von Fremdenfeindlichkeit
Er bitte da um Verständnis, sagt Hergert: Als DJ habe man während einer Veranstaltung etliche Aufgaben, es sei nicht immer möglich, jedes einzelne Wort aus der Menge herauszuhören. "Ich verurteile jegliche Form von Extremismus und hätte, wäre mir ein solcher Vorfall bewusst gewesen, sofort reagiert und das Lied abgebrochen", sagt Hergert. Er werde künftig noch aufmerksamer sein, "um sicherzustellen, dass solche Vorfälle, sollten sie auftreten, sofort unterbunden werden".

Ähnlich äußert sich Disco-Betreiber Stefan Kaiser: "Rechtsradikale Parolen haben bei uns nichts zu suchen und ich werde dagegen umgehend mit Hausverbot und einer Anzeige reagieren", teilt er mit. Wo er selbst sich in dem Moment aufgehalten hat, als in der Nacht zum Sonntag "L'Amour Toujours" gespielt wurde, wisse er nicht mehr. "Ich habe nichts von dem Vorfall mitbekommen." Andernfalls hatte er gleich "denjenigen Hausverbot erteilt und selbst Anzeige erstattet".
Die Kriminalpolizei Schweinfurt nimmt Zeugenhinweise entgegen unter Tel. (09721) 202-1731.