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KREIS HASSBERGE: Rechtsextreme Szene im Haßbergkreis? Polizei sagt: nein!

KREIS HASSBERGE

Rechtsextreme Szene im Haßbergkreis? Polizei sagt: nein!

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    Die Reichskriegsflagge: Ohne Hakenkreuz nicht verboten, aber laut Haßfurts Polizeichef ein Grund, mal genauer nachzuschauen, wer sie aufhängt oder schenkt.
    Die Reichskriegsflagge: Ohne Hakenkreuz nicht verboten, aber laut Haßfurts Polizeichef ein Grund, mal genauer nachzuschauen, wer sie aufhängt oder schenkt. Foto: Foto: sÖREN sTACHE/Dpa

    „Es gibt im Landkreis Haßberge keine etablierte rechtsextreme Szene.“ Dieses Fazit hat am Montag Haßfurts Polizeichef Norbert Mohr vor dem Kreistag Haßberge gezogen, der in dieser Sache Auskunft verlangt hatte.

    Der Polizeioberrat machte deutlich, dass auch die Kommunalpolitik gefordert ist, damit die Lage so ruhig bleibt. „Schauen Sie genau hin“, forderte Mohr die Kreistagsmitglieder auf, ihre Kommunen im Auge zu behalten und verdächtige Versammlungen, Feiern oder Konzerte zu melden.

    Auch wenn irgendwo die Reichskriegsflagge wehe, wüsste die Polizei das gerne. In den Versionen der einstigen Kriegsflagge der Kaiserlichen Marine oder etwa später der Streitkräfte des Deutschen Reiches bis 1921 sei die Flagge zwar nicht verboten, werde aber gerne von Menschen mit rechtem Gedankengut zum Ausdruck ihrer Gesinnung genutzt. „Und so etwas schauen wir uns dann schon mal genauer an“, verriet Mohr.

    Blick in die Kriminalstatisitk

    Es ist die polizeiliche Kriminalstatistik, die den obersten Haßfurter Polizeibeamten zu dem Schluss kommen lässt, dass es zwar im Landkreis Personen gibt, die man als „rechtsorientiert“ bezeichnen kann, weil ihre Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen oder generell ihr Verhalten auf eine entsprechende Einstellung hinweise. Aber eben keine radikale Szene.

    Die Statistik zeige nämlich, dass es im Haßbergkreis im Vergleich zu ganz Unterfranken keine gehäuften Straftaten im rechten Bereich gibt. Unterfranken zählt rund 1,3 Millionen Einwohner, der Landkreis Haßberge etwa 84 000. Der Bevölkerungsanteil des Landkreises beträgt also rund 6,5 Prozent. Die Straftaten im „rechten“ Bereich machten im Haßbergkreis hingegen in den letzten drei Jahren zwischen 4,5 und 6,8 Prozent aller unterfränkischen Fälle aus.

    Hier nannte der Polizeioberrat für das Jahr 2016 unterfrankenweit 196 Straftaten der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, im Haßbergkreis waren es 15. 2017 zählt die Statistik 156 beziehungsweise 12 und vergangenes Jahr 145 respektive 7 Delikte dieser Art. Zur Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zählen beispielsweise der Hitlergruß, das Hakenkreuz oder der Ausruf „Heil Hitler“.

    Auch mit Volksverhetzung hatten es die Ordnungshüter zu tun: 2016 war dies in Unterfranken 66 Mal der Fall, im Haßbergkreis dreimal; im Folgejahr waren es 42 respektive eine Straftat dieser Art und 2018 57 beziehungsweise zwei Volksverhetzungen. Darunter seien nicht nur antisemitische Aussagen zu verstehen, sondern auch Beschimpfung von Flüchtlingen mit Worten wie „Geht zurück nach Afrika auf die Bäume, wo ihr herkommt, ihr schwarzen Affen.“

    Norbert Mohr versprach seinen Zuhörern im Großen Sitzungssaal des Landratsamtes, dass seine Polizeibeamten weder auf dem linken noch auf dem rechten Auge blind seien. „Wir halten beide Augen offen und das rechte noch ein bisschen mehr“, versicherte Mohr, dass die Polizei aus dem NSU-Skandal gelernt hat. Wachsamkeit ist auch geboten, denn, wenn es auch keine etablierte rechtsextreme oder rechtsradikale Szene gebe, so „schwappt doch immer wieder solches Gedankengut in unseren Landkreis herüber.“

    Etwa im März 2017, als eine Heldengedenkfeier auf der Wallburg in Eltmann stattfand. In Oberfranken gebe es Stützpunkte der rechtsextremen Kleinpartei „Der Dritte Weg“, von der Mohr vermutet, dass ihre Einflüsse auch in den südöstlichen Haßbergkreis reichen. Auch zweifelt der Polizeioberrat nicht daran, dass es in seinem Wirkungskreis Sympathisanten des rechtsextremen Netzwerkes „Blood and Honour“ (Blut und Ehre) oder der Identitären Bewegung gibt. Die Person allerdings, die im vergangenen Dezember in Theinheim im Zuge einer Razzia gegen „Blood and Honour“ in einer Pension festgenommen worden sei, habe keinerlei Bezug zur Region gehabt. Mohr bedauerte, dass es den Ermittlern nicht gelungen ist, den anonymen Verfasser zu identifizieren, der Anfang 2018 Briefe mit rechtsradikalem Gedankengut an Haßfurter Stadträte verschickt hatte. Und der hochrangige Polizeibeamte machte auch klar, dass es oftmals schwer ist, Rechtsradikale zu überführen: Weil man schon sehr genau hinhören muss, was Menschen sagen oder welche Lieder sie singen – und weil man grundsätzlich niemandem verbieten kann, sich mit anderen zu treffen.

    Etwa 100 Reichsbürger

    Mohr wurde auch darum gebeten, eine Einschätzung zu den sogenannten Reichsbürgern zu geben. Der Polizeioberrat sprach von etwa 100 Männern und Frauen im Haßbergkreis, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat verleugnen. „Bei uns gibt es aber nicht das Problem, dass sie rechtsradikal sind“, gab Mohr gewissermaßen Entwarnung. Manche dieser Reichsbürger sind alte Bekannte der Haßfurter oder Eberner Polizei, weil sie immer wieder Ärger bekommen, wenn sie zum Beispiel ihre Verwarnungsgelder nicht bezahlen.

    Größere Diskussionen im Anschluss an die Ausführungen des Haßfurter Polizeichefs gab es nicht – wohl aber tuschelten viele Kreisräte, wo sie schon überall die Reichskriegsflagge gesehen haben. Gut möglich, dass die Polizei hier und dort einmal nachschaut, wenn die Kommunalpolitiker ihre Beobachtungen entsprechend weiterreichen.

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