Als der BRK-Kreisverband Haßberge Anfang der 1990-er Jahre die Rettungswache in der Haßfurter Industriestraße 20 baute, da gab es laut Kreisgeschäftsführer Dieter Greger "nur wenige Damen" im Rettungsdienst. Doch inzwischen ist es hier wie bei der Feuerwehr: Mehr und mehr Frauen dringen in die einstige Männerdomäne vor. Weil noch hinzukommt, dass heute deutlich mehr Mitarbeiter in der Rettungswache tätig sind als noch vor einem Vierteljahrhundert, schreien die Sozialräume nach Verbesserung und Erweiterung. Für rund 1,1 Millionen Euro schafft das Rote Kreuz derzeit Abhilfe.
Keine nach Geschlecht getrennten Umkleideräume
Es ist die Regierung von Unterfranken, die die Verbesserungen angemahnt hat. Schon im Mai 2016 heißt es in einem Schreiben des Gewerbeaufsichtsamtes unter anderem, "dass die Anzahl der Ruheräume für Personen im Nachtdienst nicht ausreichen". Teilweise müssten Personen beiderlei Geschlechts in einem Ruheraum übernachten und es gebe keine nach Geschlecht getrennten Umkleideräume.

Christoph Grimmer ist der Rettungsdienstleiter des BRK Haßberge für den gesamten Landkreis und in dieser Funkion für die Rettungswachen in Haßfurt, Ebern, Hofheim und den Rettungswagenstellplatz in Schweinshaupten verantwortlich. Er verdeutlicht die Entwicklung auf Kreisebene: "Als ich vor 20 Jahren angefangen habe, hatte der Rettungsdienst 35 Mitarbeiter, darunter nur eine Dame. Heute sind es 75, und davon sind 20 Frauen".
In Haßfurt arbeiten nach BRK-Angaben derzeit zehn Männer und acht Frauen hauptamtlich in der Rettungswache, sechs davon sind Auszubildende zu Notfallsanitätern. Hinzu kommen drei Bundesfreiwilligendienstleistende, zwei davon sind weiblich. Zudem ist die Wache Notarztstandort und rund um die Uhr mit einem Fahrer für das Notarzteinsatzfahrzeug besetzt. Wenn nicht gerade mit Blaulicht unterwegs, stehen in der Fahrzeughalle neben dem Sozialtrakt zwei Rettungswagen und zwei Krankentransportwagen.
Wenn die Gewerbeaufsicht etwas will, dann hat sie es meistens eilig, heißt es beim Roten Kreuz Haßberge. Wie Dieter Greger und Christoph Grimmer am Donnerstag ausführten, dauerte es nicht lange, und das BRK machte sich an die Planungen. Ursprünglich war angedacht, das ehemalige Telekom-Gebäude am Standort Industriestraße 16 umzufunktionieren und zu erweitern. Hier sind heute die Sozialen Dienste des Kreisverbandes beheimatet. Das Projekt hätte mit 1,4 Millionen Euro jedoch 300 000 Euro mehr als die Modernisierung der bestehenden Wache gekostet. Das BRK entschied sich für die billigere Variante, obwohl baulich schwieriger umzusetzen und mit größeren Belastungen für das Personal verbunden. Seit März läuft der Umbau, vor allem die vollständige Entkernung des Untergeschosses war eine Herausforderung, weil die Wache ihren Betrieb aufrecht erhalten musste. Christoph Grimmer hofft, dass die Bauarbeiten im August beendet sind.
50 000 Euro vom Landkreis, 175 000 Euro vom Versorgungsbereich
Um die Finanzierung ging es am Donnerstag auch im Kreisausschuss. Greger und Grimmer sprachen im Gremium vor. Der BRK-Kreisverband Haßberge hatte vor ziemlich genau einem Jahr beim Landkreis einen Zuschuss in Höhe von 50 000 Euro für das Projekt beantragt. Die Summe erscheint vergleichsweise gering. Doch die Beteiligung an den Umbaukosten sei keine Pflichtaufgabe des Landkreises im eigentlichen Sinne, wie Ullrich Nembach, Leiter des Sachgebiets Öffentliche Sicherheit und Ordnung, herausstellte. Allerdings seien die Landkreise nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz für die Sicherstellung des öffentlichen Rettungsdienstes zuständig. Und weil laut Nembach eine gesonderte Finanzierung durch den Freistaat nicht mehr möglich ist, gewährte der Kreisausschuss den beantragten Zuschuss auch einstimmig. Und zwar in der Überzeugung, "dass mit Umbau und Erweiterung insgesamt der Standort in Haßfurt als größte Wache im Kreis eine wesentliche und in die Zukunft gerichtete Verbesserung der bestehenden Arbeitsstruktur erfährt", so die Argumentation des Landkreises.
Mit zur Finanzierung heran zieht das BRK übrigens jene Kommunen, die die Haßfurter Rettungswache versorgt. Das sind die Kommunen Haßfurt, Königsbergs, Zeil, Gädheim, Knetzgau, Theres und Wonfurt mit ihren zusammengenommen rund 35 000 Einwohnern. Jede Gemeinde muss 5 Euro pro Einwohner berappen, was sich zu rund 175 000 Euro aufsummiert.
Nach dem Einsatz durch die Desinfektionsschleuse
Ob Arzt oder Ärztin, Fahrer oder Fahrerin, Sanitäter oder Sanitäterin: Ab Spätsommer wird es beim Betreten des völlig umgebauten Untergeschosses der Rettungswache nach einem echten Einsatz heißen: Weiblein nach rechts, Männlein nach links! Dann geht es getrennt in Desinfektionsschleusen, denen sich Duschen und Umkleiden anschließen. Für beiderlei Geschlecht stehen dann zudem genug Toiletten und im Obergeschoss separate Ruheräume zur Verfügung.
Das BRK im Landkreis HaßbergeIm Landkreis Haßberge gibt es neben der Haßfurter noch drei weitere Rettungswachen: Die 2014 modernisierte in Ebern, in Eltmann und Hofheim sowie seit Frühjahr 2019 den Rettungswagenstellplatz Schweinshaupten. Außer in Haßfurt besteht aktuell kein Bedarf an Modernisierung. Insgesamt sind den BRK-Angaben zufolge 75 Personen (darunter 20 Frauen) hauptamtlich (davon 9 Auszubildende zum Notfallsanitäter) und etwa 70 Personen ehrenamtlich in der Notfallrettung und im Krankentransport tätig.Quelle: mcs