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Haßfurt: Schlammschlacht in der Unterfranken-AfD: Aus diesen 5 Gründen gibt es vor der Landtagswahl Streit in der Partei

Haßfurt

Schlammschlacht in der Unterfranken-AfD: Aus diesen 5 Gründen gibt es vor der Landtagswahl Streit in der Partei

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    Am Samstag trifft sich die Bayern-AfD zu einem Landesparteitag in Greding. Die Stimmung in der Partei ist angespannt.
    Am Samstag trifft sich die Bayern-AfD zu einem Landesparteitag in Greding. Die Stimmung in der Partei ist angespannt. Foto: Daniel Biscan

    Eigentlich könnte bei der AfD gerade Glückseligkeit herrschen. Jüngste Umfragen sehen die Partei bundesweit bei 16 Prozent - und damit deutlich stärker als bei der Bundestagswahl 2021. Doch in Bayern ist die Stimmung knapp fünf Monate vor der Landtagswahl und vor dem Landesparteitag in Greding an diesem Wochenende angespannt.

    Die Fraktion der AfD im bayerischen Landtag sorgte in der ausgehenden Legislaturperiode vor allem mit internen Scharmützeln, Austritten und Meutereien gegen die jeweilige Fraktionsspitze für Aufsehen. An der Basis brodelt es, auch weil in der AfD mit harten Bandagen gekämpft wird, wenn es darum geht, Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl aufzustellen.

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    Das gilt auch für Unterfranken, wo die AfD 350 bis 400 Mitglieder hat. Im Vorwahlkampf, wenn andere Parteien demonstrativ geschlossen auftreten, "bricht bei uns immer das Chaos aus, weil es um die Fleischtöpfe geht", sagt ein AfD-Funktionär. "In dieser Partei sind viele Leute, die es nur auf die Sitzungsgelder, Diäten und Pensionsansprüche abgesehen haben. Dafür wird zu jedem Mittel gegriffen", behauptet eine andere Funktionärin.

    Diese Redaktion hat in den vergangenen Wochen mit zahlreichen Personen aus dem Umfeld der Partei gesprochen: einfache Mitglieder, Funktionäre, Ehemalige. Fünf Streitpunkte kristallisierten sich dabei heraus.

    1. Beschwerden über Kandidatenwahl der AfD in Unterfranken

    Am meisten brodelt es derzeit in den Landkreisen Haßberge und Rhön-Grabfeld. Dort sorgte die Wahl des Würzburger AfD-Funktionärs Daniel Halemba zum Direktkandidaten im Stimmkreis 604 für Unmut. Halemba ist Mitglied der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Jungen Alternative (JA).

    Im Vorstand des zuständigen AfD-Kreisverbands Unterfranken-Nord war von Betrug die Rede: Einige Personen, die bei der Wahl des Burschenschaftlers teilgenommen hatten und aus dem JA-Umfeld kommen sollen, seien nicht stimmberechtigt gewesen, hieß es. Inzwischen wird gar über eine Neugründung des Kreisverbands diskutiert.

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    Unterdessen ist bei der Wahlleitung bei der Regierung von Unterfranken eine Beschwerde gegen die Wahl Halembas eingegangen. Gleichzeitig gibt es Stimmen in der AfD, die auch gegen die Kandidatenliste der Unterfranken-AfD vorgehen wollen. Dort wurde Halemba überraschend auf Platz zwei hinter Bezirkschef Richard Graupner gewählt.

    2. Daniel Halemba sorgt mit aussichtsreichem Listenplatz in der AfD für Diskussionen

    Über den aussichtsreichen Listenplatz des 21-jährigen Halemba ärgern sich viele in der AfD. Die einen, "weil sie lieber ihre eigenen Leute weiter vorne gesehen hätten", sagt ein AfD-Funktionär. Andere, weil man den jungen Mann in der Unterfranken-AfD nicht kenne. "Wir wissen nicht einmal, was er arbeitet", moniert ein Mitglied.

    Halemba saß nicht nur im JA-Landesvorstand, er ist auch Mitglied der Würzburger Burschenschaft Teutonia Prag, der immer wieder rechtsextreme Tendenzen vorgeworfen werden. Als Student eingeschrieben ist der Burschenschaftler jedoch nicht, er sei "selbstständig im Bereich E-Commerce", erklärte er auf Nachfrage der Redaktion. Halemba stammt aus dem Main-Tauber-Kreis, arbeitete in der AfD Tauberbischofsheim mit der heutigen Bundestags-Abgeordneten Christina Baum zusammen.

    Für Schlagzeilen sorgte er, als er 2020 überraschend in den Wertheimer Pfarrgemeinderat gewählt wurde. 48 Wählerinnen und Wähler hatten den damaligen Schüler auf den Stimmzettel geschrieben, berichteten die "Fränkischen Nachrichten". Beobachter sprechen heute von einer "ähnlichen Guerilla-Aktion wie bei seiner Kandidatenwahl" in Unterfranken.

    Daniel Halemba im September 2021 am Rande einer Demo der Partei "Der Dritte Weg" in Würzburg.
    Daniel Halemba im September 2021 am Rande einer Demo der Partei "Der Dritte Weg" in Würzburg. Foto: Ulises Ruiz

    3. Vorwürfe über Kontakte von AfD-Mitgliedern zum "Dritten Weg"

    2021 tauchte Halemba am Rande einer Demonstration der rechtsextremen Kleinpartei "Der Dritte Weg" in Würzburg auf. Nein, mit dieser Partei habe er "selbstverständlich" nichts zu tun, betont Halemba in einem Gespräch mit dieser Redaktion.

    Gegenseitig werfen sich Personen aus der AfD vor, mit dem "Dritten Weg" zu sympathisieren oder gar gemeinsame Sache zu machen.

    Nach Informationen dieser Redaktion führt die AfD gerade ein Parteiausschlussverfahren gegen eine Frau aus Unterfranken, die gemeinsam mit einem Funktionär der Neonazi-Partei Demonstrationen im Landkreis Haßberge organisiert haben soll. Die AfD-Frau selbst erklärt in diesem Zusammenhang in einem Video, das im Internet abrufbar ist, sie sei von ihrer eigenen Partei "beleidigt, verleumdet und aufs Übelste gemobbt" worden.

    4. Angebliche Unterwanderung der AfD in Bayern durch "radikale Kräfte"

    Bei all dem schwingt eine Behauptung mit, wonach die AfD unterwandert werde: nicht von Neonazis aus anderen Parteien, sondern von "radikalen Kräften" aus der eigenen Jugendorganisation JA und rechten Burschenschaften. Mehrere Personen aus der AfD berichteten der Redaktion, dass es "gängige Praxis" sei, wonach auf Parteitagen JA-Mitglieder auf Personen zugingen und anböten, gegen Geld "für Mehrheiten zu sorgen" - bei der Wahl von Funktionären oder von Kandidaten. Die angebliche Taktik: JA-Mitglieder melden in einem bestimmten Wahlkreis einen Wohnsitz und sind dann im jeweiligen Parteigremium stimmberechtigt.

    Die Rechtsaußen in der AfD gingen in Bayern sehr strategisch vor und nutzten auch die Mitgliederparteitage zur Durchsetzung eigener Kandidaten, berichten Partei-Insider weiter. Extremisten seien eben "leichter zu mobilisieren", heißt es.

    Zweifellos haben die Rechtsaußen in der AfD vor der Landtagswahl im Oktober an Einfluss gewonnen: So wurde etwa in Oberbayern der gemäßigte AfD-Landtagsabgeordnete Franz Bergmüller – 2018 noch Listenführer –  bis auf Listenplatz 18 durchgereicht. In Schwaben haben sich etwa in Kaufbeuren und Neu-Ulm Direktkandidaten durchgesetzt, denen eine Nähe zur Neonazi-Szene beziehungsweise zur Identitären Bewegung nachgesagt wird.

    Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz sieht zudem direkte Verbindungen rechtsextremer Burschenschaften zur AfD-Jugend. So seien etwa Angehörige der wegen Rechtsextremismus beobachteten Münchner Burschenschaft Danubia und der Erlanger Burschenschaft Frankonia "in der JA und zum Teil auch in der Identitären Bewegung aktiv".

    Auch in Ostbayern seien "führende Personen aus dem JA-Bezirksverband Ostbayern" in führender Funktion bei der rechtsextremen Burschenschaft Markomannia in Deggendorf gewesen. Für Unterfranken gebe es hier jedoch keine Erkenntnisse, weil etwa die Würzburger Burschenschaft Teutonia Prag aktuell kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist, so das Landesamt.

    Auf den Einfluss von JA und Burschenschaften in der AfD angesprochen, bestätigt Bezirkschef Graupner, dass es in Unterfranken "relativ viele JA-Mitglieder im Vergleich mit anderen Verbänden" gebe. Und dass die Jugend "versucht, ihre Mitglieder durchzubringen, ist klar". Es sei aber nicht so, dass die JA oder eine Burschenschaft die Fäden ziehe.

    Der Schweinfurter AfD-Landtagsabgeordnete Richard Graupner wird in der Partei von vielen "der Puppenspieler" genannt.
    Der Schweinfurter AfD-Landtagsabgeordnete Richard Graupner wird in der Partei von vielen "der Puppenspieler" genannt. Foto: Fabian Gebert

    5. Richard Graupner, Schweinfurter AfD-Landtagsabgeordneter, in der Kritik

    Die Fäden soll Graupner selbst ziehen. Das behaupten jedenfalls viele Gesprächspartner dieser Redaktion. Der Spitzname für den 60-jährigen Landtagsabgeordneten aus Schweinfurt, der immer wieder fällt: "der Puppenspieler". Zuletzt war er gar als bayerischer AfD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Gespräch.

    Unumstritten ist Graupner allerdings nicht. Im Gegenteil: "Sein Rückhalt schwindet", schreibt einer, der die Partei gut kennt, an die Redaktion. Einige kritisieren, der Bezirkschef zeige sich zu selten in der Region, beteilige sich kaum am Straßenwahlkampf. Graupner kann diesen Vorwurf nicht nachvollziehen: "Ich bin ständig bei den Kreisverbänden", betont er.

    Schwerer wiegt für viele Mitglieder ohnehin Graupners juristischer Ärger: Der Polizeibeamte ist seit dieser Woche rechtskräftig wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen verurteilt. Als Leiter einer Fahndungsgruppe der Verkehrspolizei Werneck-Schweinfurt hat er einem Bekannten, gegen den damals wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und Körperverletzung ermittelt worden war, Informationen aus einem internen System der Polizei zukommen lassen.

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