Stefanie Boost ist in Ebelsbach und im Großraum Schweinfurt-Bamberg als Doula, ehrenamtliche Stillberaterin, Wellnessmasseurin und Kursleiterin im Themenbereich Schwangerschaft und Geburt tätig. Jetzt plant sie, im Bereich Ebelsbach-Eltmann kostenfrei eine Stillgruppe und einen Frauentreff anzubieten. Im Interview erzählt die studierte Kommunikationswissenschaftlerin von ihren Plänen und warum sie diese Angebote für wichtig hält.

Frage: Was unterscheidet eine Doula von einer Hebamme?
Stefanie Boost: Besonders im Klinikalltag, der in Deutschland leider von einem großen Hebammenmangel geprägt ist, erfüllt die Hebamme meist medizinisch-technische Aufgaben und überwacht den Gesundheitszustand von Mama und Baby. Die Doula hingegen ist die emotionale Geburtsbegleiterin, die die werdende Mama stets 1:1 betreut und sie somit kontinuierlich während der Geburt begleitet. Eine Doula arbeitet jedoch stets ergänzend zur Hebamme, da sie keinerlei medizinische Aufgaben übernimmt, sondern dafür sorgt, dass die Gebärende sich stets sicher und wohlfühlt. Der positive Einfluss einer Doula auf den Geburtsverlauf wurde sogar schon in einigen Studien nachgewiesen.
Sie haben Kommunikationswissenschaft studiert, haben aber inzwischen auch eine Ausbildung zur Doula absolviert. Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Karriereschritt?
Boost: Während meiner beiden eigenen Schwangerschaften entdeckte ich meine große Leidenschaft zum Themenkomplex Schwangerschaft – Geburt – Wochenbett. Daraus entstand zunächst die Idee, Hebamme zu werden, was ich jedoch schnell wieder verwarf. Als Hebamme im Klinikalltag könnte ich die Frauen leider nicht so ganzheitlich betreuen, wie es sich für mich stimmig anfühlen würde. Deshalb entschied ich mich für die Ausbildung zur Doula – so kann ich Frauen nun ganz individuell und kontinuierlich von der Schwangerschaft bis zum Ende des Wochenbettes begleiten.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Stillgruppe einrichten zu wollen?
Boost: Während meiner Stillzeit hätte ich mir den Austausch mit anderen Müttern gewünscht, jedoch gab es hier zu der Zeit keine Angebote in der näheren Umgebung. Noch heute ist beispielsweise das Stillen in der Öffentlichkeit ein großes Tabuthema. Ich möchte Frauen ermutigen, ihren ganz persönlichen Weg zu gehen und ihnen die Gelegenheit bieten, sich in einem geschützten Raum über alle Themen, die das Mutter-Sein mit sich bringt, austauschen zu können.
An wen richtet sich dieses Angebot?
Boost: An alle Mütter - ganz egal, ob sie dieses Angebot gemeinsam mit ihrem Kind wahrnehmen oder sich ganz bewusst einmal Zeit für sich nehmen möchten. Ausdrücklich willkommen sind auch größere Stillkinder!
"Wichtig ist mir, dass die Frauen sich in der Gruppe über alle Themen austauschen können."
Stefanie Boost, Doula aus Ebelsbach
Was erwartet die Frauen in dieser Stillgruppe?
Boost: Wichtig ist mir, dass die Frauen sich in der Gruppe über alle Themen austauschen können. Jede Mama wird mit ihren Sorgen und Ängsten gesehen und geht gestärkt aus unseren Treffen hervor. Für fachliche Beratungen rund um das Thema Stillen stehe ich jederzeit zur Verfügung - ganz egal ob offen in der Gruppe oder in einem persönlichen Vier-Augen-Gespräch. Wünschenswert wäre es, wenn sich aus dieser Gruppe heraus ein Netzwerk von Müttern entwickelt, die sich gegenseitig unter die Arme greifen oder die sich vielleicht sogar einmal privat mit den Kindern auf dem Spielplatz treffen.
Warum halten Sie das Stillen generell für wichtig?
Boost: Dass Stillen allerlei positive Effekte auf ein Baby hat, ist bereits hinlänglich bekannt und in zahlreichen Studien nachgewiesen worden. Muttermilch ist unter anderem immer genau abgestimmt auf die Bedürfnisse des Kindes und stärkt das Immunsystem. Stillen ist aber noch so viel mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Besonders nach einer schweren Geburt fördert das Stillen die Bindung zwischen Mutter und Kind, da während des Stillens das Hormon Oxytocin ausgeschüttet und so Stress bei Mutter und Kind reduziert wird. Das ist einer der Gründe dafür, warum stillende Mütter seltener an Wochenbettdepressionen erkranken.

Thema Frauenkreis: Wen wollen Sie mit dieser Idee ansprechen?
Boost: Den Frauenkreis sehe ich als Pendant zur Stillgruppe. Auch hierbei ist mir wichtig, dass die Frauen sich in einem geschützten Raum über alle Themen austauschen können und dass so vielleicht ein Kreis entsteht, der sich auch außerhalb dieser Gruppe trägt. Hier dürfen gerne Frauen jeden Alters zusammenkommen, sich austauschen und dabei möglicherweise neue Perspektiven kennenlernen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.
Was sollen hier die Themen sein?
Boost: Die Themen sind facettenreich, haben aber alle etwas mit dem Frau-Sein zu tun. Mögliche Beispiele sind Schwangerschaft, Selbstliebe, Intimität, Unabhängigkeit oder Verlust. Es gibt so viele unterschiedliche Formen des Frauenkreises wie es Frauen gibt. Und jedes Mal ergibt sich ein anderes passendes Thema.
Gibt es in der Region nicht schon genug Angebote in dieser Richtung?
In Bamberg und in Haßfurt ist das Angebot bereits vielfältig, aber die große Region zwischen beiden Städten hat so etwas noch nicht zu bieten. Ich möchte gerne ein regionales Angebot für die Frauen aus unserem Landkreis schaffen und dabei unterstützen, dass auch vor Ort ein soziales Netzwerk entsteht - besonders für Frauen, in deren Freundeskreis es noch nicht viele Mütter mit Kindern gibt oder für Familien, die nicht das Glück haben, dass Oma und Opa in unmittelbarer Nähe leben.
"Der Hebammenmangel spitzt sich in der Coronakrise weiter zu."
Stefanie Boost, Doula aus Ebelsbach
Hat sich die Coronakrise auf das Verhalten werdender Mütter ausgewirkt?
Corona hat einen großen Einfluss auf die Themen Schwangerschaft und Geburt. Auch ich beobachte das bei meiner Arbeit als Doula: Viele Frauen denken aufgrund der aktuellen Beschränkungen in den Kliniken über eine Hausgeburt nach, jedoch gibt es bei Weitem nicht genug Hausgeburtshebammen. Der Hebammenmangel spitzt sich in der Coronakrise weiter zu. Und das bringt schmerzliche Auswirkungen für werdende Mütter und deren Partner:innen mit sich.

Ist die Vereinbarung von Familie und Beruf für die Frauen, die sie betreuen, heute noch ein Problem?
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele Familien nach wie vor eine große Herausforderung. Ich beobachte, dass viele Familien auch heute noch das klassische Familienmodell leben: Ein:e Hauptverdiener:in und jemand, der den Großteil der Care-Arbeit übernimmt, bis die Kinder aus dem Haus sind. Aber auch die Coronakrise hat viele Familien an ihre Grenzen gebracht und die Situation verschärft. Geschlossene Kitas, Homeschooling und Homeoffice zu vereinen und dabei allem gerecht zu werden war und ist schwierig, insbesondere wenn die familiäre Unterstützung vor Ort fehlt.
Zur PersonStefanie Boost, geboren am 10. September 1991 in Wolfen (Sachsen-Anhalt), ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Sie wohnt in Ebelsbach. Nach dem Abitur studierte die heute 29-Jährige Kommunikations- und Politikwissenschaft. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder absolvierte sie Ausbildungen zur Doula bei Doulas in Deutschland e.V. (DiD), zur Stillberaterin bei der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen e.V. (AFS), zur prä- und postnatalen Yogalehrerin und zur Wellnessmasseurin für Schwangerschaft und Wochenbett.Kontakt: Stefanie Boost ist erreichbar unter Tel. (01577) 260 83 88 oder über ihre Website www.fraeuleinwunderkind.com.(em)