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KÖNIGSBERG: Substanz erhalten ohne die Nutzung zu behindern

KÖNIGSBERG

Substanz erhalten ohne die Nutzung zu behindern

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    Im Masterstudiengang Denkmalpflege beschäftigen sich die Studenten nicht nur mit der Theorie. Auch die Praxis nimmt einen großen Raum ein. Zu diesem Zweck gibt es an der Universität Bamberg die Anwendungswochen. Jedes Jahr behandeln diese eine andere Region, in der die angehenden Denkmalpfleger Ortsbilder analysieren und dokumentieren. In diesem Jahr fiel die Wahl auf die Stadt Königsberg mit ihren Ortsteilen. Am Freitag stellten die Studenten von Prof. Dr. Gerhard Vinken, Dr. Thomas Gunzelmann und Christian Schmidt ihre Ergebnisse vor.

    „Das Wasser ist umsonst, greifen Sie zu“, sagte Bürgermeister Claus Bittenbrünn zu Beginn zu den zahlreichen Besuchern der Präsentationen, die im Königsberger Rathaus unter der drückenden Hitze litten. Professor Vinken erklärte, durch die Anwendungswochen könne auch der „Kontakt zu anderen Seite“ hergestellt werden, nämlich zu Denkmalbesitzern und Ortsbewohnern. Er freute sich darüber, dass mittlerweile die Zusammenarbeit zwischen diesen und Denkmalpflegern besser sei als noch vor einiger Zeit. „Es gab keine Hundebisse, nur ein paar Leute wurden von Zecken gebissen“, sagte er scherzhaft. Außerdem betonte er, dass die Mitarbeiter und Studenten der Universität Bamberg lediglich ihre Meinung einbringen könnten, jedoch nicht für die gesetzlichen Vorgaben des Denkmalschutzes verantwortlich seien. Dr. Gunzelmann erzählte, er habe den Studierenden scherzhaft angekündigt: „Sie gehen jetzt ins Ausland.“ Denn historisch betrachtet gehörte Königsberg einst zu Sachsen.

    Insgesamt acht Gruppen waren es, die jeweils in einem 20-minütigen Vortrag über den Erhaltungszustand von Gebäuden und Ortschaften berichteten. Sechs von diesen Gruppen hatten sich jeweils ein Dorf vorgenommen, die anderen beiden beschäftigten sich mit je einem einzelnen Gebäude. So begannen vier Studenten, die sich ein altes Fachwerkhaus am Königsberger Marktplatz vorgenommen hatten. Das Haus stammt aus dem 17. Jahrhundert. Später gab es einige Umbauten, einiges ist aber erhalten geblieben.

    Geplant ist eine künftige Nutzung als Café, im Obergeschoss könnten entweder Wohnungen oder Büroräume entstehen. Die Denkmalschutzstudenten erarbeiteten Möglichkeiten zur Umgestaltung des Hauses, die viel von der alten Substanz erhalten und sogar einiges wiederherstellen, ohne dabei eine moderne Nutzung zu behindern.

    Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit dem Rathaus von Junkersdorf. Auch hier ging es um die Frage, wie das alte Gebäude, das in einem schlechten Zustand ist, wieder nutzbar gemacht werden könnte, ohne dabei zu sehr in den Bestand einzugreifen. Die Studenten zeigten Fotos von morschen Balken. Der schlechte Erhaltungszustand dürfte auch dem häufigen Besitzerwechsel des Hauses geschuldet sein.

    Die anderen Gruppen beschäftigten sich mit den Orten Hellingen, Holzhausen, Junkersdorf, Köslau, Römershofen und Unfinden. Letzteres, so erklärte Dr. Gunzelmann, sei ein Beispiel dafür, dass sogar ein ganzes Dorf ein Denkmal sein könne. Zu jedem Ort erstellte die jeweilige Gruppe eine Karte der denkmalpflegerischen Interessen. In einer solchen Karte des Dorfes werden die Gebäude in verschiedenen Farben markiert, je nach ihrer Bedeutung oder ihrem Zustand.

    So werden Baudenkmäler in einer Farbe markiert, erhaltenswerte, ortsprägende Gebäude in einer anderen, eine dritte Farbe steht für „strukturprägende Gebäude“. Letzteres steht beispielsweise für Häuser, die stark verändert wurden, jedoch einen alten Kern haben. In Junkersdorf findet sich sogar ein entsprechender Eintrag zu einem Haus aus den 70er Jahren. Denn auch wenn das Gebäude selbst ein Neubau ist gehöre es doch zum Ortsbild, dass an dieser Stelle ein Haus eben dieser Form und Größe stehe. Als typische unterfränkische Besonderheiten, die es zu erhalten gelte, nannten die Denkmalpfleger unter anderem Dreiseithöfe sowie die auf Dörfern häufig zu findenden Tore, die einen Hof von der Straße trennen.

    Viele Fragen kamen auch in den anschließenden Diskussionen zwischen den Denkmalpflegern und den Besuchern auf. Eine Debatte entbrannte um das neue Pfarrhaus von Hellingen. Kreisheimatpfleger Wolfgang Jäger wollte nicht einsehen, warum der Neubau aus den 60-er Jahren nun als schützenswert betrachtet werde. Dr. Gunzelmann nahm hier seine Studenten in Schutz: Das Gebäude sei, nicht ohne kontroverse Diskussionen, auf seine Empfehlung hin aufgenommen worden. Besonders an der Fensterform sei erkennbar, dass es sich bei dem Pfarrhaus nicht um ein einfaches Wohnhaus der 60-er handle, sondern um eine besondere Kirchenarchitektur dieser Zeit.

    Auch die Kosten, die die Aufarbeitung schlecht erhaltener Gebäude verursachen würden, waren Thema der Diskussion. So ging es beispielsweise um den früheren Gasthof zum Goldenen Ross in Hellingen. „Wenn der Besitzer im Lotto gewinnt, würde er es auch renovieren wollen“, sagte ein Gast der Veranstaltung.

    Eines habe sich generell mittlerweile verändert, berichtete Professor Vinken. Früher hätten die Städte als Orte der stetigen Veränderung gegolten, Dörfer eher als die Orte der Beständigkeit. Heute dagegen sei das umgekehrt, in vielen Dörfern finde heute eine große Entwicklung statt.

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