Wer die Hoffnung hegt, dass das Schloss Ebelsbach bald in neuem Glanz erstrahlt, dem sei gesagt: In naher Zukunft wird das nichts werden. Das Renaissance-Schloss, im September 2009 fiel es einem Brand zum Opfer, befindet sich in einem desolaten Zustand. Manch einer spricht auch vom Schandfleck der Gemeinde.
Doch zumindest im Kleinen tut sich nun etwas. Der Verein "provinz:potenzial" möchte das Schlossareal in den kommenden Monaten revitalisieren. Und auf lange Sicht dafür sorgen, dass in die verschiedenen Gebäude neues Leben einzieht. Wer dahinter steckt, wie das funktionieren soll – und welche Pläne die Gemeinde zeitgleich verfolgt.
Wer steckt hinter dem Verein "provinz:potenzial"?
Der Verein "provinz:potenzial" habe sich 2022 aus einer studentischen Initiative gegründet. Er agiere ehrenamtlich und bestehe aus 35 Mitgliedern, erklären Luca Oszwald und Max Pfaffelhuber. Die beiden 24-Jährigen studieren Architektur im Master in Stuttgart und sind selbst Mitglieder. Der Verein möchte das Schlossareal revitalisieren, wie die beiden im Gespräch mit der Redaktion vor Ort in Ebelsbach berichten.
Auf dem etwa 1,3 Hektar großen Areal befinden sich neben dem Schloss noch mehrere Ökonomiegebäude, die den großen Innenhof zu drei Seiten flankieren. Sie haben damals teilweise als Tierställe und Wirtschaftsgebäude gedient. Der eigentliche Zugang erfolgte durch ein Torhaus, auf dem Gelände befindet sich außerdem eine Schlosskapelle. Im Burggraben befand sich vor dem Brand für kurze Zeit sogar ein Biergarten.

Der Bezug zur Gemeinde und der Schlossruine ist durch Linus Krug entstanden – der ebenfalls Architektur im Master studiert – und ursprünglich aus Stettfeld stammt. Im Verein seien mittlerweile aber nicht nur Studierende aus Berlin, München oder Stuttgart tätig, so Oszwald und Pfaffelhuber, sondern auch Menschen aus der Region.
Was hat der Verein bereits in Angriff genommen?
Bereits im November 2022 hatte der Verein zu einer Bürgerbeteiligung in Ebelsbach eingeladen, berichten die beiden 24-Jährigen. Die Mitglieder wollten wissen, was sich die Gemeinde, aber auch die Bürgerinnen und Bürger vom Schlossareal im Ortskern wünschen. Ob neuer Wohnraum, ein Kindergarten, ein schönes Café, eine Hochzeitslocation oder schlicht und einfach ein neuer Treffpunkt für Alt und Jung. Ideen habe es so einige gegeben, berichtet Pfaffelhuber. Schön wäre es beispielsweise, wenn eines der Gebäude in einem genossenschaftlichen Projekt zu einem Wohnhaus umgebaut werden könnte, findet der Student.

Ein halbes Jahr später organisierte der Verein dann eine Ausstellung im Schloss Gleisenau – hier präsentierten die Mitglieder mögliche Pläne für das Schlossareal in Ebelsbach. Im Sommer 2023 errichteten die Studierenden dann den "Schlosspavillon" im ehemaligen Bullenstall, der von der Festwiese aus zugänglich ist. Dort, und auch an weiteren Stellen auf dem Areal, soll in den kommenden Monaten der "Sommer am Schloss" stattfinden.
"Sommer am Schloss" – was genau steckt dahinter?
Beim "Sommer am Schloss" handelt es sich um eine Veranstaltungsreihe – jeden Monat, von Mai bis September, soll es eine Veranstaltung auf dem Schlossareal geben. Dadurch wollen die Vereinsmitglieder Stück für Stück Leben auf das Gelände bringen. Und auch dafür sorgen, dass die Ebelsbacherinnen und Ebelsbacher die Ruine nicht mehr als Schandfleck wahrnehmen, sondern als Platz, der Potenzial birgt.
"Uns geht es ums Beleben, nicht darum, in kurzer Zeit viel umzubauen."
Luca Oszwald vom Verein "provinz:potenzial"
"Uns geht es ums Beleben, nicht darum, in kurzer Zeit viel umzubauen", macht Oszwald klar. Die Veranstaltungen sollen eine Plattform, einen Treffpunkt, auf dem Areal schaffen. Ziel des Vereins sei es, als Netzwerk zwischen den Menschen vor Ort, der Gemeinde, Planern und Architekten zu fungieren, ebenso, das Areal zu reaktivieren – und nicht direkt zu renovieren.

Dass ein Umbau oder gar eine komplette Sanierung des Schlosses samt des umliegenden Areals nicht bis übermorgen passieren kann, das sei ihnen klar, erklären Pfaffelhuber und Oszwald. Genau darin sehen die beiden aber eine Chance, berichten sie im Gespräch mit der Redaktion. "Wenn das ganze Projekt Stück für Stück verläuft, kann man während des Prozesses weitere Ideen sammeln, weitere Stimmen einholen", sagt die 24-Jährige.
Welche Veranstaltungen soll es geben?
Los gehen soll die Veranstaltungsreihe "Sommer am Schloss" schon im kommenden Monat, konkret am Sonntag, 5. Mai. Unter dem Titel "Schlossspiele" bietet der Verein an diesem Tag einen Workshop für sechs bis elfjährige Kinder an. Die Mitglieder möchten zusammen mit den Mädchen und Jungen einen Lehmofen bauen und dafür Ressourcen nutzen, die schon auf dem Schlossgelände vorhanden sind. Auch verschiedene Spiele für Alt und Jung sollen angeboten werden, beispielsweise Tischtennis oder Badminton. Für Essen und Getränke ist gesorgt.

Am Samstag, 1. Juni, soll dann ein "Schlossgespräch" stattfinden. Zwei bis drei Expertinnen und Experten wollen die Vereinsmitglieder für die Gesprächsrunde mit an Bord holen. Ein Thema: Wo gibt es bereits ähnliche Projekte, die funktioniert haben? "In Brandenburg gibt es beispielsweise eine Dorfscheune, die genossenschaftlich saniert worden ist", berichten die beiden. Dort habe das gut funktioniert.

Im Monat darauf geht es dann runter in den Schlossgraben: Hier will der Verein am Dienstag, 23. Juli, und Mittwoch, 24. Juli, ein "Schlosskino", also ein Freilichtkino, veranstalten. Welche Filme an den beiden Abenden gezeigt werden, stehe derzeit aber noch nicht fest.
Im August will der Verein ein Konzert auf dem Schlossareal organisieren, im September soll es dort ein Picknick samt Führung über das Gelände geben, informiert Linus Krug. Konkrete Termine, und auch Infos dazu, welche Musikerin oder welcher Musiker im Sommer auftreten könnte, gebe es aktuell aber noch nicht.

Die Veranstaltungen sollen keinen Eintritt kosten, sondern – beispielsweise das Freilichtkino – auf Spendenbasis ablaufen. Sollte der "Sommer am Schloss" gut funktionieren, könnte im kommenden Jahr eine zweite Veranstaltungsreihe folgen.
Darf man das Gelände nun immer betreten?
Nein. Das Areal sei nur bei Veranstaltungen öffentlich zugänglich, darauf weist der Verein ausdrücklich hin. Und auch während den Veranstaltungen sei der Zutritt zu den verschiedenen maroden Gebäuden tabu, macht Krug im Gespräch mit der Redaktion klar. Das Freilichtkino soll deshalb auch in einem abgesperrten Bereich stattfinden, erklärt der Student. Damit keiner der Besucherinnen und Besucher einfach auf dem Grundstück herumläuft – oder gar versucht, einen Blick ins marode Schloss zu werfen. Sicherheit gehe hier vor.
Wie finanziert sich der Verein?
Der Verein finanziere sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden, erklären die Studierenden. Langfristig plane der Verein, Förderungen für Projekte rund ums Schlossareal einzuholen, so Pfaffelhuber. Auch die Gemeinde Ebelsbach samt dem Gemeinderat unterstützt das Vorhaben von "provinz:potenzial", wie Bürgermeister Martin Horn (SPD) auf Nachfrage der Redaktion erklärt. Künftig wolle die Gemeinde dem Verein auch finanziell unter die Arme greifen.
Aber wann wird das Schloss denn nun endlich saniert?
"Da läuft jetzt langsam etwas an", berichtet Horn. Die Gemeinde habe eine Studie in Auftrag gegeben, die die weiteren Verwendungsmöglichkeiten für das Schloss aufzeigen soll. "Die Studie ist gerade in Absprache mit den Behörden, also mit Denkmalschutz und Städtebauförderung", so der Bürgermeister. Das Konzept sei relativ vielversprechend, ins Detail könne er derzeit aber noch nicht gehen, sagt das Gemeindeoberhaupt. Was er aber schon verraten kann: Es gehe um Wohnraum, und auch um öffentliche Nutzung.

"Wir versuchen, das Ganze in einem Maß zu planen, in dem wir das auch verwirklichen können", erklärt der Sozialdemokrat. Heißt: Die Gemeinde wolle das Projekt über Jahre hinweg umsetzen, denn immerhin seien hier Investitionssummen von mehreren Millionen Euro notwendig. Hier komme es vor allem auf die Frage nach Förderern an, darauf, "wie tief die in die Tasche greifen". Das Projekt werde sich vermutlich in der Größenordnung von 20 bis 30 Millionen Euro bewegen.

Mit Teilergebnissen rechnet Horn aber erst in Jahren. Womöglich zum Ende einer zweiten Amtszeit, das wäre dann im Jahr 2032, sollte er bei der nächsten Kommunalwahl 2026 noch einmal kandidieren und gewählt werden. "Fakt ist: Wir können das Schloss nicht verfallen lassen", macht der Bürgermeister klar. Er selbst sei optimistisch, auch wenn manch einer sage, das Schloss gehöre weggerissen. "Es ist das Wahrzeichen von Ebelsbach. Ich kann ein Wohnhaus wegreißen, oder einen Normamarkt. Aber das ist ein No-Go."