Ein anstrengender, dreckiger Job, der dazu noch schlecht bezahlt ist – das sind die Vorurteile vieler junger Leute gegen den Beruf des Elektrikers. Dabei gehört längst nicht nur Kabel ziehen zu dessen Aufgaben, sondern setzt heute auch eine Menge Kenntnisse in Sachen Computer und Elektronik voraus.
„Der Beruf ist sehr vielseitig. Man kommt buchstäblich vom Dach bis in den Keller“, sagt Michael Joa, der bei der Geuppert Elektrotechnik GmbH in Hofheim seine Ausbildung zum Elektriker macht. Oder wie es mittlerweile korrekt heißt: Elektroniker mit Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik.
Die Azubis lernen während der Ausbildung zum Beispiel, wie man Telekommunikationsanlagen installiert oder einem Haus eine intelligente Gebäudesteuerung verpasst. Dabei nutzen sie professionelle Software, der Laptop ist heutzutage so wichtig wie der Spannungsmesser. „Früher hat man das Licht mit dem Schalter angeknipst. Heute kann man das mit dem iPhone machen“, beschreibt Michael Joa die Entwicklungen auf seinem Berufsfeld. Und auch sein Azubi-Kollege Heiko Hauswirth ist vom Beruf regelrecht begeistert. Ursprünglich hatte der 26-Jährige aus Abersfeld Stahl- und Betonbauer gelernt und findet seinen neuen Job viel abwechslungsreicher.
Lichtstimmung per Computer
Das Bild des im Dreck knienden Elektrikers ist also nicht mehr zeitgemäß. In seinem Zimmer daheim in Humprechtshausen kann der 18-jährige Michael Joa deshalb Musik und Lichtstimmung von seinem Computer aus steuern. Ganz allein hat er LED-Lampen installiert und die Vernetzung aufgebaut.
Doch die Vorurteile bleiben in den Köpfen. Das bemerken auch die Geuppert-Geschäftsführer Martina und Thomas Borst. „Es melden sich wenig Interessierte auf diese Ausbildungsplätze“, sagt Martina Borst, „auf eine Azubi-Stelle zum Bürokaufmann hatten wir weit über 50 Bewerbungen. Auf die drei Elektrikerstellen gerade mal sechs.“
„Wir müssen Werbung für Berufe machen, die nicht so oft erste Berufswahl der jungen Leute sind“, meint denn auch Karin Jung von der Arbeitsagentur Schweinfurt bei einem Pressegespräch, das am Mittwochnachmittag bei Geuppert Elektrotechnik in Hofheim stattfand. Jung ist überzeugt, dass die Möglichkeiten jenseits der sehr beliebten Ausbildungen, wie etwa der zum Industriemechaniker, aufgezeigt werden müssen.
Neben dem Elektrikerberuf wird sie gemeinsam mit Kollege Gerhard Barthel auch noch für andere Ausbildungen trommeln. Die beiden wollen dabei nicht zuletzt auf gute Berufsperspektiven aufmerksam machen, denn „es gibt in Deutschland keinen arbeitslosen Elektriker“. Der Arbeitsmarkt sei praktisch leer gefegt.
Denn zu den verbreiteten Vorbehalten kommen weitere Rahmenbedingungen, die den Betrieben die Azubi-Suche erschweren: Generell gibt es weniger Schulabgänger und damit weniger potenzielle Bewerber. Im Vergleich zum Ausbildungsjahr 2009/2010 ist die Zahl der Jobanwärter im Landkreis Haßberge um 6,6 Prozent zurückgegangen. Zum Vergleich: In der Region Main-Rhön beträgt der Rückgang insgesamt nur 1,4 Prozent.
Demografischer Wandel
Als Grund sehen Karin Jung und ihr Kollege Gerhard Barthel den demografischen Wandel – gepaart mit der Landflucht vieler junger Leute, die die Haßberge für Ausbildung oder Studium verlassen.
Und auch die Industrie konkurriert mit den kleinen und mittelständischen Handwerksbetrieben um die wenigen Azubis. Denn dort werden höhere Löhne gezahlt.
Aber Michael Joa und Heiko Hauswirth wollten nicht tauschen. Denn „in der Fabrik betreuen Elektriker vor allem die immer gleich Anlagen“, sagt Joa. In Hofheim aber ist jeder Tag anders.