Der erste Christopher Street Day (CSD) in Haßfurt sollte ein Zeichen für die Vielfalt setzen. Hunderte Menschen schlossen sich am Samstagnachmittag dem bunten Aufzug an. Sie versammelten sich auf dem Marktplatz.

Die Menschen trugen aber nicht nur Regenbogenfahnen und Kostüme, sondern auch ihre unterschiedlichen Anliegen mit sich herum. Hier erzählen vier Teilnehmerinnen und Teilnehmer, warum sie den CSD in Haßfurt besucht haben und was ihnen wichtig ist.
Peter Scholz, 54: Steht auf gegen Homophobie

"Ich bin heute hier, um gegen Homophobie und Hetze auf die Straße zu gehen", sagt Peter Scholz. Der 54-Jährige ist an diesem Tag mit seinem Mann Mario zum CSD auf den Marktplatz gekommen. Das Paar lernte sich 2016 kennen, 2018 folgte die Hochzeit in Gerolzhofen. Inzwischen leben die beiden Männer in Haßfurt.
"Wir haben einen Regenbogen-Aufkleber auf unserem Briefkasten, der wurde schon mehrfach mutwillig zerkratzt."
Peter Scholz, 54
Hier haben sie bereits negative Erfahrungen machen müssen: "Wir haben einen Regenbogen-Aufkleber auf unserem Briefkasten, der wurde schon mehrfach mutwillig zerkratzt", schildert Scholz. Dabei sei die bunte Flagge für alle Menschen gedacht, "nicht nur für schwule oder lesbische". "Sie schließt niemanden aus." Heute bekennt sich Scholz offen zu seiner Homosexualität. Kontakt zu seiner Familie habe er keinen mehr. Aber: "Es gibt kein Verstecken mehr." Er, so sagt Scholz, freue sich, dass es in Haßfurt nun einen CSD gebe. "Wir werden auch beim nächsten Mal wieder dabei sein."
Kayla Larissa Opitz, 24: Unterstützt die Kleinstädte

"Ich bin gerne auf CSDs", sagt Kayla Larissa Opitz. "Hier werden wir sichtbar in all unserer Vielfalt - und wir kommen aus unserer eigenen Community heraus." Die 24-Jährige aus Würzburg engagiert sich im Verein "Trans-Ident". "Das ist eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit transidentem Empfinden", erklärt sie. "Also für Menschen, die körperlich entweder dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht angehören, sich jedoch als Angehörige des anderen Geschlechts empfinden."
"Ich hätte gerne schon früher gesehen, dass es viele Menschen gibt, denen es ähnlich oder genauso geht wie mir."
Kayla Larissa Opitz, 24
Opitz stammt aus einem kleinen Dorf in Oberbayern. "Ich hätte mir in meiner Jugend solche CSDs gewünscht", sagt sie. "Dann hätte ich schon früher gesehen, dass es viele Menschen gibt, denen es ähnlich oder genauso geht wie mir." Auch deshalb ist die 24-Jährige an diesem Tag nach Haßfurt gekommen. Für Betroffene sei es wichtig, nicht erst im Erwachsenenalter in Kontakt zu kommen und sichtbar zu werden. "Deshalb unterstützen wir auch die kleineren Orte in unserer Umgebung."
Klaus Roese, 67: Geht als Christ auf den CSD

"Ich gehe auf die Cristopher Street Days als Christ", sagt Klaus Roese. Der Nürnberger bezeichnet sich selbst als "demi". Das bedeutet: "Ich bin männlich mit weiblichen Anteilen, das geht natürlich auch andersherum." Auch in der Bibel lese er von Figuren, die nicht den klassischen Geschlechtern zuzuordnen seien. "Die Bibellehre ist nicht gleich die Kirchenlehre, die Texte werden falsch interpretiert", sagt Roese. Der Glaube kenne keine Homophobie, betont er, die Kirche als Institution sei das Problem. Er ziehe das aus dem Buch, was ihm gefalle. Auf den CSDs komme der 67-Jährige mit den Menschen dann darüber ins Gespräch.
"Die Bibellehre ist nicht gleich die Kirchenlehre, die Texte werden falsch interpretiert."
Klaus Roese, 67
Roese selber sei mit dem Glauben erst spät in Berührung gekommen, erzählt er. Im Alter von 17 trat er den Adventisten bei, einer protestantischen Freikirche. "Die tun sich mit diesem Thema auch noch sehr schwer", so der 67-jährige Nürnberger mit Blick auf die bunten Fahnen, die an diesem Tag in Haßfurt wehen. Es ist nicht der erste Besuch eines CSDs von Klaus Roese. "Ich versuche im gesamten Großraum Franken diese Tage mitzunehmen", sagt er.
Nex Vöckel, 22: Besucht zahlreiche CSDs

"Für mich ist Haßfurt schon der vierte Cristopher Street Day in diesem Jahr", sagt Nex Vöckel. Die 22-jährige Studentin hat bereits die Veranstaltungen in Nürnberg, Aschaffenburg und Würzburg besucht. "Ich will zeigen, dass es in Ordnung ist, anders als die Norm zu sein. Es ist in Ordnung, als Frau eine Frau zu lieben", sagt Vöckel.
"Es ist in Ordnung, anders als die Norm zu sein. Es ist in Ordnung, als Frau eine Frau zu lieben."
Nex Vöckel, 22
Ihr sei es wichtig, dass Menschen, die beispielsweise in einem traditionellen und konservativen Elternhaus aufwachsen, eine Möglichkeit haben, hier zu sein. Hier, auf einem CSD, wo sich niemand verstellen müsse. Sie selber komme aus einer solchen Familie, erzählt sie. "Meine Eltern wissen es noch nicht – ich bin also noch ungeoutet." CSDs, so Vöckel, unterstützen das Gefühl der Selbstbestimmung. "Sie geben Kraft."