Derzeit bildet die evangelische Kirchengemeinde Sankt Stephan in Bamberg die Kulisse für einen Streifzug durch die jüngere fränkische Geschichte. Dr. Thomas Greif führte am Freitag Frankens Rolle während des Dritten Reichs im Rahmen seines Vortrags „Die ,deutscheste aller Landschaften‘“ aus.
Vor zwölf Jahren hat der Historiker damit begonnen, tiefer in die Thematik einzutauchen. Greifs 2007 unter dem Titel „Frankens braune Wallfahrt. Der Hesselberg im Dritten Reich“ veröffentlichte Dissertation nähert sich einem bis dato blinden Fleck. Seit jeher seien Berge vom Mensch „ideologisch aufgeladen“, spiegelten sie doch Erhabenheit und das Streben nach Höherem wider.
„Der Hesselberg ist ein völlig vergessener Ort des Dritten Reichs“, führt Greif aus. Dabei wurde auf dem Berg eine eigene Form des Führerkults zelebriert. So habe sich der fränkische Gauleiter Julius Streicher, der so genannte „Frankenführer“ und selbst ernannte „größte Antisemit aller Zeiten“, auf dem Hesselberg regelrecht gefeiert. Dabei spiele der Hesselberg ab 1928 eine bedeutende Rolle. Denn die erstmals stattfindenden Hesselbergtage markierten den Auftakt der Einbindung als Ort für Kundgebungen und nationalsozialistische Treffen.
Anhand großer Schautafeln mit anschaulichen Fotos und Zeitungsartikeln lässt sich der braune Faden nachvollziehen, der sich durch Franken gezogen hat. Videos und Tonaufnahmen ergänzen die Materialsammlung. Ein Schwerpunkt liegt auf den Frankentagen, die von 1933 bis 1939 sieben Mal auf dem Hesselberg ausgerichtet wurden, teils mit 100 000 Besuchern.
Neben den Reichsparteitagen in Nürnberg waren die Frankentage die größten Massenversammlungen dieser Jahre und allein aus logistischen Gesichtspunkten eine „Meisterleistung“, erklärt Greif. Straßen wurden ausgebaut, Wälder gerodet, mit Zügen reisten die Besucher aus den umliegenden Gebieten an, wurden bisweilen mit Lastkraftwagen nach oben transportiert. Hitler, erklärter Fan von Nürnberg und Bayreuth, war nur ein Mal auf dem Hesselberg.
Im an die Führung angeschlossenen Vortrag im Gewölbekeller spürt Greif Hitlers Zitat nach, Franken sei „die deutscheste aller Landschaften“. Kritisch und mit viel eingeflochtenem Hintergrundwissen gibt Greif, der beim Evangelischen Sonntagsblatt in Nürnberg als Redakteur arbeitet, vor den rund 90 Zuhörern einen Abriss der Beziehung Frankens zum Nationalsozialismus wieder. „Coburg war die fränkische Krone im Nationalsozialismus“, so Greif. Ausgehend vom „Ländlich-Kleinstädtischen fränkischer Orte“, sei die „langsame, aber stetige Machtergreifung Hitlers vorangeschritten.“ Vor allem im protestantisch-bäuerlichen Milieu sei die NSDAP auf breite Zustimmung gestoßen.
Informationen zur Bamberger Geschichte ergänzen in einem Sonderteil die Ausstellung. Zuvor war diese bereits in Nürnberg, Roth, Dinkelsbühl und zuletzt im Bayerischen Landtag zu sehen. Ziel der Veranstalter sei es, sie in naher Zukunft auch an den Ort zu bringen, dem sie sich in aller Ausführlichkeit widmet: dem Hesselberg. Von seiner einstigen Funktion als „heiliger Berg“ der Nationalsozialisten wisse Greif zufolge ein großer Teil der Bevölkerung nichts. Heute befindet sich ein Evangelisches Bildungszentrum auf dem mittelfränkischen Berg.
Öffnungszeiten: Noch bis zum 18. November ist die Ausstellung in der Sankt Stephanskirche Bamberg zu sehen, geöffnet täglich in der Zeit von 9 bis 18 Uhr.