Zur offiziellen Amtseinführung von Christoph Gillot als Direktor des Haßfurter Amtsgerichts war auch Lothar Schmitt, Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg, zu Gast. Eine gute Gelegenheit, den beiden Richtern ein paar Fragen zu stellen: Ist der Landkreis Haßberge wirklich ein Drogen-Hotspot, wie oft behauptet wird? Wie stehen die Juristen zu den Plänen der Bundesregierung, Cannabis zu legalisieren? Und was sagen sie zu dem oft vorgebrachten Vorwurf, Straftäter würden zu oft mit zu geringen Strafen davonkommen?

Frage: Herr Gillot, ist der Landkreis ein Hotspot im Drogenhandel?
Christoph Gillot: Nein, das sehe ich nicht so. Die Problematik habe ich auch an meiner früheren Dienststelle in Coburg erlebt, wo unter anderem Amphetamin und Methamphetamin, das aus der Tschechei importiert wurde, eine Rolle spielte.
Begrüßen Sie die Freigabe von Cannabis, Herr Schmitt? Es würde die Arbeit der Justiz wohl um einiges erleichtern.
Lothar Schmitt: Nein, ich lehne eine Freigabe ab. Eine Reihe von Straftätern sind jetzt schon Cannabis-Konsumenten, deren Schuldfähigkeit oft sachverständigenseits überprüft werden muss. Die Anzahl von Strafverfahren würde sich eher noch erhöhen, da zum Beispiel Cannabis-Konsumenten nach dem Konsum nicht verkehrstauglich sind. Eine Freigabe würde zu mehr Opfern und Verletzten im Straßenverkehr, aber auch darüber hinaus führen. Gesteigerter Cannabis-Konsum kann zu Persönlichkeitsveränderung mit fatalen Folgen für Opfer führen. Die Gerichte haben bereits genug mit den Folgen des legalen Konsums von Suchtmitteln zu tun, wie Alkohol. Eine Ausnahme gilt natürlich, wenn Cannabis-Produkte aus medizinischen Gründen von Ärzten verschrieben werden.
Gillot: Dies sehe ich genauso.
Viele Trunkenheitsfahrten landen vor Gericht. Wäre es nicht sinnvoll, die Promillegrenze gleich auf Null zu setzen?
Schmitt: Dem würde ich nicht entgegentreten. Andererseits ist dies jedoch nicht zwingend notwendig, wenngleich in vielen Ländern schon der Null-Promille-Wert gilt. Wichtig ist der fortwährend erhobene Zeigefinger: Finger weg vom Alkohol im Straßenverkehr.
Wie hat sich die Jugendkriminalität im Landkreis entwickelt, speziell im Hinblick auf den Missbrauch von Betäubungsmitteln?
Gillot: Auf diese Frage kann ich aufgrund meiner kurzen Amtszeit im Haßfurt keine befriedigende Antwort geben. Zugenommen haben jedoch Hassbotschaften, sowie antisemitische oder gewaltverherrlichende Inhalte, die im Internet verbreitet werden.
Schmitt: Eine Kampagne des Bayerischen Justizministeriums soll hier entgegenwirken. Unter dem Stichwort: "Mach dein Handy nicht zur Waffe" gehen Kolleginnen und Kollegen in Schulen, um ein Bewusstsein unter den Schülerinnen und Schülern zu wecken, dass sie – oft unbewusst – Straftaten begehen, wenn sie beispielsweise Kindesmissbrauch im Internet teilen. Es braucht Opfer, um solche Filme herzustellen. Das wollen wir den Kindern und Jugendlichen klar machen.
Leserinnen und Leser beschwerten sich bei der Redaktion, dass Urteile zu milde sind. Täter mit vielen Vorstrafen kämen zu oft mit Bewährung davon. Warum gibt es so oft die "letzte Chance"?
Gillot: Dies wird von Leuten behauptet, die wenig Informationen haben, nicht in der Sitzung waren und die Akte sowie die Interessen der Opfer nicht kennen. Es gibt Fälle, in denen das Opfer nicht will, dass der Angeklagte hinter Gitter wandert. Denn dann kann er auch kein Schmerzensgeld zahlen, weil er nicht arbeitet. Schöffen, die ja keine Juristen sind, können Ihnen das bestätigen.
Gibt es aus ihrer Sicht Lücken im Rechtssystem, die bei der Arbeit am Amtsgericht spürbar sind?
Gillot: Nein, die gibt es aus meiner Sicht nicht.
Gibt es mögliche Alternativen zu Haft- oder Geldstrafen, Stichwort Täter-Opfer-Ausgleich und andere?
Gillot: Diese Möglichkeiten gibt es bereits. Sie werden da eingesetzt, wo es sinnvoll ist, gerade im Jugendbereich. Es handelt sich dabei um einzelfallbezogene Maßnahmen, um Menschen davon abzuhalten, erneut straffällig zu werden.