Tack, tack, tack, tack, tack, kling und zack. Kraftvolles Klappern, regelmäßig unterbrochen von einem Klingelton und einem kräftigen Abschlusslaut. Und das Ganze von vorne. Diese Geräusche würde die jüngere Generation heute nicht einmal mehr erkennen. Schreibmaschine? Was ist das?
Zugegeben, der Umgang mit den schlagkräftigen Typen war ein Kraftakt für die Finger. Vor allem der kleine hatte es schwer, wenn Großbuchstaben gefragt waren. Was aber den Charme und die Ausstrahlung betrifft, da können es die alten Damen locker mit ihren elektronischen Nachfahren aufnehmen. Ralph Köberlein jedenfalls ist dem Reiz der nostalgischen Schreibmaschinen schon lange erlegen.

Auf einer Auktion in Sand am Main stach ihm eine „Continental Silenta“ ins Auge. Für 50 Deutsche Mark erhielt der Hofheimer den Zuschlag. Die Wanderer-Werke in Chemnitz-Schönau brachten die geräuscharme Schreibmaschine 1934 auf den Markt. Mit dieser mechanischen Büroschreibmaschine legte Ralph Köberlein 1985 den Grundstein für seine Sammlung.
„Natürlich hatte ich damals noch nicht die Absicht, Schreibmaschinen zu sammeln“, erinnert er sich. Doch sein Blick für alte Bürotechnik war geschärft. Auf Flohmärkten stöberte er alte Rechenmaschinen und Büroutensilien, wie Hefter, Spitzer und Locher auf. Nach und nach gesellte sich die ein oder andere altertümliche Schreibmaschine hinzu.
Wie beim Familienurlaub 1997 im Harz. „Zwei Räume voller historischer Schreibmaschinen entdeckten wir da in einem Privatmuseum“, gerät Köberlein noch heute ins Schwärmen. Auf Nachfrage bot der Sammler den Urlaubern aus seinem Lager eine „Oliver“ zum Kauf an.
„So etwas hatte ich vorher noch nie gesehen. Ich war so begeistert von der genialen Technik.“ Wie große Ohren wirken die bügelförmigen Typenhebel, die rechts und links über der Walze lagern. Nach langem Überlegen machte sich Köberlein das gute Stück aus dem Jahr 1928 selbst zum Geschenk – schließlich feierte er an diesem Tag mit seiner Frau Anita seinen elften Hochzeitstag.
Als Tochter Melina ihren Vater dann in die weite Welt des Internets einführte, waren dessen Sammelleidenschaft keine Grenzen mehr gesetzt. Inzwischen ist die Sammlung von Ralph Köberlein auf über 100 Modelle angewachsen.
Die erste funktionstüchtige Schreibmaschine sei 1864 von einem Südtiroler Zimmermann namens Peter Mitterhofer gefertigt worden, weiß Ralph Köberlein zu berichten. „Sie war überwiegend aus Holz gemacht. Die Buchstabentypen waren aus unzähligen Spitzen von Stecknadeln gefertigt.“ Leider habe er am Kaiserlichen Hof in Wien kein Gehör gefunden, und niemand habe den Wert dieser fortschrittlichen Erfindung erkannt.
Das älteste Modell in Köberleins Sammlung wurde 1896 in den USA gebaut. Bei der „Williams“ sind die Typenhebel halbkreisförmig vor und hinter der Walze angeordnet. Ein Farbband gibt es nicht. Die Typen lagern in Ruhestellung in auswechselbaren Farbkissen. Wie ein Grashüpfer bewegt sich der Typenhebel beim Anschlag.
Zwischen 1880 und 1930 habe sich die Technik bei den Schreibmaschinen ständig weiterentwickelt. „Die Konkurrenz war groß. Alle versuchten, sich auf dem Markt zu behaupten.“ Zunächst waren die Schreibmaschinen noch mit dem sogenannten „Unteraufschlag“ ausgestattet. „Die Typen schlagen von unten auf die Walze“, erläutert Köberlein am Modell „Yost“, Baujahr 1905, das System. Der Nachteil liegt auf der Hand: Man konnte das Geschriebene nicht lesen, ohne den Wagen anzuheben.
„Jeder Konstrukteur tüftelte fieberhaft an einer Maschine, bei der die Schrift sofort sichtbar war.“ Spannend wie einen Krimi schildert Köberlein die unaufhörlichen Versuche, die Maschinen zu verbessern. Viel Herzblut und Tragik sei bei der Geschichte im Spiel gewesen: „Wenn man Pech hatte, war die ganze Idee schon wieder überholt.“
Wie viel sich im Laufe weniger Jahrzehnte getan hat, lässt sich momentan hervorragend in der Ausstellung im „Haus der Geschichte“ in Königsberg nachvollziehen. Unteraufschlag, Vorderaufschlag, Volltasten- und Umschaltungsmaschinen, ganz zu schweigen von den zahllosen Anschlagtechniken. Mit immer neuen Varianten versuchte man, den kleinen Finger zu entlasten.
Der musste beim Drücken der Umschalttaste zur Großschreibung Schwerstarbeit leisten. „Nach Berechnungen der Hersteller bewegte eine Schreibkraft täglich ein Gewicht von 2,5 Tonnen mit ihren kleinen Fingern.“
Die Begeisterung, mit der Köberlein alles geduldig erklärt und immer wieder zum Ausprobieren auffordert, wirkt ansteckend: „Über 1000 Teile müssen präzise zusammenwirken, damit das Ganze funktioniert. Und das tut es – auch noch nach über 100 Jahren.“ Eine solch nachhaltige Erzeugung sei heute kaum mehr zu finden.
„Suche das @-Zeichen“, fordern immer wieder kleine Hinweisschilder auf. Wie kommt der E-Mail-„Klammeraffe“ auf die Tastatur der alten Maschinen? Das Zeichen wurde bereits im 16. Jahrhundert von spanischen Kaufleuten als Kürzel im Sinne von „zu“ verwendet, so wie in Deutschland das „á“, erklärt Köberlein. Spanische und portugiesische Seefahrer brachten das „@“ mit in die „Neue Welt“, wo es ebenfalls von den Kaufleuten übernommen wurde. Deshalb sei es schließlich auf der Tastatur von Schreibmaschinen gelandet.
Nicht nur mit dem Anschlag von Tasten versuchte man die Typen auf das Papier zu bringen. Bei der Zeigerschreibmaschine Mignon von AEG aus dem Jahr 1925 muss man das Zehnfingersystem nicht beherrschen. Zwei Finger reichen, um den Zeiger auf den gewünschten Buchstaben zu lenken. Mit einem Tastendruck bringt eine Typenwalze das Zeichen auf das Papier.
Wie wertvoll sie für ihren Besitzer war, dokumentiert eine vollkommen verrostete Schreibmaschine der Marke Groma, Baujahr 1934. Sie wurde samt Holzkoffer in den Kriegsjahren vor dem Einmarsch der Russischen Armee in Mecklenburg-Vorpommern in sandigen Boden eingegraben.
Der Zufall förderte sie wieder zutage. „Ich habe sie im Internet für einen Euro ersteigert“, freut sich der Sammler, dass der Rosthaufen nicht verschrottet wurde. Wie die Maschine früher einmal aussah, zeigt das Nachbarmodell.

Den weitesten Weg hat wohl die japanische Vertreterin hinter sich. Kompliziert erscheinen nur ihre 1350 Zeichen, zu bedienen ist sie einfach.
Mit mehr als 2200 Zeichen ist die chinesische Schreibmaschine Spitzenreiter, was die Anzahl der Zeichen betrifft. Alle auf einer Tastatur untergebracht – unvorstellbar. Die geniale Lösung: Aus drei verdeckten Setzkästen sucht ein Greifer das zuvor ausgewählte Zeichen, hebt es an einer mit Farbe getränkten Filzrolle vorbei und schlägt es auf die Rolle mit Papier.
1957 zeigte IBM auf der Hannover-Messe die erste elektrische Schreibmaschine. Es folgten Kugelkopf, Typenrad, Korrekturvorrichtungen, Speicherdisketten und schließlich der Personal-Computer. Dem Aufkommen der Heimcomputer folgte der Niedergang der Schreibmaschine. Lange schon gehören Durchschlagpapier und Tipp-Ex-Streifen der Vergangenheit an. Hochkonzentriertes Arbeiten ohne Ablenkung von Facebook und Co., Sätze vorformulieren, Zeilen füllen, Absätze überlegen – passé.
Offizielle Öffnungszeiten gibt es für die Ausstellung in Königsberg nicht mehr. Wer dennoch in die Welt der virusresistenten Relikte des Büroalltags eintauchen möchte, kann mit Ralph Köberlein unter Tel. (0 95 23) 13 08 einen Termin vereinbaren. Bis zum 15. Februar führt er gerne Gruppen ab fünf Personen durch die Sammlung der schlagfertigen Typen.