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Wie Lebensringe eines Baumes

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Wie Lebensringe eines Baumes

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    Fred Schmalz aus Knetzgau ist ein Meister seines Faches. Seine
Damastmesser finden Abnehmer auf der ganzen Welt. Die zarten grauen
Damastmuster auf der glänzenden Klingen erinnern an Lebensringe eines
Baumes.
    Fred Schmalz aus Knetzgau ist ein Meister seines Faches. Seine Damastmesser finden Abnehmer auf der ganzen Welt. Die zarten grauen Damastmuster auf der glänzenden Klingen erinnern an Lebensringe eines Baumes. Foto: FOTO TORSTEN GEILING

    Schmalz, der seinen Beruf bei der Begrüßung mit eisernem Händedruck bekräftigt, hat es in seiner Werkstatt in der Maingasse 2 zur Perfektion gebracht. Dort schmiedet und restauriert der 55-Jährige seit über 20 Jahren in Einzelfertigung nicht nur Treppengeländer, Gartenzäune und Kunstgegenstände, die unter anderem am Schloss Seehof oder Oberschwappach in der Sonne glänzen. Dort entstehen aus Damaszener Stahl auch seine Messer, die inzwischen Sammler und Jäger auf der ganzen Welt begeistern.

    In Deutschland beherrschen nur etwa 20 Schmiede diese Technik, die aus Eisen in langer Handarbeit dauerhafte und kunstvoll gestaltete Klingen formt. Dazu müssen verschiedene Sorten Stahl miteinander verbunden werden, da das Material sehr unterschiedlich beschaffen sein kann.

    Ist das Eisen sehr hart, ist es für scharfe Messer eigentlich gut geeignet. "Jedoch bricht es dann leicht", sagt Schmalz, "und weiches Eisen bricht zwar nicht, lässt sich aber ohne Probleme verbiegen. Das ist auch nichts." Über Jahrhunderte haben Generationen von Schmieden an diesem Problem gefeilt, ehe sie den Verbundstahl erfanden.

    "Dazu schichtet man weiches Eisen und harten Stahl aufeinander und fixiert den Block", sagt Schmalz, während er ein solches graues Paket in seinen kräftigen Händen hält, dessen Lagen an einen Dominostein erinnern. "Mit 13 bis 15 solcher Schichten beginne ich meistens."

    Die kommen dann in das Schmiedefeuer, das mit Koks auf eine Temperatur zwischen 1150 und 1200 Grad gebracht wird. Heißer darf die Flamme nicht sein. "Denn der Grad vom Feuerschweißen bis zum Verbrennen des Stahls ist ganz schmal", sagt Fred Schmalz und blickt mit Schweißperlen auf der Stirn in den selbstgebauten Ofen, in dem sich die Stahlschichten unter der Hitze von grau nach strohgelb verfärben.

    Der geübte Schmied erkennt an diesen Glühfarben, ob sich das Metall bis in den Kern durchwärmt hat. Denn nur dann lassen sich die einzelnen Schichten miteinander verbinden. "Dafür braucht man viel Erfahrung und ein geschultes Auge", meint der gelernte Betriebsschlosser, der von Hamburg bis München in Schmiedekursen seine Kunst weitergibt.

    Er hatte sich damals diese Technik noch selbst beigebracht, nachdem er einmal einen solchen Damaszenerstahl in Händen hielt. "Davon war ich dermaßen fasziniert, dass ich sofort in meiner Werkstatt damit experimentiert habe." Literatur gab es Anfang der 80er Jahre fast keine, stattdessen stieß er in Sagen wie "Wilfried, der Schmied" oder "Siegfried" auf Hinweise, denn schon die alten Kelten und auch die Japaner kannten diese Form der Eisenveredelung.

    "Doch ohne Fachwissen macht man den Stahl nur kaputt", sagt Schmalz, während er sein "Paket" im Feuer dreht und wendet. Dabei sieht man viele kleine Brandwunden an seinen Armen. "Berufskrankheit", nickt der Schmied. Man müsse sich mit der Metallurgie beschäftigen, die chemische Zusammensetzung und den Atomaufbau seines Materiales kennen, "um eins mit dem Element zu werden".

    Schon die Stahlauswahl ist wichtig, seiner kommt aus Schweden und Deutschland. "Ein guter Koch holt sich seine Zutaten ja auch nicht aus der Biotonne", grinst er und kippt immer wieder ein weißes Pulver auf den glühenden Würfel, Borax, es soll die Oxydschichten aufweichen und verbinden.

    Als der Stahl fast weiß glüht, holt ihn Schmalz aus dem Feuer und legt das Paket auf einen riesigen schmiedeisernen Amboss. Dort steht bereits seine Tochter Veronika mit einem Vorschlaghammer. Abwechselnd mit ihr lässt Schmalz die Hämmer herabsausen und streckt dadurch das Metall in die Länge. Eine Minute haben sie dafür Zeit, dann ist der Stahl zu kalt.

    Deshalb nimmt Schmalz für die Bearbeitung eigentlich einen Lufthammer, der wie eine Nähmaschine immer im gleichen Takt auf das Metall schlägt, so dass die Funken in weiten Bogen durch die Werkstatt fliegen. Nachdem der Stahl gestreckt wurde, wird er mit dem Meisel in der Mitte geteilt und zusammengefaltet. Nach dem erneuten Verschweißen hat man nun die doppelte Anzahl an Lagen.

    "Das kann man ins Unendliche treiben", meint Schmalz. Er verarbeitet aber meistens Damaszenerstahl mit 150 bis 200 Schichten, die durch den Vorgang des Ätzens an der Klingenoberfläche sichtbar werden. Die zarten grauen Damastmuster auf der glänzenden Klingen erinnern an Lebensringe eines Baumes oder auch an Rosen - jedes Muster sieht anders aus.

    In mühevoller Kleinarbeit schmiedet, formt, schleift und fräst das Mitglied der deutschen Messermachergilde zwei Tage an seinen Klingen, an die er Griffe aus edlen Hölzern, Horn, Elfenbein oder Stein anpasst, poliert und graviert. Zu diesen feinen Handgriffen muss man wirklich Lust zu haben. "Sonst gelingt das Messer nicht", sagt der Damastschmied, kann es doch sowieso bis zum letzten Handgriff immer noch kaputt gehen. Deshalb fertigt Schmalz in manchen Jahren 30 oder 40 solcher Messer an, "manchmal aber auch gar keines".

    Jedes einzelne Stück versieht er mit einer Nummer und der Jahreszahl. Der Preis für solch ein Messer beginnt bei 500 Euro. "Nach oben gibt es keine Grenzen", sagt Schmalz, der auf Wunsch auch Sonderausfertigungen herstellt.

    Die Käufer seiner rasierklingenscharfen Messer kommen aus ganz Europa, aus Neuseeland, Japan oder auch Kanada. Dort werden sie dann meist in Vitrinen ausgestellt, auch wenn es ab und an Jäger gibt, die seine Kunstwerke täglich verwenden. Eines seiner Messer wurde 2002 auf der Solinger Messe sogar als "Messer des Jahres" ausgezeichnet. "Leider hatte ich es zu diesem Zeitpunkt bereits verkauft", meint Schmalz, der in der nächsten Woche mit 80 formschönen und wertvollen Exemplaren im Gepäck nach Dortmund zur "Jagd und Hund" fahren wird.

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    Doch aus dem gefalteten Stahl lassen sich nicht nur Waffen schmieden. "In letzter Zeit haben wir auch immer häufiger Eheringe gefertigt", in die der Goldschmied silberne oder goldene Einlagen fasst. "Damast ist eben etwas ganz besonderes", und hält ein Leben lang, zumindest darauf gibt er Garantie.

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