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Bamberg: "Wir machen aus der Karmelitenkirche ein Schiff"

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    Diplom-Ingenieur Anton Landgraf und Prior Klemens August Droste begutachten die Arbeitsfortschritte im Dachstuhl der Karmelitenkirche.
    Diplom-Ingenieur Anton Landgraf und Prior Klemens August Droste begutachten die Arbeitsfortschritte im Dachstuhl der Karmelitenkirche. Foto: Marion Krüger-Hundrup

    Diplom-Ingenieur Anton Landgraf pflegt eine poetische Sprache. Mal bewegt sich die Karmelitenkirche nach seinen Worten wie eine Pferdekutsche. Dann liegt dieses "schwerkranke Gotteshaus auf der Intensivstation". Und schließlich "machen wir aus dieser Kirche ein fahrendes Schiff". Der Tragwerksplaner aus dem Ingenieurbüro ALS in Amberg und Karmeliten-Prior Klemens August Droste haben Pressevertreter zur Baustellenbesichtigung eingeladen. Ein Zwischenbericht zur umfassenden Außen- und Innensanierung der Kirche St. Maria und St. Theodor ist erwünscht. Denn noch bevor der erste Bauabschnitt bis Ende 2025 abgeschlossen sein wird, startet der zweite Bauabschnitt noch in diesem Jahr 2024: "Alles läuft planmäßig, bisher gibt es im Zuge der Arbeiten keine unangenehmen Überraschungen", sagt Anton Landgraf.

    Schon 2008 begannen die Karmeliten als Hausherren, die Sanierung ihrer Kirche am Kaulberg zu planen und Geld für dieses Vorhaben zu sammeln. Auch nach dem Verkauf des zugehörigen Klosters und dessen Umwidmung in Wohnungen gehört das Gotteshaus dem Karmelitenorden. Pater Klemens August sagt auch für seine Mitbrüder, dass "wir allen Spendern und großzügigen Sponsoren sehr dankbar sind". Denn auch ohne unangenehme Überraschungen müssten die Karmeliten allein für den ersten Bauabschnitt Eigenmittel in Höhe von 350.000 Euro aufbringen. Auch für den zweiten Bauabschnitt seien Eigenmittel in noch nicht bezifferbarer Höhe erforderlich.

    Bundesmittel für das 6-Millionen-Euro-Projekt

    Der Prior ist jedoch froh, dass es für das voraussichtlich knapp 6 Millionen-Euro-Projekt sogar Bundesmittel gibt, nämlich erst einmal allein für die Außensanierung zur Sicherung der statischen Stabilität. Die Bayerische Landesstiftung, die Erzdiözese Bamberg und die Oberfrankenstiftung gewähren großzügige Zuschüsse. Die Genannten beteiligen sich dann auch an der Finanzierung der Innensanierung, zu der unter anderem die Reinigung der Raumschale sowie die Erneuerung von Elektrik und Heizung gehören. Mit der Maßnahme im Inneren der Kirche ist das Architekturbüro Jungkunst & Zang aus Bamberg beauftragt. Prior Klemens August betont nachdrücklich, dass trotz der Maßnahmen innen die Kirche für Gottesdienste und Gebet geöffnet bleibt, notfalls würden werktags Messfeiern im ehemaligen Klosterladen gehalten.

    Seit Mai 2023 geht es mit den Sanierungsarbeiten sichtbar voran: Die eingehauste Kirche ist als Großbaustelle unübersehbar. Endlich! Denn "die Sanierung war höchste Eisenbahn", betont Anton Landgraf und führt drei Arten von Schäden an: ursächliche wie die "rutschungsempfindliche Unterlage am Kaulberg", unsachgemäße Umbauten und Eingriffe sowie eingedrungene Feuchtigkeit.

    Risse in den Außenwänden weitgehend verfugt

    Die schadhafte Dachkonstruktion habe unkompensierte Schubkräfte entwickelt, zudem bewege sich eben der Baugrund, erklärt Diplom-Ingenieur Landgraf. Durch die direkt angrenzende Straße wurden hieraus entstehende Erschütterungen, besonders durch den Schwerlastverkehr, über die Fundamente in das Mauerwerk übertragen. Somit verstärkten sie die Rissbildungen in den Außenwänden, in den Seitenschiffen und im Gewölbe, die die Dachschubkräfte verursacht haben: "Ein typisches Schadensbild für historische Bauwerke", erklärt Landgraf. Zumal Leonhard Dientzenhofer um 1700 die Kirche zwar "revolutionär umgebaut hat", jedoch einfach nur "auf die Gotik den Barock stülpte, ein gewaltiger Baufehler, denn das Gewölbe hatte nie eine tragende Funktion und bewegte sich wie ein Segel im Wind", so Landgraf.

    Inzwischen sind die Risse in den Außenwänden weitgehend verfugt, die Fassade durch Steinmetze von der Patina befreit und vor allem das Dach über dem Chor und Langhaus saniert. Anton Landgraf ist voll des Lobes für die "vorbildlichen Zimmerleute Wolfgang Hösel und Tom Punzmann", die "wie Legoteile" verfaultes Holz im Dachstuhl durch frisches ersetzt haben. Nach dem provisorischen Schutzdach soll nun neu mit Biberschwanz-Schindeln in Naturrot eingedeckt werden. Wichtige Aufgabe bleibt noch die Stabilisierung des Fundaments. Dafür wird ein Fassring um die Kirche gelegt, Anton Landgraf: "Wir können die Kirche so zusammenhalten, damit es wie ein Schiff fährt, denn wir können den Kaulberg nicht stoppen."

    Letzte Außenrenovierung erfolgte 1972

    Die Karmelitenkirche, deren Geschichte bis ins Jahr 1030 zurück reicht, gehört zu den bedeutsamen Baukunstwerken in der Stadt Bamberg. Bei dem sogenannten Löwentor handelt es sich beispielsweise um das älteste romanische Portal Bambergs. In gotischem Stil sind die unteren Teile der beiden Seitenmauern mit vermauerten Fenstern zur Straßenseite und die zwei unteren Stockwerke der Türme. Der Chor bildet den hohen Mittelteil des Bauwerks und ist ebenso wie die Westfassade eines der wichtigsten Zeugnisse romanischer und gotischer Baukunst in der Stadt. Um 1700 barockisierte Leonhard Dientzenhofer die Klosterkirche. Dabei wurde die alte Kirche teilweise abgebrochen und zu einem großen Barockbau umgestaltet. Grundlegend war dabei die Drehung der liturgischen Ausrichtung des Gotteshauses um 180 Grad. Das Hauptportal wurde an die Ostseite verlegt, ab 1737 der Westflügel neu gebaut.

    Die letzte Außenrenovierung erfolgte 1972, die Innenrenovierung mit Neugestaltung des Chor- und Altarbereichs 1982. Der nunmehrige Sanierungsbeginn fiel in das 750. Jubiläumsjahr der Karmeliten: Im Jahr 1273 gründeten sie in Bamberg das Kloster "in der Au". 1589 zogen sie in das von den Zisterzienserinnen verlassene Kloster St. Theodor am Kaulberg, das sie nach der Säkularisierung 1802 im Oktober 1902 wieder besiedelten.

    Die Karmelitenkirche als markante Baustelle.
    Die Karmelitenkirche als markante Baustelle. Foto: Marion Krüger-Hundrup
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