Ein schrilles Piepen ertönt, als der Fahrlehrer während der Prüfung auf die Bremse tritt, weil der Fahrschüler beim Abbiegen einem Sprinter die Vorfahrt genommen hat. Das Eingreifen des Fahrlehrers in die Prüfung hat ein sofortiges Ende der Prüfung zufolge. Ein Fehler, der den Prüfling teuer zu stehen kommt. Der Prüfungsversuch hat keine zehn Minuten gedauert und 400 Euro gekostet.
Szenarien wie diese sind ärgerlich für die Fahrschülerinnen und Fahrschüler, aber kein Einzelfall – im Gegenteil. Die Durchfallquoten für den Führerschein in Bayern sind sehr hoch. Laut Bericht des Kraftfahrtbundesamts sind im vergangenen Jahr mehr als 205.000 Prüflinge bei ihrem Erstversuch durch die Theorie und mehr als 220.000 durch die Praxisprüfung gefallen. Statistisch gesehen fällt knapp jeder Zweite durch die Theorie und 43,5 Prozent der Prüflinge durch die Praxisprüfung, doch woran liegt das?
Wieso rasseln so viele durch die Prüfungen?
Für viele habe der Führerschein nicht mehr so einen Stellenwert, sagt Fahrlehrer und stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Fahrlehrerverbands Marco Büttner auf die Anfrage der Redaktion hin. Ihm gehört die Fahrschule "Driving's Cool" mit Standorten in Burgpreppach, Hofheim und Maroldsweisach, zudem bildet er selbst Schülerinnen und Schüler aus. "Das Mamataxi funktioniert für viele sehr gut, da fehlt dann oft einfach die Motivation, dranzubleiben und sich dahinterzuklemmen", sagt Büttner.

Autofahren habe früher bei jungen Menschen schlichtweg einen höheren Stellenwert gehabt, bestätigt auch Harald Pascher. Er ist der Regionalvorsitzende des Landesverbands Bayerischer Fahrlehrer für Schweinfurt, Haßfurt, Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen und besitzt eine Fahrschule in Ebern. "Wir waren früher viel mehr mit dem Rad unterwegs und haben schon von klein auf am Verkehr teilgenommen, das ist heute anders und macht sich stark bemerkbar", so Pascher.
Doch auch die Rahmenbedingungen seien schwieriger geworden, bestätigen beide Fahrlehrer. Es gebe mehr Theoriefragen und durch die Lehrvideos, die auch Teil der theoretischen Prüfung sind, müssten die Fahrschülerinnen und Fahrschüler den Stoff verstehen und könnten nicht mehr nur auswendig lernen, so Büttner. Auch die Praxis werde durch die modernen Fahrassistenzsysteme wie den Abstandsregeltempomat komplizierter, da es immer mehr Systeme zu bedienen gebe.

Seit 2014 sind Videos, welche Verkehrssituationen abbilden, Teil der Prüfungen. Die Aufgabenstellungen der Theorieprüfung seien nicht nur komplexer geworden, sondern die Anzahl der Fragen habe sich in den vergangenen Jahren ebenfalls beträchtlich erhöht, sagt Büttner.
Über 1200 Fragen müssen die Prüflinge heute lernen – das sind 400 Fragen mehr als noch vor zehn Jahren. Die Prüfungsfragen und Videos befinden sich in Lernapps auf dem Handy, Tablet oder am Computer. Auch die theoretische Prüfung findet an einem Tablet statt, auf dem die Videos angeschaut und die Antworten angeklickt werden müssen.
Zudem gebe es mehr Verkehr auf den Straßen und er habe das Gefühl, die Menschen würden egoistischer fahren, so Büttner. "Der gemeine Autofahrer fährt einfach drauflos, ohne auf andere zu achten. In Prüfungen entstehen dadurch schwierige Situationen, die schnell eine Prüfung beenden können."
Was kostet der Führerschein?
Die Kosten für die Fahrerlaubnis haben sich im Vergleich zu bis vor einigen Jahren zum Teil mehr als verdoppelt. Bis zu 4000 Euro muss man in Bayern derzeit für eine Fahrerlaubnis bezahlen. Inbegriffen sind die Anmeldekosten bei der Fahrschule, das Lernmaterial für die Theorie und die Prüfungsgebühren. 53 Euro koste derzeit eine einfache Fahrstunde von 45 Minuten in Büttners Fahrschule, Sonderfahrten würden 63 Euro kosten, so der Fahrlehrer.
2017 zahlte man durchschnittlich noch knapp 2000 Euro, sagt Büttner. "Preislich gibt es jedoch keine Grenze nach oben", erklärt der Fahrlehrer. In seiner Fahrschule bräuchten die Schülerinnen und Schüler durchschnittlich 35 Übungsstunden, bis sie ihre Fahrprüfung bestünden, doch er habe auch Ausnahmefälle, die an die 80 Fahrstunden benötigen würden, sagt Büttner.

"Solche Ausnahmen sind auch für uns nicht lustig, weil man irgendwann auch an die eigenen Grenzen kommt und sich fragt, wie man der Person noch helfen kann." Bei ihm koste die Fahrerlaubnis durchschnittlich 3100 Euro, ergänzt Büttner. Pascher sieht die Zahlen als etwas zu optimistisch an und erklärt, seinen Erfahrungen nach bräuchten die meisten Schülerinnen und Schüler heute eher 40 bis 45 Stunden. "Vor 20 Jahren brauchte ein Schüler im Schnitt um die 25 Stunden, doch die Zeiten sind lange vorbei", erinnert er sich.
Womit sind die immensen Kosten zu rechtfertigen?
"Kurz gesagt: Alles ist teurer geworden. Von dem Kauf der Autos, über die Wartung bis hin zum Benzin. Auch das Personal muss aufgrund der schlechten Arbeitszeiten gut bezahlt werden", sagt Büttner. Vielerorts gebe es zudem akuten Personalmangel, da viele so einen zeitintensiven Beruf nicht mehr machen wollen, erklärt der Fahrschullehrer. Besonders würden junge Menschen in dem Beruf fehlen, sagt er. Da seine Fahrschule die Lehrerinnen und Lehrer selbst ausbilde, sei er einer der Wenigen, die nicht mit Personalmangel zu kämpfen hätten, sagt Büttner.

"Die Kosten für die Fahrstunden sind absolut gerechtfertigt. Ein Handwerker verlangt einen wesentlich höheren Stundensatz als eine Fahrschule, dazu kommt, dass wir noch ein vollgetanktes Auto zur Verfügung stellen", sagt Pascher. Er ist der Meinung, die hohe Anzahl an Übungsstunden und das Durchfallen durch die Prüfungen seien die Hauptfaktoren, die den Führerschein bei den Meisten so teuer machten.
Werden die Kosten zum Gesellschaftsproblem?
Marco Büttner hält die gestiegenen Kosten für ein Problem. "Gerade im ländlichen Bereich ist man ohne Führerschein komplett aufgeschmissen, viele brauchen den Führerschein auch für die Arbeit oder die Ausbildung. Wenn dann von Haus aus die finanziellen Mittel fehlen, wird es richtig problematisch." Er ist der Meinung, es müssten Lösungsansätze auf politischer Ebene gefunden werden, sei sich jedoch im Klaren, dass die Lobby für Fahrschulen derzeit relativ klein sei.
"Nichtsdestotrotz ist der größte Sparfaktor der Schüler selbst, in dem er motiviert und lernbereit an die Sache rangeht", sagt Büttner abschließend. Dieser Meinung ist auch Pascher. "Mit Ehrgeiz und Initiative seitens der Schüler kann auch heute noch ein Führerschein unter 3000 kosten. Die meisten haben es selbst in der Hand."