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Markt Einersheim: 100 Tage MdL Klingen: Zwischen Einladungen und Absagen

Markt Einersheim

100 Tage MdL Klingen: Zwischen Einladungen und Absagen

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    Christian Klingen konnte ich München noch nicht so durchstarten, wie ihm das eigentlich vorschwebte.
    Christian Klingen konnte ich München noch nicht so durchstarten, wie ihm das eigentlich vorschwebte. Foto: Christian Klingen

    Holpriger Start für die AfD im Landtag und für Christian Klingen. Auch 100 Tage nach der konstituierenden Sitzung haben längst nicht alle AfD-Abgeordneten ihre Büros in München beziehen können. Noch immer lässt die Landtagsverwaltung sie renovieren. Christian Klingen ärgert sich, dass "immer noch nichts vorangeht". In seinem Stimmkreis hingegen ist der erste AfD-Abgeordnete selbst dafür verantwortlich, dass sein Bürgerbüro in Kitzingen, Marktstraße 15, noch leer ist. Erreichbar ist der Volksvertreter derzeit nur über Handy oder E-Mail. Das soll sich ändern. Auch auf seine Jungfernrede im Landtag muss Klingen noch warten. Tier- und Umweltschutz sind dort seine Themen.

    Immerhin arbeitet er außerparlamentarisch daran: Klingen unterstützt das Volksbegehren "Rettet die Bienen", will sich aber zugleich um einen Ausgleich für die Landwirtschaft bemühen, die von den Folgen eines verbesserten Insektenschutzes betroffen wäre. Und obwohl das Volksbegehren die Landwirte gesetzlich in die Pflicht nehmen will, setzt Klingen auf Freiwilligkeit - ein Widerspruch in sich. "Dann muss man den Landwirten eben Ausgleichsflächen geben", lautet seine Schlussfolgerung. 

    Christian Klingen erhält Einladungen und Absagen

    Seine Motivation für das Volksbegehren: Die AfD stehe für direkte Demokratie. Er würde der Bevölkerung gern noch mehr Fragen zur Abstimmung  vorlegen. Zur jüngsten Podiumsdiskussion über das Volksbegehren in Kitzingen war Klingen, anders als seine Parlamentskollegin Barbara Becker von der CSU, nicht eingeladen. Die AfD hatte dort keine Stimme. 

    Christian Klingen auf seinem Platz im Plenarsaal.
    Christian Klingen auf seinem Platz im Plenarsaal. Foto: Christian Klingen

    Klingen hat bisher unterschiedliche Erfahrungen gemacht: "Beim Diözesanempfang des Bischofs bin ich wieder ausgeladen worden, nachdem ich mich angemeldet hatte." Seine Frau, AfD-Bezirksrätin Andrea Klingen, hat die gleiche Absage bekommen. Es gebe viel Andrang; man setze sie auf die Warteliste, habe das Bistum dem Ehepaar beschieden. Andere Institutionen, wie die IHK, laden ihn ein. Klingen repräsentiert innerhalb der AfD nicht nur seinen Stimmkreis Kitzingen, sondern auch die Regionen Aschaffenburg und Würzburg, während sein Kollege Richard Graupner aus Schweinfurt zusätzlich die Rhön, Main-Spessart und die Hassberge betreut.

    Themen im Stimmkreis: Straßenbegleitgrün und Vogelschutz

    Welche Themen aus seinem Stimmkreis hat sich Klingen vorgenommen? Nach längerem Nachdenken schlägt er vor, das sogenannte Straßenbegleitgrün nicht immer ratzekahl abzumähen. Besser sei es, die Grünstreifen, die Nahrung für Insekten böten, ausblühen und etwa fünf Zentimeter hoch stehen zu lassen. Auch würde Klingen gern ein Förderprogramm für Nisthilfen im Landkreis auflegen. Andere Themen im Stimmkreis hat er noch nicht auf der Tagesordnung. Auch Bürgeranfragen an ihn gebe es noch relativ wenig. Was ihn erreicht, leite er an die zuständigen Stellen weiter. Doch Klingen will mit der Basis ins Gespräch kommen, hat deshalb neulich in Ebrach einen Bürgerdialog veranstaltet. Gut 20 Besucher hätten dort zwei Stunden lang Fragen an ihn gestellt. Größtes Ärgernis aus Sicht der Besucher: das Dieselfahrverbot – ein bundespolitisches Thema.

    "Wir kommen miteinander klar."

    Christian Klingen über seine Stimmkreis-Kollegin Barbara Becker

    Sein Verhältnis zu den anderen Parteien im Landtag empfindet Klingen als entspannt und problemlos: Er könne inhaltlich durchaus mit ihnen zusammenarbeiten. "Wir stimmen für die Sache ab. Das ergibt wechselndes Abstimmverhalten im Landtag", beschreibt er die AfD-Haltung. Über seine Stimmkreis-Kollegin Barbara Becker sagt er: "Wir kommen miteinander klar." 

    Klingens Kreisverband ist der größte in Unterfranken

    In Unterfranken hat Klingen den Bezirksvorsitz der AfD an Richard Graupner aufgegeben. Die Partei lässt nur ein Führungsamt zu. Klingen entschied sich für den Kreisvorsitz Kitzingen-Schweinfurt. "Ich will lieber an der Basis bleiben", sagt er. Immerhin sei der Kreisverband mit über 100 Mitgliedern, etwa zur Hälfte aus den Landkreisen Kitzingen und Schweinfurt, der größte in Unterfranken. Insgesamt habe die AfD dort gut 400 Mitglieder, bilanziert Klingen.

    Christian Klingen in München vor dem bayerischen Löwen.
    Christian Klingen in München vor dem bayerischen Löwen. Foto: Christian Klingen

    Doch die sind sich nicht immer grün: Fast hätte Klingen kürzlich als Zeuge in einem Gerichtsstreit zweier AfD-Anhänger in Schweinfurt aussagen müssen. Doch als Abgeordneter genießt er Immunität. Der Hintergrund: Ein inzwischen ausgeschlossenes AfD-Mitglied hatte ein anderes mit Vergleichen aus der Nazi-Zeit beleidigt. Klingen kann entsprechende Aussagen in einer WhatsApp-Gruppe bestätigen. Er selbst habe dann dafür gesorgt, dass der ehemalige AfDler vom Landes-Schiedsgericht seiner Partei ausgeschlossen wurde. Weder im Kreisverband des Betroffenen noch im Bezirksvorstand habe Klingen dafür eine Mehrheit bekommen, berichtet er.  Erst auf der Landesebene.

    Klingen stellt dazu klar: "Da ging es um Schwachsinn wie ,Gaskammer'. Ich dulde so einen Scheiß vom Dritten Reich nicht. Dann sollen sie sich mit normalen Schimpfwörtern beschimpfen, aber nicht immer auf die Nazi-Zeit eingehen. Solche Leute müssen raus", fordert er.

    Bei Knoblochs Holocaust-Gedenkrede "blau gemacht"

    Bei der Holocaust-Gedenktag-Rede von Charlotte Knobloch hat Klingen "blau gemacht", wie er sagt. Er habe eine wichtige Rede vorbereiten müssen. Hätte er andernfalls, wie die meisten seiner Fraktionskollegen, den Plenarsaal während der Knobloch-Rede verlassen? "Da wäre ich wahrscheinlich mit rausgegangen, aber nach der Rede wieder gekommen", gibt der AfD-Abgeordnete zu. "Man darf ja nicht darauf erwidern, und das ärgert einen dann schon." Klingen findet, bei einer Gedenkveranstaltung solle man das Politische draußen lassen und schon gar nicht auf die Fraktionen eingehen. Inhaltlich versteht er die Vorwürfe, ewig Gestrige zu sein, sowieso nicht: "Wir haben die Gruppe Juden in der AfD. Ich habe selbst zwei jüdische AfD-Mitglieder aus Schweinfurt."

    Was hält er davon, dass der Verfassungsschutz den "Flügel" und die Junge Alternative in der AfD nun beobachtet? "Dass man den Flügel überwacht, finde ich nicht gerechtfertigt", sagt Klingen. Besser wäre es aus seiner Sicht, "die Leute zu überwachen, die etwas Entsprechendes gesagt haben. Sonst könnte man auch fragen, wer mit Linksextremisten zusammenarbeitet."

    Klingen hat Resolution des "Flügels" unterzeichnet

    Klingen selbst hat die sogenannte Erfurter Resolution unterzeichnet. Initiiert von den ostdeutschen AfD-Führungsleuten Björn Höcke und André Poggenburg gilt sie als erster Schritt des "Flügels", einer Sammlungsbewegung rechter Kräfte innerhalb der AfD. "Da steht nichts Böses drin, nur dass wir unser Parteiprogramm durchziehen wollen", verteidigt Klingen die Resolution. Darin warnt der Flügel vor dem "Verrat an den Interessen unseres Landes". Klingen kann darin keine "rechtsextremen Sachen" rauslesen. 

    Aber wie steht der AfD-Mann zu Aussagen von rechten bis rechtsextremen Parteikollegen, die immer wieder durch Entgleisungen, Hasstiraden und Nazi-Vergleiche auffallen? "Ich finde es bescheuert, dass man auf das Dritte Reich eingeht. Das war sicherlich eine schlimme Zeit. Vergleiche sind dämlich, denn die verwässern das. Damit wird es langsam gesellschaftsfähig und wird nicht mehr ernst genommen. Gedenken ist in Ordnung, aber Vergleiche sind unangebracht", fasst Klingen zusammen.

    Wie beurteilt Klingen dann Björn Höckes Ausspruch vom "Denkmal der Schande" im Zusammenhang mit dem Berliner Holocaust-Denkmal? "Da muss er sich selbst rechtfertigen", sagt Klingen. "War vielleicht ein wenig ungeschickt. Man kann es so oder so auffassen." Klingens Interpretation: "Es ist eine Schande für unser Volk, dass wir so etwas (wie den Holocaust, Anmerk. d. Red.) gemacht haben." Dennoch glaubt er, behaupten zu dürfen: In Thüringen "müssen die das selbst wissen. In Bayern haben wir das weniger."

    Lesen Sie dazu unseren Kommentar.

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