„Gebt den Gemeinden und Landkreisen genügend Geld, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können.“ Das ist eine zentrale Forderung des Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, Hubert Aiwanger, am Freitagabend beim Tag des Bieres in der Brauerei Düll in Gnodstadt. Mehr Geld nach unten, weniger Bürokratie, Stärkung des ländlichen Raums und überhaupt: Mehr auf die Basis hören. Damit will Aiwanger im anstehenden Landtagswahlkampf punkten – und wenn möglich ab Herbst mitregieren.
Wenig leere Plätze
Schon zum dritten Mal steht der 47-jährige Niederbayer auf der Bühne in der Halle in Gnodstadt – das dürfte Rekord sein. Warum er ein so gerne gesehener Gast im Marktbreiter Stadtteil ist, ist einfach zu beantworten: Er kann Bierzelt. Und das ist in Gnodstadt ganz wichtig, denn da sind schon viele prominente Politiker gescheitert, konnten die Besucher nicht fesseln, ihre Ideen nicht anbringen. Das bestätigt auch Braumeister Sebastian Rank: „Aiwanger ist halt ein Bierzelt-Redner.“ Und er füllt den Saal am Freitagabend. Nicht ganz, aber die leeren Plätze sind überschaubar.
„Ich bin froh und dankbar hier wieder eingeladen zu sein, um die großen und kleinen Themen zu besprechen“, beginnt er mit wohlkalkulierter Bescheidenheit, um nach wenigen Sätzen am Kern zu sein: In Bayern, wo er hofft künftig die „Weichen stellen zu können“. Die Voraussetzung dafür ist ganz klar: Die Themen kennen, die die Menschen bewegen. Und die kennen die Freien Wähler in Bayern, meint deren Landesvorsitzender, „denn sie haben einen guten Kontakt nach unten“.
Nächste Baustelle: Wassernetze
Abschaffung der Studiengebühren, das neunjährige Gymnasium oder ganz aktuell die Straßenausbaubeiträge: Schon aus der Opposition heraus hätten sie einiges bewegt: „Was könnten wir alles leisten, wenn wir an der Regierung sind!“ Doch um dorthin zu gelangen, gilt es Wähler zu gewinnen und dazu sprudeln die Themen nur so aus Aiwanger heraus.
Die nächste Baustelle, die er sieht, sind die in vielen Kommunen maroden Wasser- und Abwassernetze, für die es wieder Fördergelder geben müsse. Woher das Geld? Etwa aus dem von Ministerpräsident Markus Söder geplanten bayerischen Raumfahrtprogramm, für das mehrere 100 Millionen Euro eingeplant sind. „Wir brauchen keinen Bayern im Weltall“, sagte Aiwanger unter viel Beifall, „ich muss doch nicht als Bayer mit Nordkorea, Trump und Putin im Weltall rumfliegen.“ Populismus kann auch schön sein.
Weniger Einfluss von oben
Die Versicherungen für Hebammen übernehmen, die Krankenhausfinanzierungen wieder hochfahren um Schließungen zu verhindern, vorausschauend jetzt Lehrer ausbilden, um auf die steigenden Geburtenraten zu reagieren, schnelles Internet fördern, Asylverfahren beschleunigen, die vorhandene Polizei stärken, die Landwirtschaft und den Mittelstand unterstützen, keine eigene Wohnbaugesellschaft gründen, sondern die kommunalen Gesellschaften stützen, das Vereinswesen und das Ehrenamt entbürokratisieren – es ist ein weites Feld das Aiwanger beackert. Insgesamt will er weniger Einfluss von oben: „Staat, kümmere Dich um die großen Aufgaben, aber lass die kleinen Vereine ihre Feste in Ruhe feiern.“
Eine gute Dreiviertelstunde redet Aiwanger nahezu ohne Punkt und Komma, ohne Manuskript und Stichwortzettel, völlig frei. Dabei schafft er es, jeden Gedanken abzuschließen, setzt am Ende die Pointe, die den Beifall bringt und die Zuhörer zum Kopfnicken bewegt. Er kann's halt, das Bierzelt, auch wenn's in Gnodstadt eine Halle ist.