Es ist eine Institution in Schwarzach am Main: das Café Haun. Für den Traditionsbetrieb beginnt nun ein neues Kapitel: das Antonia-Werr-Zentrum hat ihn übernommen.
„Aus einer verrückten Idee ist Realität geworden“, sagt Anja Sauerer mit einem Lächeln auf den Lippen. Die Geschäftsführerin des Antonia-Werr-Zentrums steht im neu eröffneten Café Luise in Schwarzach. Um sie herum reihen sich alte, mit weichem, roten Stoff bezogene Stühle um kleine Tische. Eine historische Nähmaschine steht als Deko neben der Eingangstür, in der Ecke tickt eine in die Jahre gekommene, aber immer noch hübsche Uhr.
Es ist die Einweihung des neu eröffneten Cafés, das im Ort früher als Café Haun bekannt war. Nun hat es das Antonia-Werr-Zentrum übernommen, in dem traumatisierte Mädchen zwischen elf und 21 Jahren in Wohngruppen zusammenleben. Diese sollen im neuen Betrieb ausgebildet werden, zur Hauswirtschafterin oder Dienstleistungshelferin Hauswirtschaft. „So wollen wir ihnen eine selbstbestimmte Zukunft ermöglichen“, erklärt Sauerer.
Funke übergesprungen
Auf die Idee, das Café in die Ausbildung ihrer Schützlinge einzubinden, sei sie durch eine Mitarbeiterin gekommen, die aus Schwarzach stammt. „Sie hat mich gefragt, ob wir das nicht machen wollen“, erzählt Sauerer. „Und der Funke ist übergesprungen.“ Seitdem hat sich im Café vieles verändert, drei Monate lang wurde umgebaut und renoviert.
Da nur wenig Geld zur Verfügung stand, machte sich das Team des Antonia-Werr-Zentrums, dessen Gesellschafter die Oberzeller Franziskanerinnen sind, auf die Suche nach günstigen Möbeln. „Da waren wir im Kloster in den Katakomben und auf dem Dachboden unterwegs“, berichtet Sauerer. Und die Suche hat sich gelohnt: Die alten Stücke passen perfekt in den neu renovierten Gastraum und geben ihm einen ganz besonderen Charme.
Sehr viel verändert hat sich auch für die ehemaligen Betreiber des Cafés. „Wir sind aber sehr glücklich, dass es auf diese Art und Weise weitergeht“, sagt Gottfried Haun, der sich mit seiner Frau Christa lange Jahre um den Betrieb gekümmert hat. Und ganz ohne ihn geht es auch jetzt nicht: Als Konditor wird er für das Café weiterhin die Torte „Charlotte“ backen. „Nur, dass jetzt eben Frau Sauerer und nicht mehr meine Frau die Chefin ist“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln.
Besondere Spezialität
Gottfried Haun wurde für seine besondere Spezialität bereits mehrfach ausgezeichnet – zum Beispiel von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG). Bei der Prämierung der Gesellschaft im Jahr 2000 war das Schwarzacher Café im Bereich Torte sogar das höchstprämierte in ganz Bayern. Hauns Kalorienbomben gibt es in den verschiedensten Variationen: mit Vanille-Sahne- oder Haselnuss-Karamell-Sahne-Füllung. Aber auch mit Schokoladen- oder Zitronengeschmack hat der Konditor sie schon zubereitet.
Über die Wiedereröffnung des Cafés freut sich auch Landrätin Tamara Bischof, die nach Schwarzach gekommen war. „Es ist ein Traditionscafé, das jeder kennt“, sagt sie. „Und es ist super, dass es jetzt wiederbelebt ist.“ Und auch die neuen Nachbarn, die Benediktiner-Mönche aus dem nebenan gelegenen Kloster, sind begeistert. „Wir freuen uns riesig“, sagt Abt Michael Reepen.
Das Antonia-Werr-Zentrum Das Antonia-Werr-Zentrum ist eine therapeutisch-heilpädagogische Einrichtung in Kolitzheim (Landkreis Schweinfurt). In verschiedenen Wohngruppen werden dort Mädchen und junge Frauen zwischen elf und 21 Jahren betreut. Sie alle stammen aus schwierigen Lebenssituationen, viele von ihnen haben Gewalt erlebt.