Seit längerer Zeit fällt die Mittagspause für die Mainbernheimer Apothekerin Dr. Angela Klein oft kürzer oder im Einzelfall gar ganz aus. Denn sie bietet täglich in der Mittagspause und nach dem Türschluss ihrer Apotheke für viele Menschen Corona-Tests an. Je nach Jahreszeit sind es zwischen 1000 und 2000 Tests im Monat, die Höchstzahl lag in Zeiten der 2G-Plus-Regel gar bei 2500 in einem Monat. "Die Menschen brauchen uns und wir bemühen uns, ihre Bedürfnisse zu befriedigen", sagt Angela Klein.
Dieser Satz dürfte ihren Kolleginnen und Kollegen im Landkreis Kitzingen aus der Seele sprechen – gerade angesichts der Corona-Pandemie. Zeit für einen stellvertretenden Besuch in Mainbernheim.

Die gebürtige Sommeracherin nennt drei Hauptgründe dafür, dass sie das enorme Arbeitspensum auf sich nimmt: Erstens der moralische Ethos einer Apothekerin, zweitens die Bedürfnisse der Kunden und drittens bietet sich für die 43-Jährige, die die Mainbernheimer Stadtapotheke erst im Vorjahr gekauft hat, auch die Möglichkeit eines finanziellen Zubrots zum Tagesgeschäft.
Menschen strömten scharenweise in die Apotheken
Als vor knapp zwei Jahren die erste Corona-Welle über das Land schwappte, spürte die promovierte Pharmazeutin mit ihrem Team die ersten Auswirkungen: Die Menschen strömten mit Ängsten und Fragen scharenweise in die Apotheken. Gleichzeitig stand das Telefon nicht mehr still. "Angst ist kein guter Ratgeber", weiß Angela Klein nur zu gut – und entsprechend tat sie mit ihren Kolleginnen gut daran, den Leuten die übertriebenen Ängste zu nehmen und geduldig die Fragen zu beantworten.

Eine weitere Auswirkung der aufkommenden Corona-Pandemie war, dass viele Kunden in die Apotheke kamen und vorsichtshalber Medikamente bunkerten. Das passierte gleichzeitig mit Problemen in der Lieferkette, weswegen es vermehrt zu Lieferschwierigkeiten für bestimmte Medikamentengruppen kam.
Drei zusätzliche Mitarbeiterinnen eingestellt
Im April 2021 startete Angela Klein in ihrem Haus das Corona-Testen. Sie verfuhr nach der Maßgabe: "Als Apothekerin bin ich für alle Menschen da, da werden keine Leute herausgepickt." Deswegen nahm der Arbeitsumfang stetig zu. Im September stellte sie drei zusätzliche Mitarbeiterinnen ein, um das Pensum bewältigen zu können.
Sie erlebte dramatische Szenen: Leute baten inständig um einen raschen Testtermin, obwohl das eigentlich nicht machbar war. So etwa nach Anrufen aus dem Krankenhaus, bei denen mitgeteilt wurde, dass Angehörige im Sterben liegen. Doch gab es im Krankenhaus nur Zutritt mit aktuellem Negativ-Test, der damals in der Klinik aber nicht angeboten wurden.
Mahnung: Menschlichkeit einkehren lassen
In solchen Fällen halfen die Apothekerin und ihre Team auch mal spontan außerhalb der Testzeiten aus . "Da sollten Verantwortliche in Kliniken mal darüber nachdenken, auch mal Menschlichkeit einkehren zu lassen", mahnt Klein.

"Egal wie: Ohne dass mein Team Überstunden schiebt, wäre alles nicht machbar", sagt die Pharmazeutin. Und fügt hinzu: "Wir verspüren eine große Dankbarkeit seitens unserer Kunden, das tut gut und beflügelt uns auch."
Apotheken wichtiger Teil der Teststrategie
Bernward Unger, Sprecher der Apotheker im Landkreis, sagt dazu: "Wir Apotheker haben im Bereich Testen viel geleistet." Die Apotheken bildeten einen niederschwelligen Anlaufpunkt und seien flächendeckend für die Menschen da. Freilich werden die Apotheker dabei immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt.

An einem Beispiel wird deutlich, dass Angela Klein auch wirtschaftlich denken muss, wobei sie versichert, "dass wir Apotheker uns keine goldene Nase verdienen". Tatsächlich erhielten Apotheker bis Januar 2021 noch 21 Euro für einen Corona-Test, seitdem sind es inklusive aller Personal- und Materialkosten nur noch 12,50 Euro. Darum gehe es nur über die Masse, wenn das Testen kein Drauflege-Geschäft werden soll.
Kritik an Hauruck-Entscheidungen der Politik
Eine Bitte haben Angela Klein und Bernward Unger nicht erst seit heute: "Die Menschen und vor allem die Politiker sollten sich bewusst machen, was wir niedergelassene Apotheker für unsere Gesellschaft leisten", gibt die 43-Jährige mit ernster Miene zu verstehen. Da sei es höchste Zeit, die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass die Versorgungsleistungen für die Bevölkerung auch von der Regierung honoriert werden.
Zudem wendet sie sich gegen viele "Hauruck-Entscheidungen der Politik" mit oftmals "Unlogik in Details". Vielmehr gelte es, Vorschriften durchdacht und alltagstauglich zu treffen und diese den Menschen auch plausibel zu erklären.
Naturheilkunde als Thema der Beratung
Die Mainbernheimerin hebt die große Beratungsleistung ihres Teams hervor. Das gelte für Kunden, die Schulmedizin bevorzugen, ebenso wie für Menschen, die mehr auf Naturheilkunde setzen. Ob homöopathische oder pflanzliche Mittel, Vitamine oder Mineralstoffe: Vieles sei geeignet, um das Immunsystem der Menschen zu stärken.

"Schauen sie, wir leben und ernähren uns gesund und in unserem Team ist noch niemand mit Covid 19 infiziert gewesen, obwohl wir tagtäglich mit sehr vielen Menschen und auch Infizierten zu tun haben", schildert Angela Klein die Lage.
Keine Impfungen in der Apotheke
Jetzt sollen die Apotheker nach Willen der Regierung auch noch Corona-Impfungen übernehmen. Das schließt Angela Klein für sich aber aus, da es unter anderem von den Räumlichkeiten her nicht möglich sei. "Wir haben zwei Arztpraxen in der Stadt, die diese Aufgabe bereits bestens übernehmen", lobt sie.
In das gleiche Horn stößt auch Bernward Unger, der sogar im gleichen Haus Ärzte hat. Ungeachtet dessen will der Dettelbacher dennoch eine Impfschulung absolvieren. Das aber eher aus dem Grund, um künftig bei möglichen Influenza-Wellen aushelfen zu können.
Neue Herausforderung: Gefälschte Impfausweise
Neuerdings sind die Apotheken mit den nächsten Problemen konfrontiert: dem digitalen Impfausweis und dem digitalen Genesenen-Zertifikat. Falsche Dokumente seien nur schwer bis gar nicht zu erkennen und aus Datenschutzgründen seien Nachforschungen schwierig. "Da legen dir Leute irgendeine E-Mail ohne Zertifikat vor und wir sollen das dann legitimieren", schildert Mitarbeiterin Sonja Kuhstrebe den bisweilen beschwerlichen Alltag. Jedes Dokument ausführlich auf Echtheit zu überprüfen, dafür fehle im Apothekenalltag die Zeit.