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"Arbeit eines gründlichen Herzens"

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"Arbeit eines gründlichen Herzens"

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    Er hat die halbe Welt bereist, in Archiven geforscht, Bücher und Dokumente ausgewertet, unzählige Gespräche geführt und Materialien zusammen getragen. Und wenn nur ein Name entschlüsselt, eine Person zugeordnet oder ein Kontakt wiederhergestellt werden kann, dann befällt Dr. Elmar Schwinger ein großes Glücksgefühl.

    Seit Jahrzehnten versucht der promovierte Historiker, der jahrzehntelang verschüttete Geschichte des Judentums in Kitzingen und Umgebung wieder Name, Gesicht und Stimme zu geben - mit großem Erfolg. Für seinen immensen persönlichen Einsatz bei der Aufarbeitung dieses Teils der Kitzinger Geschichte wurde ihm am Mittwoch ein hohe Ehre zuteil: Im Namen der Stadt Kitzingen zeichnete ihn Oberbürgermeister Bernd Moser mit der Bürgermedaille in Silber aus.

    Mit Schwinger erhält diese offizielle Ehrung ein Mann, der dem Rampenlicht eher abhold ist - es sei denn, er will die Ergebnisse seiner Forschungen der Öffentlichkeit vermitteln. Mit zahlreichen Vorträgen hat Elmar Schwinger in den vergangenen zehn, 15 Jahren dazu beigetragen, die ehemaligen Kitzinger Juden eben nicht nur als Opfer, sondern als Mitbürger, Nachbarn und Kollegen darzustellen. Gerade darin besteht seine besondere Leistung, wird doch das Verbrechen des Massenmords an den Juden dann fassbar, wenn die oftmals anonymen Opfer wieder Namen und Gesichter haben.

    Ehe Schwinger das ab 1938 systematisch zerschlagene Bild der Kitzinger Juden wieder zusammen setzen konnte, hat sich der pensionierte Pädagoge - lange Jahre wirkte er am Armin-Knab-Gymnasium - einer schieren Sisyphus-Arbeit gestellt, Überlebende des Holocaust und Nachkommen der Kitzinger Juden in vielen Ländern gesucht und gefunden. Dass er die vielen Reisen, ob nach Israel, Polen oder Litauen, aus der eigenen Tasche bezahlte, sei hier nur am Rande erwähnt. Der zeitliche, intellektuelle und finanzielle Einsatz für seine Sache ist ihm längst ein Lebensinhalt geworden. Um so mehr schmerzt es ihn, dass in den 90er Jahren "das große Sterben" begonnen hat: Viele Zeitzeugen können so die Krönung seiner Forschungsarbeit nicht mehr in den Händen halten, das Buch über die jüdische Gemeinde in Kitzingen, das demnächst erscheinen soll.

    Über Schwingers Forschungsergebnisse kann man sich seit einem halben Jahr im Internet informieren. Der nunmehr weltweit abrufbare Beitrag "Die jüdische Gemeinde in Kitzingen 1865 bis 1942" war auch letztlich der Anlass für die Verleihung der Bürgermedaille. In der ihm eigenen Bescheidenheit wertete Schwinger seine Auszeichnung am Mittwoch abend in der Alten Synagoge als "Wertschätzung für eine Sache, für die in Kitzingen viele stehen" und nannte dabei die Namen der langjährigen Synagogen-Bibliothekarin Gisela Bamberg und des Familienforschers Michael Schneeberger. Und doch traf es wohl die Stimmung im Saal, als Dagmar Voßkühler, Vorsitzende des Synagogen-Fördervereins, die Leistung des Geehrten als "Arbeit eines gründlichen Herzens" würdigte und sicher im Namen aller Gäste der Veranstaltung sagte: "Wir gönnen Ihnen diese Medaille von Herzen."

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