Ein normaler Umgang unter Nachbarn – davon sind die Beteiligten meilenweit weg. Man begegnet sich mit inniger Ablehnung, mit unausgesprochener Verachtung. Manchmal allerdings werden Dinge dann doch benannt, dann rutscht schon mal das eine oder andere Schimpfwort heraus. So wie vergangenen Sommer, als die Situation wieder einmal eskalierte.
Das ältere Paar, beide gehen auf die 60 zu, lebt seit 32 Jahren in der Straße. Das jüngere Paar, um die 30, zog vor vier Jahren zu. Aus einer zunächst normalen Nachbarschaft wurde schnell eine veritable Abneigung. Der Grund dafür liegt schon einige Zeit zurück und entflammte, als ein Paket für das ältere Paar gebracht wurde. Die Lieferung nahmen die Nachbarn an, um sie dann scheinbar einfach in den Regen vor die Haustür der Empfänger zu stellen. Als diese sich bei den Nachbarn über das durchnässte Paket beschwerten, reichte das scheinbar, um das Tischtuch scheinbar schlagartig zerreisen zu lassen. Von da ignorierte man sich großräumig.
Neutraler Zeuge bestätigt die Beleidigung
Hin und wieder scheint das aber nicht so richtig geklappt zu haben. Mitunter konnte man nicht an sich halten und es fielen abfällige Worte. So wie Ende Juli, als das ältere Ehepaar auf der Straße entlang lief und der unliebsamen Nachbarin ein "Alte Schlampe!" entfuhr. Nach Angaben des älteren Paares sei dies öfter schon vorgekommen. Diesmal jedoch war etwas anders: Es gab als neutralen Zeugen einen weiteren Nachbarn, der die Beleidigung gehört hatte. Damit stand ausnahmsweise mal nicht Aussage gegen Aussage.
Vor Gericht machte die Angeklagte keine Angaben. Ihr Ehemann - der sich seinerzeit kaum zwei Meter entfernt befand - sagte dafür um so mehr. Mehr als "Verpiss Dich!" habe seine Frau nicht zur Nachbarin gesagt. Von einer Beleidigung will er nichts gehört haben. Und überhaupt: Schuld an dem Zustand sei sowieso das ältere Paar. Der als Zeuge geladene Nachbar hatte dagegen eine ganz andere Wahrnehmung: Er bestätigt, dass der Ausdruck "Alte Schlampe" tatsächlich gefallen sei.
Staatsanwaltschaft spricht von Falschaussage
Was sich bei der Verhandlung noch herausstellt: Das jüngere Paar hat auf seinem Grundstück eine Kamera samt Bewegungsmelder angebracht. Die Auseinandersetzung Ende Juli wurde jedoch nie aktenkundig, ausgerechnet die strittige Szene mit der möglichen Beleidigung wurde nicht aufgehoben. Genau das aber, so das Gericht, wäre ja die perfekte Entlastung für das junge Paar gewesen.
Am Ende gingen die Meinungen auseinander: Die Verteidigung forderte Freispruch und sprach von maximal wechselseitigen Beleidigungen. Dagegen beantragte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 2000 Euro und sprach von einer "Falschaussage des Ehemannes". Das Gericht schloss sich der Staatsanwaltschaft an: Die 31-Jährige wird zu 50 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Ihr Ehemann bekam vom Gericht ebenfalls einiges zu hören: Sein Auftritt als Zeuge sei alles andere als glaubwürdig gewesen.