Was da im Dettelbacher Industriegebiet Ost entstanden ist, überrascht selbst den Chef: "Angst und bange" sei ihm beim ersten Anblick seines neuen Logistikzentrums geworden, gesteht Bernd Freier, Gründer des Rottendorfer Modeherstellers. Ein Gigant auf 75.000 Quadratmetern.
Bei der Einweihungsfeier am Donnerstagnachmittag mit geladenen Gästen und Mitarbeitern spricht Freier zudem von einem "kleinen Weltwunder": Das Projekt wurde im Nullkommanix durchgezogen. Spatenstich war im März 2022. Übergeben wurde die fertige Halle dann genau ein Jahr später, im März 2023. Vergangenen März verließ schließlich das erste Paket das neue Logistikzentrum. Jetzt folgt die offizielle Eröffnungsfeier.
100 Millionen Euro für 16 Kilometer Förderbänder

Das 100-Millionen-Euro-Projekt mit seinen 16 Kilometer langen Förderbändern läuft aktuell noch im Probebetrieb-Modus. Der Dettelbacher Logistikchef Dennis Prandl vergleicht das Anlaufen mit einem Marathon: Man sei jetzt etwa sechs Kilometer vor dem Ziel. Am Ende – mit Zieleinlauf – wird das Bekleidungsunternehmen um die 500 Beschäftigte in Dettelbach haben. Bis zu 60 Millionen Kleidungsstücke sollen pro Jahr versendet werden. Die Lagerkapazität reicht für 15 Millionen Teile. Pro Tag können 126.000 von ihnen bearbeitet werden.
Prandl spricht von einem "Bekenntnis zur Region". In unmittelbarer Nähe des Rottendorfer Hauptsitzes werde nun ein neues Kapitel in der Geschichte des Unternehmens aufgeschlagen. War die Logistik bisher auf 18 Standorte verteilt, ist nunmehr alles in einer Hand. Das sorgt für Aufbruchstimmung, wie auch der 78-jährige Firmengründer betont. Er werde "alles tun, damit die Arbeitsplätze noch ausgebaut werden", verspricht Freier.
Bernd Freier: Weltmeister Thomas Lurz und s.Oliver stehen für Durchhaltevermögen

Dass man "zur Region steht", betont bei der Eröffnung auch Personalchef Thomas Lurz. Den vielfachen Weltmeister hat sein Chef zuvor als leuchtendes Beispiel für Durchhaltevermögen bezeichnet – dafür stehe das Unternehmen, das sich immer wieder in einem "knüppelharten Umfeld" beweisen müsse.
Kitzingens Landrätin Tamara Bischof nutzte die Gelegenheit, um Freiers Lebensleistung zu würdigen. Sie zeigt sich zuversichtlich, dass "die Marke weiter in die Welt hinausgetragen wird". Dettelbachs Bürgermeister Matthias Bielek ist erfreut, dass seine Stadt nunmehr "Teil des Lebenswerks" des Firmengründers sein darf. Mit dem neuen Logistikzentrum habe man "Vorbildliches geschaffen". Freier seinerseits hat zuvor darauf hingewiesen, dass "Dettelbach jetzt berühmt wird", weil nunmehr auf Millionen Paketen der Ortsname im Absender vermerkt sei.
Bei der Besichtigung der neuen Halle, die auf einem Areal steht, auf dem sich bereits ein Industriebetrieb befunden hatte, zeigt sich dann, wie Logistik im digitalen Zeitalter geht. Weshalb bei den Beschäftigten längst nicht mehr nur Lagerarbeiter dominieren, sondern eben auch IT-Mitarbeiter benötigt werden.
Ein tröstlicher Blick in die Poststelle: Dort gibt es noch Handarbeit

Die Mitarbeitergewinnung war, so informiert Prandl beim Rundgang, auch für s.Oliver nicht ganz einfach. Man habe allerdings von den bisherigen Logistikstandorten profitieren können. Wer sich zwischen den 16 Kilometern Förderbändern und all der Technik verloren vorkommt, kann in der Poststelle eine fast schon tröstliche Entdeckung machen: Zumindest dort werden die Pakete noch per Hand zugeklebt.

Bei aller Freude ist aber auch klar: Auf den Landkreis Kitzingen kommen weitere Verkehrsbelastungen zu. Das hat im Vorfeld bei Anwohnern für Unmut gesorgt. Die Lastwagen zur Belieferung werden über die Bundesstraße 22 anrollen. Das hat im benachbarten Schwarzenau bereits dazu geführt, dass sich eine Interessengemeinschaft gründete, um auf die Verkehrsprobleme aufmerksam zu machen. Auch kleine Weltwunder haben Schattenseiten.