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SICKERSHAUSEN: Blühwiesen: Auf die richtige Mischung kommt es an

SICKERSHAUSEN

Blühwiesen: Auf die richtige Mischung kommt es an

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    So sah die Blühwiese zwischen Sickershausen und Hohenfeld Mitte Juni aus – mit Flockenblume, Natternkopf, Johanniskraut und Moschusmalve.
    So sah die Blühwiese zwischen Sickershausen und Hohenfeld Mitte Juni aus – mit Flockenblume, Natternkopf, Johanniskraut und Moschusmalve. Foto: Foto: Klaus Sanzenbacher

    Sie sieht immer ein wenig anders aus – mal überwiegt Violett, ein andermal Gelb oder knalliges Rot. Die Blühwiese zwischen Sickershausen und Hohenfeld erfüllt Besitzer Klaus Sanzenbacher bei jedem Besuch mit großer Freude, vor allem wenn er sieht, wie viele Insekten sich zwischen den Gräsern und Blüten tummeln. Der Umweltreferent des Kreistags und Vorsitzende der Kreisgruppe Kitzingen des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) hat die Fläche gemeinsam mit dem LBV angelegt.

    Frage: Was hat Sie zum Anlegen einer Blühwiese bewegt?

    Klaus Sanzenbacher: Wir brauchen hier in unserer Gegend einfach wieder mehr Grünlandflächen, um sowohl für Insekten als auch für Feldvögel – zum Beispiel die Feldlerche und das Rebhuhn – ein größeres Nahrungsangebot und auch mehr Lebensraum zur Verfügung zu stellen. In unserer ausgeräumten Agrarlandschaft gibt es einfach viel zu wenig Flächen, die das ganze Jahr über Blüten aufweisen, von denen Insekten leben können. Und auf die sind wiederum diverse andere Tierarten als Nahrung angewiesen, wie Vögel, Fledermäuse und Co.

    Das Ganze ist eine Aktion des Landesbundes für Vogelschutz. Warum war die Fläche zwischen Sickershausen und Hohenfeld so gut geeignet?

    Sanzenbacher: Die ausgewählte Fläche verbindet Strukturen wie Heckenzüge als Trittstein zum Hohenfelder Wald hin, der ein europäisches Vogelschutzgebiet ist. Weiterhin haben wir als LBV dort die Möglichkeit, Obstbäume anzupflanzen und so die alte Kulturlandschaft, die früher durch viel Streuobst gekennzeichnet war, wieder zu beleben.

    Welche Blumenmischung haben Sie ausgewählt?

    Sanzenbacher: Die Kreisgruppe Kitzingen des LBV hat auf der Fläche von rund einem Hektar eine Grundmischung für Streuobstwiesen angesät. Diese beinhaltet ausschließlich in Unterfranken heimische Gräser- und Wildstaudenarten, die den hierauf spezialisierten Insekten Nahrung bieten und von Frühjahr bis Herbst immerzu ein Blühangebot vorweisen. Als Arten sind zum Beispiel Flockenblumen, Wiesensalbei, Leimkraut, Leinkraut, Kartäusernelken, Margeriten, Wegwarte, Kleiner Wiesenknopf oder auch Klatschmohn zu nennen, die an den Sandboden und die Trockenheit angepasst sind und sich selbst auf der Fläche vermehren, so dass auch die ein- und zweijährigen Kräuter (wie Mohn, Kornblume oder Natternkopf) immer wieder zu sehen sind. Außerdem bilden viele dieser Arten Samenstände aus, von denen die Vögel im Herbst und Winter fressen können und die auch Deckung vor Fressfeinden bieten.

    Wie schätzen Sie die „bunten Mischungen“ aus dem Baumarkt ein?

    Sanzenbacher: Eher kritisch. Sie bieten zwar bunte Blüten für das menschliche Auge, haben in der Regel aber keinen ökologischen Wert für die heimischen Insekten, da sie nicht heimisch sind und somit auch keine Nahrung für auf bestimmte Pflanzen spezialisierten Insekten bieten. Weiterhin wiesen diese Mischungen in der Regel nur einjährige Kräuter aus, die im zweiten Jahr dann verschwunden sind.

    Wie komme ich als Privatperson dann an die „richtige“ Mischung?

    Sanzenbacher: Mischungen gebietsheimischer Pflanzen für Blühstreifen und Blühflächen sind im Fachhandel erhältlich.

    Wie groß muss eine Fläche sein, damit es sich lohnt, dort eine Blühwiese anzusäen? Muss der Boden irgendwelche Voraussetzungen erfüllen?

    Sanzenbacher: Auch auf sehr kleinen Flächen ab zehn Quadratmetern kann man Blühwiesen aussäen, um ein Stück Natur in den heimischen Garten zu holen. Aber grundsätzlich ist größer auch besser. Der Boden sollte nicht verdichtet sein, also vor der Einsaat immer lockern. Es gibt für jede Bodenart entsprechende Mischungen zu kaufen, ob für feuchte oder eher trockene Standorte.

    Wie aufwändig ist die Saat? Kann man das als Laie?

    Sanzenbacher: Das ist so einfach wie eine Rasensaat: Fläche lockern, einebnen, Samen gleichmäßig ausbringen, antreten oder anwalzen, fertig. Für kleinere Gartenflächen reicht an Werkzeug die übliche Gartenausstattung vollkommen aus: Harke, Spaten, Rechen. Für großflächige Saaten sollte man einen Landwirt mit einer entsprechenden Sämaschine ansprechen. Unsere Fläche hat ein Sickershäuser Landwirt angesät. Ein guter Ansprechpartner ist hier der Landschaftspflegeverband am Landratsamt Kitzingen.

    Gibt es noch weitere Tipps zur Saat?

    Sanzenbacher: Es sollte nicht zu dicht gesät werden, um auch den Anflug von Samen zu ermöglichen. Da die meisten Kräuterarten Lichtkeimer sind, darf das Saatgut außerdem nur sehr flach eingearbeitet werden, sonst gehen die Pflanzen nicht auf. Kleinere Flächen im Garten kann man zur Keimung feucht halten. Auf größeren Flächen wie der LBV-Fläche in Sickershausen haben wir die Aussaat Ende Oktober/Anfang November gemacht, da zu dieser Zeit die Wahrscheinlichkeit für Niederschläge relativ hoch und auch genügend Zeit für das Keimen vor dem ersten Frost war. Von Frühjahrsaussaaten ist in unserer trockenen Gegend nach unseren Erfahrungen eher abzuraten.

    Es heißt so schön, eine Blühwiese ist keine Weide für die Augen, sondern für Insekten. Ist das wirklich so?

    Sanzenbacher: Das eine schließt das andere nicht aus! Unsere Wiese bietet über Jahre das ganze Farbenspektrum, das die Natur zu bieten hat: gelbe Kleearten und Färberkamille, violetter Wiesensalbei und Flockenblumen, blaue Wegwarte, Witwenblume, Echter Lein, Natternkopf und Kornblume, weißes Leim- und Leinkraut, Margerite, roter Klatschmohn. Die Mischung macht es einfach aus. Dass Blühwiesen nur im ersten Jahr schön ausschauen, trifft nur für die bunten Mischungen aus dem Baumarkt zu, da dort in der Regel nur einjährige Arten in der Tüte sind. Auch die Sonnenblume ist eine einjährige Pflanze, die jedes Jahr neu gesät werden muss, da die Samen als Futter sehr begehrt sind.

    Brauchen Blühwiesen denn gar keine Pflege?

    Sanzenbacher: Wir mähen die Fläche nur einmal im Jahr, um auch Nährstoffe mit dem Schnittgut von der Fläche zu holen. Je magerer der Boden, desto geringer ist der Aufwuchs – was natürlich auch von den Niederschlägen abhängt. Die Mahd erfolgt nach der Brut der bodenbrütenden Feldvögel, wie Feldlerche und Rebhuhn, und der Hauptreife der Kräutersamen, also ab Juli, um diese noch aussamen zu lassen. Nach ausreichender Aushagerung des Bodens wird die Fläche idealerweise nur noch kurz vor Frühjahrsbeginn gemäht, um in den Stängeln der Pflanzen Insekten überwintern zu lassen und den bodenbewohnenden Tierarten wie Rebhuhn und Feldhase auch Deckung bieten zu können.

    Gibt es in Ihren Augen schon erfreulich viele Blühwiesen und Streuobstflächen im Landkreis oder sehen Sie da noch Potenzial nach oben?

    Sanzenbacher: Blühflächen werden gefühlsmäßig schon mehr, insbesondere nach dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Potenzial ist aber schon noch reichlich vorhanden. Eine Gelegenheit für mehr Streuobstflächen bietet der „Streuobstpakt“, bei dem sich die Bayerische Staatsregierung verpflichtet hat, bis 2035 zusätzlich zum derzeitigen Obstbaumbestand eine Million Streuobstbäume neu zu pflanzen und dies auch entsprechend zu fördern.

    Der Landkreis gewährt wieder Zuschüsse aus seinem Naturschutzfonds. Können da auch Blühwiesen darunter fallen?

    Sanzenbacher: Meines Erachtens ja. So können vom Boden her geeignete Flächen auch mit Mähgut von ökologisch wertvollen Grünlandflächen „geimpft“ werden, um so eine heimische und standortgerechte Pflanzengesellschaft auf der betroffenen Fläche ansiedeln zu können. Aber das sind immer Einzelfallentscheidungen der Unteren Naturschutzbehörde, die ihre Entscheidung nach ökologischen Kriterien wie Lage und Eignung der Fläche trifft. Die Anlage und Pflege von Streuobstwiesen kann definitiv gefördert werden, solange die Fördertöpfe noch nicht ausgeschöpft sind. Aber auch hier trifft die Untere Naturschutzbehörde letztendlich die Entscheidung. Interessenten sollten sich also schon bei Beginn der Planungen bei der Unteren Naturschutzbehörde oder dem Landschaftspflegeverband über die individuellen Voraussetzungen für eine Förderung informieren. Wir haben für unsere Fläche in Sickershausen im Gegensatz zu anderen LBV-Flächen keine Förderung beantragt, da wir sowohl das Saatgut als auch die bisher gepflanzten Obstbäume gespendet bekommen haben.

    Was können Sie Bürgern als Umweltreferent noch empfehlen, womit sie vielleicht mit wenig Aufwand einen großen Nutzen für den Naturschutz erzielen können?

    Sanzenbacher: Es gibt viele Möglichkeiten, im eigenen Garten mit geringem Aufwand etwas für die Natur zu tun: In einer Ecke des Gartens nichts mehr machen, einfach wachsen lassen, in irgendeiner Ecke des Gartens – am besten unter einer Hecke – einen Totholz-, Laub- oder Reisighaufen anlegen, eine kleine Blühwiese anlegen, Trinkgelegenheiten für Insekten, Vögel und Igel am Boden und etwas erhöht aufstellen und immer wieder auffüllen, nur heimische Gehölze pflanzen, Gartenteich anlegen, Fassaden begrünen... Weitere Tipps gibt es unter www.lbv.de

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