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Volkach: Bundeswehr in Volkach: Der Sieg gegen den Rotstift, Auflösungserscheinungen – und eine Raupen-Invasion

Volkach

Bundeswehr in Volkach: Der Sieg gegen den Rotstift, Auflösungserscheinungen – und eine Raupen-Invasion

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    Das deutschen Feldlager "Camp Warehouse" in Kabul im August 2003: Das Ortsschild zeigt die Distanz von Kabul in Afganistan bis nach Volkach mit 5034 Kilometern an. 
    Das deutschen Feldlager "Camp Warehouse" in Kabul im August 2003: Das Ortsschild zeigt die Distanz von Kabul in Afganistan bis nach Volkach mit 5034 Kilometern an.  Foto: Peter Kneffel, dpa

    Wer in die Geschichte der Bundeswehr in Volkach eintaucht, kommt nicht allzu weit. Die Mainfrankenkaserne ist ein Jungspund: Erst seit 1986 schaut die Anlage von einem Hügel auf Volkach herab. Weshalb 2011, zum 25-jährigen Bestehen, die Überschrift recht anschaulich lautete: "Das Küken unter den Kasernen".

    Inzwischen hat sich das mit dem Küken erledigt, man könnte eher von "flügge" sprechen und davon, dass man aus dem Gröbsten raus ist. Aktuell bringt es die Kaserne auf 38 Jahre – was immer noch kein Alter ist.

    Vier aufregende Jahrzehnte der Mainfranken-Kaserne in Volkach

    Dennoch hat die Kaserne schon viel mit- und durchgemacht. An vorderster Front: der immerwährende Kampf gegen den Rotstift und Auflösungserscheinungen. Und wenn an dem Standort von der Politik gerade mal nicht herumgezerrt wurde, gab es zur Abwechslung auch andere Gegner: Raupen zum Beispiel.

    Aber der Reihe nach: Hier kommt der Blick auf knapp vier durchaus aufregende Jahrzehnte.

    November 2010: Die Truppe zeigt bei einem Tag der offenen Kasernen-Tür, was sie auf dem Kasten hat. Ein Jahr später, als 30 bundesweit Kasernen geschlossen werden sollten, stand erneut ein Schicksalsjahr an.
    November 2010: Die Truppe zeigt bei einem Tag der offenen Kasernen-Tür, was sie auf dem Kasten hat. Ein Jahr später, als 30 bundesweit Kasernen geschlossen werden sollten, stand erneut ein Schicksalsjahr an. Foto: Frank Weichhan, Archiv

    Noch einmal der Blick auf die Feier zum 25-jährigen Bestehen im Jahr 2011. Es gibt einen Tag der offenen Türe – gefeiert wird unter Vorbehalt: Zu offen ist die Zukunft des seit 1986 existierenden Standorts. Nach dem Abzug der US-Streitkräfte droht im Landkreis Kitzingen mit der möglichen Schließung der nächste Schlag.

    Transport und Nachschub statt Instandsetzung

    Kurz darauf kam sie dann doch, die erlösende Nachricht: der Standort bleibt. Wenn auch mit neuem Gesicht: Verschwinden wird das Instandsetzungsbataillon 466, das sich um das rollende Material kümmert. Dafür wird das Logistikbataillon 467 gestärkt, zuständig für Transport, Nachschub und Instandsetzung.

    Besteht seit 38 Jahren: die Volkach Mainfrankenkaserne.
    Besteht seit 38 Jahren: die Volkach Mainfrankenkaserne. Foto: Thomas Obermeier

    Die Logistiker-Truppe in Volkach wurde zunehmend fit gemacht für den Ernstfall, der die Soldaten immer wieder in Krisengebiete führte. Ein Schwerpunkt: Afghanistan. Knapp 120 Soldaten aus Volkach versahen dort zeitweise ihren Dienst.

    Dafür steht symbolisch ein Ortsschild, aufgestellt in dem deutschen Feldlager "Camp Warehouse": Kabul ist durchgestrichen, darüber ein Pfeil und die Entfernung in die Heimat: "Volkach 5034 km". Die Volkacher waren generell vielerorts in der Welt unterwegs: im Lager Masar-el-Sharif in Afghanistan, im Kosovo, sogar am Horn von Afrika zur Piratenabwehr.

    Die schweren Pioniere mussten weichen, Logistiker rückten nach

    Um zu bestehen, musste sich der 30 Hektar umfassende Volkacher Standort immer wieder verändern. So richtig sorgenfrei war man in den ersten 25 Jahren nie. Der erste große Einschnitt deutete sich 2005 an: Die seit Beginn stationierten schweren Pioniere mussten weichen.

    Mai 1998: Einen Tag bei der Bundeswehr in Volkach verbrachten am Dienstag 40 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen der Außenstelle Gerolzhofen des Franken-Landschulheims Gaibach. Sie erlebten den Dienst der Pioniere hautnah bei Bootsfahrten auf dem Wasserübungsplatz Nordheim.
    Mai 1998: Einen Tag bei der Bundeswehr in Volkach verbrachten am Dienstag 40 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen der Außenstelle Gerolzhofen des Franken-Landschulheims Gaibach. Sie erlebten den Dienst der Pioniere hautnah bei Bootsfahrten auf dem Wasserübungsplatz Nordheim. Foto: Anja Westphal, Archiv

    Ende Februar 2006 wurde das Bataillon 12 aufgelöst. Als Ausgleich rückt ein Bataillon Logistiker aus Veitshöchheim nach. Das brachte das bisher größte Stühlerücken und gleichzeitig eine personelle Vergrößerung mit sich: Aus 1560 Soldaten wurden 1700.

    Volkach setzt auf eine Unterschriftenaktion für die Mainfrankenkaserne

    Erneut zum Wackelkandidat wird der Standort 2008. Was den damaligen Wirtschaftsminister Michael Glos auf den Plan rief. Er gab persönlich Entwarnung und ein Versprechen: Die Platznöte in der Kaserne sollen durch eine Millioneninvestition baulich gelöst werden.

    Brückenschlag mit dem Faltschwimmbrückengerät: Im Herbst 1997 zeigte die Garnison Volkach rund 7000 Besuchern ihr Können.
    Brückenschlag mit dem Faltschwimmbrückengerät: Im Herbst 1997 zeigte die Garnison Volkach rund 7000 Besuchern ihr Können. Foto: Wolfgang Petersen, Archiv

    Genau diese Investitionen von 7,3 Millionen Euro wecken an der Mainschleife Zuversicht auf den endgültigen Erhalt der Kaserne. Flankierend wird eine Unterschriftensammlung gestartet, um die Verbundenheit der Bevölkerung zu dokumentieren.

    Das alles nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Truppe ein Wirtschaftsfaktor ist. Die damaligen Berechnungen der Bundeswehr gingen von 50 Millionen Euro pro Jahr Umsatz aus. Geld, das zum großen Teil in der Region bleibt.

    Ministerbesuch: Bundespostminister Wolfgang Bötsch (rechts) und CSU-Landesgruppenchef Michael Glos (links) informieren sich im September 1997 über neue Strukturen des Bundeswehr-Standortes Volkach. In der Mitte Oberstleutnant Franz Pfrengle.
    Ministerbesuch: Bundespostminister Wolfgang Bötsch (rechts) und CSU-Landesgruppenchef Michael Glos (links) informieren sich im September 1997 über neue Strukturen des Bundeswehr-Standortes Volkach. In der Mitte Oberstleutnant Franz Pfrengle. Foto: Wolfgang Petersen, Archiv

    Um die 80 zivile Mitarbeiter gehören von Anbeginn zur Kasernen-"Familie" in Volkach. Auch sie haben es nicht immer leicht. Den größten Schnitt stellt ein bundesweiter Abbau der Zivilbeschäftigten dar, als bis 2010 aus 110.000 Mitarbeitern rund 75.000 werden.

    Frauen in der Bundeswehr: "Frau Oberst lässt noch auf sich warten"

    Wie sich die Zeiten immer wieder veränderten, lässt sich auch an einer Diskussion um die Jahrtausendwende festmachen. "Frau Oberst lässt noch auf sich warten" lautete im Januar 2000 eine Überschrift dieser Zeitung. Der Europäische Gerichtshof hatte entschieden, dass Frauen für den Dienst an der Waffe nicht mehr ausgeschlossen werden dürfen. Bis dahin konnten sich interessierte Frauen als Freiwillige lediglich zum Sanitäts- oder Militärmusikdienst melden. 

    Es sollte noch dauern, bis auch Frauen die Kasernen eroberten. Immerhin sah man sich in Volkach gut gewappnet: Die Mainfrankenkaserne war längst keine "frauenfreie Zone" mehr, mehrere Sanitäterinnen arbeiteten in leitenden Funktionen.

    Der damalige Kommandeur Schnell gab sich jedenfalls offen gegenüber den anstehenden Änderungen: "Mir ist eine motivierte Frau lieber als ein Mann, der sich einfach nur so verpflichtet hat."

    Wasserübungsplatz in Nordheim stand lange zum Verkauf

    Geradezu exemplarisch für das Hin und Her im Laufe der Jahre ist der Wasserübungsplatz der ehemaligen Pioniere in Nordheim. Anfang 2005, es herrschte wieder Rotstift-Zeit, stand das 24 Hektar große Areal auf der Verkaufsliste des Bundes. Ein Ladenhüter, der sich einfach nicht verkaufen ließ. Die Gemeinde Nordheim überlegte gerade, ob man zuschlagen und einen Campingplatz errichten sollte, als die Kehrtwende kam. Jetzt wollte man das Areal doch behalten – um auf die drohende Enge in der Volkacher Kaserne reagieren zu können.

    Im Herbst 1997 gibt es wieder den Steigerwaldmarsch des Volkacher Pionierbataillons. Nachdem die Soldaten bei Volkach mit Schlauchbooten über den Main gesetzt waren, zogen sie mit Gesang durch die Brückenstraße und von dort in die Kaserne. 
    Im Herbst 1997 gibt es wieder den Steigerwaldmarsch des Volkacher Pionierbataillons. Nachdem die Soldaten bei Volkach mit Schlauchbooten über den Main gesetzt waren, zogen sie mit Gesang durch die Brückenstraße und von dort in die Kaserne.  Foto: Anja Westphal

    Eine weitere ungewöhnliche Episode: Das Lager wurde Ende 2015 für zwei Jahre zu einer Flüchtlingsunterkunft für 400 Menschen, ehe die Bundeswehr das Gelände zurückbekam.

    Der Wasserübungsplatz ging 1986 nach langer planerischer Vorlaufzeit, die bis 1982 zurückreichte, und gegen einige Widerstände in Betrieb. Runde 18 Millionen Mark flossen damals in das Vorhaben. Seit Juli 2019 wird das Gelände nun wieder als "Lager Nordheim" geführt – und nicht mehr als "Standortübungsplatz Wasser". Ein weiterer "Außenposten", ein 65 Hektar großer Landübungsplatz im Wald bei Reupelsdorf, stand seinerzeit ebenfalls kurzzeitig im Internet zum Verkauf, blieb dann aber auch erhalten. 

    Der Kommandeur der Mainfrankenkaserne war auf Wohnungssuche

    Zum immerwährenden Kampf gegen den Rotstift kam kurzzeitig eine ganz andere Auseinandersetzung: der Kampf gegen Raupen. 2006 plagte der Prozessionsspinner 600 Soldaten. Quälender Juckreiz, Augenschmerzen und Atembeschwerden führten dazu, dass die Bundeswehr zwei Hektar Eichenwald abholzte.

    Neuerdings wird erneut an einer seltsamen Front gekämpft: Seit 2023 schlägt der Mangel an bezahlbaren Wohnungen auch auf die Mainfrankenkaserne durch. Sogar der Regimentskommandeur Matthias Kampf musste suchen.

    Im Herbst  2016 feierten die Soldaten gleich zwei Ereignisse. Zum einen die Rückkehr der Soldaten aus ihren mehrmonatigen Auslandseinsätzen – aus denen alle wohlbehalten wieder heimgekehrt waren – und 30 Jahre Bundeswehr an der Mainschleife.
    Im Herbst  2016 feierten die Soldaten gleich zwei Ereignisse. Zum einen die Rückkehr der Soldaten aus ihren mehrmonatigen Auslandseinsätzen – aus denen alle wohlbehalten wieder heimgekehrt waren – und 30 Jahre Bundeswehr an der Mainschleife. Foto: Guido Chuleck

    Egal wie oft Schließungen im Raum standen, wie oft das letzte Stündlein der Kaserne angekündigt war, wie viele Probleme es gab – Volkach erwies sich letztlich als rotstiftresistent. Weil man bei den Umstrukturierungen immer mit einigen Pfunden wuchern konnte: Der Standort wird von der Bevölkerung angenommen. Er liegt verkehrsgünstig. Die Truppenübungsplätze in der Rhön, Hammelburg und Wildflecken befinden sich vor der Haustür.

    Vor allem aber: Als jüngste Kaserne in den alten Bundesländern stand man ausgesprochen gut da. Der entscheidende Vorteil des Kükens.

    Der historische Blick ist der erste von mehreren Artikeln über die Mainfrankenkaserne, die sich in loser Folge mit dem Bundeswehr-Standort und seiner heutigen Bedeutung beschäftigen werden.

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