Für die Deutsche Bahn ist der Bahnhof Kitzingen ein Punkt auf der Landkarte, einer von Tausenden in der Pampa. Für die Stadt Kitzingen ist der Bahnhof ein Ort des Ankommens und der Willkommenskultur, ein Fenster in die Welt nach draußen. Für Barbara Becker ist der Bahnhof Kitzingen eine Herzensangelegenheit – und ein stetes Ärgernis. Seit Jahren kämpft die Landtagsabgeordnete gemeinsam mit der Stadt darum, ihn zum barrierefreien Haltepunkt zu machen – vergeblich. Deshalb greift die vor vier Jahren erstmals in den Landtag gewählte CSU-Politikerin jetzt zu ungewöhnlichen Mitteln.
Barrierefreiheit – dazu gehört weit mehr, als einen Bahnhof für Menschen mit Behinderung zu erschließen. Barrierefrei heißt auch: kein Schleppen von schweren Fahrrädern mehr über endlose Stufen, kein Zerren von sperrigen Koffern mehr über kantige Stufen. Ein kleiner Schritt zu mehr Komfort für die einen, ein großer Schritt zu deutlich mehr Teilhabe für die anderen.
An zwei Tagen will sich Barbara Becker in dieser Woche vor den Kitzinger Bahnhof stellen – mit Campingbus und Sonnenschirm. Sie will wissen: Was bewegt die Leute, die hier regelmäßig an- und abfahren? Sie will Daten sammeln: Wie viele Reisende steigen täglich ein und aus? Sie will selbst sehen: Wie viele von ihnen tun sich schwer dabei? Und sie will ein bisschen demonstrieren: So geht man mit einem Bahnhof und den Menschen nicht um.
Kitzingen kommt in den Plänen der Bahn noch gar nicht vor

Die Frage ist: Wie sehr lässt die Deutsche Bahn sich von so ein bisschen Theater beeindrucken? Wer den Konzern kennt, wird sagen: nicht so sehr. Die Bahn ist ein schwerfälliger Tanker, der zwar wie auf Schienen schnurrt, aber nicht sonderlich verlässlich ist, wenn es um Zeitpläne geht.
Das Problem von Kitzingen: Die Stadt taucht in diesen Zeitplänen noch gar nicht auf. Kein Bahnvertreter hat bislang ein konkretes Datum genannt, wann es hier mit dem barrierefreien Ausbau losgehen soll. Im offiziellen Ausbauprogramm, das bis ins Jahr 2028 reicht, sucht man den Bahnhof Kitzingen vergeblich. Und wer realistisch ist, wird zugeben müssen, dass die Bahn sich in solchen Fragen kaum bewegt.

Ein bisschen Druck, ein paar "Nadelstiche", wie Becker es nennt, können dennoch nicht schaden. Auch Becker ist bei ihren Gesprächen an führender Stelle nicht groß weitergekommen. Geht sie zum bayerischen Verkehrsminister, einem CSU-Mann, dann erklärt er ihr: Die Bahn muss liefern. Geht sie zum Konzernbevollmächtigten der Bahn für Bayern, dann hört sie: Der Staat muss beauftragen. Geht sie wieder zum Verkehrsminister, dann sagt der: Es gibt noch keine Mittel vom Bund. Es ist also gar nicht so leicht, in diesem babylonischen Sprachgewirr den Überblick zu behalten.
Die Planung der Aufzüge würde die Stadt schon einmal anpacken
Die Stadt Kitzingen wäre sogar bereit, in Vorleistung zu gehen. Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) hat der Bahn angeboten, schon mal die Planungen etwa für die benötigten Aufzüge anzupacken, auch wenn noch kein Ausbautermin feststeht. Becker sagt: "Das macht die Hürden für die Bahn niedriger." Aber es kann ja nicht schaden, selbst noch ein wenig an diesen Hürden zu sägen.
Deshalb steht Becker am Donnerstag, 6. Oktober, und Freitag, 7. Oktober, jeweils ab 6 Uhr zu Gesprächen am Bahnhof bereit. Am Samstag, 8. Oktober, kommt die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, zur ersten Freiwilligenmesse nach Kitzingen. Bentele wird mit dem Zug anreisen.