So richtig glauben kann es Familie Schneider noch immer nicht. Innerhalb kürzester Zeit hat sie nicht nur ihr Haus verloren, sondern auch unzählige persönliche Erinnerungen. Familienfotos, Festplatten, simple Dinge wie Schuhe und Kleidung. Vieles ist seit dem Hochwasser vor einer Woche verschwunden.
Vor knapp 22 Jahren kaufte Marcus Schneider das Haus direkt am Essbach in der Kaltensondheimer Straße, damals noch im Ruinenzustand. Als Schreiner habe er das meiste selbst Stück für Stück renoviert und aufgebaut. Bis vor Kurzem wohnten Mutter Daniela und Vater Marcus hier zusammen mit ihrem jüngsten Sohn Tom (14).

Die beiden Töchter Helen (23) und Aenna (21) leben nicht mehr zu Hause, besuchen ihre Familie aber regelmäßig. Dazu gibt es eine Einliegerwohnung, in der zuletzt eine 22-jährige Ausbildende zusammen mit ihrer Katze wohnte.
Die Pumpen sind mit dem Hochwasser im Keller überfordert
Von den Wassermassen wurde die Familie komplett überrascht. Dass das Hochwasser so verheerende Folgen haben könnte, damit haben die Schneiders nicht gerechnet. Als es am Samstagabend immer heftiger regnete und Wasser in das Kellerfenster drängte, gingen sie davon aus, dass wie in den Jahren zuvor nichts Schlimmeres passieren würde. Sie hatten sich auf das Pumpsystem im Keller verlassen. Schließlich hätten sie noch nie zuvor mit Hochwasser und Überflutungen zu kämpfen gehabt, erzählt die Familie.

Eigentlich war der große Wolkenbruch schon vorbei, als das Wasser Samstagnacht um halb zwölf in den Eingangsbereich strömte. Tochter Aenna versuchte gerade noch, die Schuhe zu retten. Da brach plötzlich die Haustür nach innen auf. Binnen Minuten stieg das Wasser auf eineinhalb Meter.

"Alles ging so wahnsinnig schnell", erzählt die älteste Tochter Helen. In diesem Moment entschied die Familie, das Haus zu verlassen. Knapp drei Stunden standen die Fünf weiter oben auf dem Mühldamm und konnten nur hilflos zusehen, wie der Bach immer weiter ihr Anwesen und ihre beiden Autos eroberte. Nicht einmal die Feuerwehr kam bis zum Haus: "Es war im Endeffekt ein reißender Fluss", erzählt Helen Schneider.
Die Kosten einer Versicherung hätte die Familie nicht stemmen können
Eine Versicherung für Hochwasserschäden hatte die Familie nicht abgeschlossen. "Das Haus ist sehr alt und liegt direkt am Bach. So eine Versicherung wäre unbezahlbar für uns gewesen", erklärt Helen Schneider. Zudem wisse die Familie nicht, ob ihr Haus überhaupt versicherbar gewesen wäre. "Das müssen wir auch im Hinblick auf mögliche Fördergelder noch abklären."

Zeit für diesen Papierkram hatte die Familie bisher noch nicht. Die Priorität liege bisher darauf, alles so schnell wie möglich wieder aufzuräumen und das Haus zu trocknen. Die Hausratversicherung der Familie kommt für Elementarschäden, die bei der Überflutung entstanden sind, nicht auf. Auch die Kosten für Trocknungsgeräte und Baumaterialien müssten sie selbst tragen.

Eine große Spendenaktion schenkt neue Hoffnung
Neue Hoffnung schenkt den Schneiders eine große Spendenaktion auf der Online-Spendenplattform "GoFundMe". Erstaunlich schnell ist über einen Aufruf viel Geld für die Familie zusammengekommen: Über 27.000 Euro in nur vier Tagen waren es zuletzt am Freitagmittag. Larissa Grösch hat die Spendenkampagne organisiert. Bis vor Kurzem kannte sie die Familie gar nicht. Über einen Bekannten hörte die Kitzingerin vom Schicksal der Schneiders.
"Die Spenden sind wirklich eine unfassbar große Hilfe."
Helen Schneider
Sie nahm Kontakt mit der Familie auf und half mit, die Schlammmassen aus dem Haus zu befördern. Als sie das Ausmaß der Überflutung auf dem Grundstück sah, wollte sie unbedingt noch mehr machen und rief zu Spenden auf. "Niemals hätte ich damit gerechnet, dass so viel Geld gespendet wird", erzählt Larissa Grösch.
Mit den gesammelten Geldern könne zumindest ein Teil der Sanierungskosten finanziert werden, erklärt Helen Schneider. "Die Spenden sind wirklich eine unfassbar große Hilfe. Wir sind wirklich so, so, so dankbar."

Die Hilfsbereitschaft nach der Flut wird immer größer
Aus der Not entstanden ist eine WhatsApp-Gruppe, in der sich mittlerweile knapp 60 Helferinnen und Helfer austauschen. Am Anfang ging es um simple Dinge wie die Frage nach Schuhen. Ihre eigenen wurden von der Flut weggespült. "Wir hatten nur noch unsere Gartenschlappen", sagt Mutter Daniela. Auch Werkzeuge und Trocknungsgeräte konnte die Familie mithilfe der Gruppe organisieren.
Mittlerweile sind es so viele Helferinnen und Helfer, dass diese sich nun auf die anderen betroffenen Häuser in der Straße verteilen. Jeder gehe dahin, wo die Not gerade am größten ist. Helen Schneider sagt: "Die Hilfsbereitschaft im Freundes- und Bekanntenkreis und auch von Wildfremden ist wirklich bemerkenswert."