Gottschalk besuchte Wiesentheid am 16. Mai 1980. Damals war der große Star noch ein kleiner Moderator für Bayern 3. Der Radio-Sender übertrug im Jahr des 125-jährigen Bestehens der Kolpingfamilie die Freitags-Sendung von "Pop nach 8" aus der Steigerwaldhalle. Dokumente eines weiteren Berühmten sind in der Jubiläumsschrift verewigt: Es handelt sich um den seligen Adolph Kolping. Im Jahre 1857 schrieb der Gesellenvater einen Brief nach Wiesentheid, der erst knapp 100 Jahre später wieder entdeckt wurde.
Mehr noch: Auch Adolph Kolping, dessen Werk heute weltweit verbreitet ist, besuchte 1855 Wiesentheid. "Die Gründung eines Gesellenvereins in einem verhältnismäßig kleinen Ort erregte damals in ganz Deutschland Aufsehen", heißt es in der Festschrift. Es war erst die dritte in der Diözese. "Als er Abschied nahm, begleiteten ihn zwei Angehörige des Wiesentheider Vereins auf seiner Rückreise nach Würzburg - wahrscheinlich zu Fuß", steht in den Annalen. Kolping starb 1857 im Alter von 51 Jahren und konnte "seine lieben Freunde" in Wiesentheid, wie er sie im Brief nannte, nicht mehr besuchen.
35 Jahre lang Vorsitzender
Adolph Kolping, der Sozialreformer aus dem Rheinland, wurde 1991 vom Papst selig gesprochen. Bei dieser Zeremonie in Rom waren elf Wiesentheider in der Pilgerschar. Längst ist die Kolpingfamilie in Wiesentheid etabliert, kümmert sich um soziale und gesellschaftliche Belange genauso wie sie kirchlich ausgerichtet ist. Mit 334 Mitgliedern gehört sie zu den großen Vereinen am Ort. Eine Mutter-Kind-Gruppe, der Frauentreff, die Kolping-Karnevalsgellschaft, die Laienspielschar, Fahrradfahrer vom "Team Kolping" und der Seniorentreff sorgen für Bewegung im Vereinsleben.
Kolping-Vorsitzender ist Wolfgang Stöcker. Er löste 1994 Albin Bourgeon ab, der 35 Jahre an der Spitze der Vereinigung war und jetzt Ehrenvorsitzender ist. Die Festschrift - für Layout und Druck zeichnete Ursula Reisinger verantwortlich - notiert die wichtigen Etappen des Vereinslebens. Zuletzt war das im Herbst die 44-Jahr-Feier der Karnevalsgesellschaft. Im Jahr 2003 war die Kolpingfamilie zum wiederholten Male in Wiesentheids Partnerort Rouillac im Südwesten Frankreichs - mit einer Rennradgruppe ging es in Tagesetappen auf die Reise. 2001 leistete Kolping Wiesentheid mit 11500 Euro seine größte Spende aus den Kleidersammlungen, die sie Jahr für Jahr zweimal in der Gemeinde macht. Das Geld ging an soziale Einrichtungen und die Kirche und wurde für das Pfarrheim verwendet.
1987 wurde ein Anbau am Pfarrheim abgeschlossen. 1981 war die Kolpingfamilie mit 50 Mann in Köln auf Pilgerfahrt am Grabe Adolph Kolpings. Seit 1975 steht der Karnevalsgesellschaft die Steigerwaldhalle für ihre Großveranstaltungen zur Verfügung. Im Frühjahr 1974 legten Kolping-Mitglieder einen Spielplatz im Schlosspark an. Zwölf Jahre davor, 1962, baute man im Wald bei Obersambach die Herrensee-Hütte, die seitdem kirchlichen Vereinen und anderen Gruppen für die Jugendarbeit zur Verfügung steht.
Aus der Festschrift ist noch zu entnehmen: "Die Feier zum 100-jährigen Bestehen von Kolping im Jahre 1955 wurde für alle Teilnehmer zum großen Ereignis." Im Schlosspark wurde auf der Freilichtbühne "der Hauptmann Jaguar" aufgeführt. Schon 1946 und 1948 war eine Theatergruppe aufgetreten.
Der schlimmen Zeit des Krieges - 16 Mitglieder des Wiesentheider Vereins starben - waren schon schlechte Jahre vorausgegangen. Grund: Die nationalsozialistischen Machthaber schikanierten Vereine und Verbände, wo es nur ging; die Geheime Staatspolizei verbot bereits vorher genehmigte Theater-Aufführungen kurzerhand oder ließ sie in die Kirche verlegen.
Größerer Akt war 1930 in Wiesentheid die Feier zum 75-jährigen Bestehen des Katholischen Gesellenvereins (so hieß die Kolpingfamilie damals). 30 auswärtige Vereine waren gekommen; Festzug, eine Bannerweihe und eine Theateraufführung standen im Mittelpunkt. Schon 1904 war der 50. Geburtstag groß gefeiert worden, mit einer Kundgebung am Festplatz beim Schönbornsaal in der Nähe des Gasthauses "Letzter Hieb" und einem Volksfest.