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VOLKACH: Die Weltrekorduhr aus Volkach

VOLKACH

Die Weltrekorduhr aus Volkach

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    Vor der Reise nach Amerika: Der Volkacher Uhrmachermeister Matthias Koch mit der Weltrekorduhr.
    Vor der Reise nach Amerika: Der Volkacher Uhrmachermeister Matthias Koch mit der Weltrekorduhr. Foto: Foto: Frank Weichhan

    Als an einem Septembersamstag vor zwölf Jahren bei Matthias Koch die Ladentür läutet, sollte das sein Leben verändern. Der Kunde aus Amerika muss, wie der Kauf von acht antiken Uhren zeigte, nicht aufs Geld schauen. Seither betritt der Uhrenliebhaber jedes Jahr am Samstag vor dem Oktoberfest in allerbester Kauflaune das seit 53 Jahren bestehende Schmuck- und Uhrenfachgeschäft in Volkach (Lkr. Kitzingen).

    Getrieben wird der Besucher aus der Gegend von Detroit von einem großen Ziel: Niemand außer ihm soll behaupten können, die bedeutendste private Uhrensammlung in Amerika zu besitzen. Dummerweise gibt es da ein Problem in Form eines Konkurrenten, der genau das auch vorhat.

    „Die am längsten laufende mechanische Bodenstanduhr der Welt.“

    Offizielle Bezeichnung der Weltrekorduhr aus Volkach

    Man kann sich also gut vorstellen, dass ein gewisser sportlicher Ehrgeiz unter Gutbetuchten ausgebrochen ist. Weniger nett ausgedrückt könnte man von einem gerade tobenden Uhrenkrieg sprechen. Was auch erklärt, warum die Objekte der Begierde immer schöner, älter, teurer und ausgefallener wurden. Längst geht es bei dem Wettstreit auch weltmeisterlich zu, wie sich im Sommer vergangenen Jahres zeigen sollte.

    Etwa zwei Jahre zuvor schon hatte Matthias Koch die Anfrage erhalten, was er denn so an mechanischen Uhren auf Lager hat, die man nur monatlich aufziehen muss. Am besten noch seltener. Matthias Koch, der das Geschäft Anfang der 90er Jahre von seinem Vater übernommen hatte, machte sich auf die Suche. Wie sich herausstellte, betrug das längste „noch weniger“ vier Jahre. Einmal aufziehen, vier Jahre tickt's – das Kunststück bringt eine Bodenstanduhr aus dem baden-württembergischen Haigerloch zustande. Der Langläufer unter den Uhren begnügt sich mit einer schlichten Bezeichnung: NL 500.

    Vier Jahre also. Ein Rekord. Aber auch eine Begrenzung, die man im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bekanntlich nicht so gerne hat. Weshalb aus Nordamerika bald ein neuer Auftrag kam: Nichts gegen die vier Jahre, aber warum nicht zwei- oder dreimal so lange?

    Matthias Koch, dessen 46-jähriges Uhrmacherherz im Zweifelsfall immer für antike Modelle schlägt, machte sich auf, mit einer neuen Uhr in neue Sphären vorzudringen: Er überlegte, rechnete, tüftelte, probierte aus. Am Ende der Überlegungen stand ein Uhrwerk, das zehn Jahre läuft. Zum Preis x, der lieber nicht in der Zeitung stehen soll.

    Die Zehnjahresuhr mit Kirschbaumholz-Gehäuse kommt mit den handelsüblichen Maßen einer englischen Bodenstanduhr des ausgehenden 18. Jahrhunderts aus: Der Weltmeister ist 2,33 Meter hoch, 45 Zentimeter breit, 35 Zentimeter tief und um die 100 Kilo schwer. Sich innerhalb dieses normalen Rahmens zu bewegen, ist schon mal das erste Kunststück: Technisch ließe sich auch eine Uhr bauen, die 100 Jahre nonstop läuft – nur würde die dann wahrscheinlich auch 100 Meter in die Höhe ragen.

    Bei der Volkacher Uhr sorgen vier Gewichte für den Antrieb. Jedes der vier Antriebsräder benötigt 2083,3 Stunden für eine Umdrehung. Damit sinken die Gewichte täglich gerade einmal um winzige 0,36 Millimeter.

    Das Zauberwort – neben der Anzahl der Räder – heißt Präzision: „Ausschlaggebend ist, dass man absolut genau arbeitet“, so der Volkacher Uhrmachermeister. Wobei sich die Genauigkeit allein für die 22 Kugellager im Bereich eines dreifach geteilten Haares bewegt.

    Nach einem halben Jahr Entwicklungszeit machte sich der Volkacher auf nach Haigerloch bei Stuttgart, um dort die vorhandene Präzisionstechnik zu nutzen. 400 Arbeitsstunden später war es vollbracht, das neue Wunderlaufwerk gab sein erstes Ticken am 9. September von sich und darf nun die Bezeichnung „längste laufende mechanische Bodenstanduhr der Welt“ tragen.

    In diesen Tagen verlässt die Weltrekorduhr ihr Geburtsland, um dafür zu sorgen, dass das Pendel für seinen Besitzer kräftig ausschlägt – in Richtung Amerikas Uhrensammler Nummer eins.

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