Das kleine, gelbe Schild mit dem schwarzen Posthorn hängt über dem Eingang in der Schönbornstraße. Nicht weit weg davon prangt das schmiedeeiserne Portal. Auf dem Emailschild steht "Emil Renner Schlosserei Installation." Das Geschäftshaus ist seit 80 Jahren ein Familienunternehmen. Im "Haus der Geschenke", wie es heißt, werden seit Anfang des Jahres nicht mehr nur Haushaltswaren, Gläser, Porzellan, Schlüssel, Werkzeuge oder Gartenmöbel verkauft, sondern auch Briefmarken.
Im Nebenraum des großzügigen Ladens steht Peter Fechner hinter einem Tisch, nimmt Pakete entgegen, sortiert Briefe oder wiegt Päckchen. Viel zu tun ist auch an diesem Vormittag, es vergeht kaum eine Minute, in der nicht ein Kunde kommt. "Herr Oberpostrat, Guten Morgen", sagt Pfarrer Hermann-Josef Schöning zum Handwerksmeister und nimmt sich Briefmarken mit.
"Die ersten drei Tage waren Wahnsinn"
Peter Fechner "Oberpostrat" in Wiesentheid
Wie Peter Fechner zu diesem Titel und zur Filiale kam, berichtet er. "Wir haben uns nicht beworben." Die Deutsche Post sei an ihn heran getreten, habe sich den Platz und die Parkplätze vor dem Geschäft angeschaut. Dann wurde ihm das Angebot bereitet, Fechner bekam acht Tage Bedenkzeit - und sagte zu.
Den dunklen Pullover und die Hose wird Fechner bald wieder gegen den Blaumann tauschen. "Ich will ja Handwerker bleiben, Heizungen reparieren und wieder Wasserleitungen einrichten", sagt der Installateur-Meister. Seine Frau Christiane und seine Tochter Maria Christina sollen in Zukunft das "neue Wiesentheider Postamt" betreiben. Für die ersten Wochen ist der Postbeamte Reiner Klemm im Laden dabei und hilft.
"Die ersten drei Tage waren Wahnsinn. Am Montag waren einige da, die sich den Ersttags-Stempel abholten", staunte Fechner über den Andrang zu Jahres- und Geschäftsbeginn. Da müsse man sich wirklich wundern, warum das Postamt in Wiesentheid dicht machte. Eine kurze Einweisung habe er in die Post-Arbeit bekommen. "Das ist ein Geschäft wie jedes andere auch. Man muss verkaufen und mit Geld und Leuten umgehen." Alle Leistungen wie vorher im Postamt werden geboten. Vom Postsparbuch kann in der "Partnerfiliale", wie es offiziell heißt, auch Geld abgehoben werden.
Die Kunden sind an die früheren Post-Öffnungszeiten gewohnt. Unter Mittag komme kaum einer, berichtet Peter Fechner. Deswegen wird von Montag bis Freitag zukünftig von 8 bis 12 Uhr und dann von 14 bis 18 Uhr offen sein. Samstags ist von 8 bis 13 Uhr geöffnet.