Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kitzingen
Icon Pfeil nach unten

Schwarzenau: Ein Jahr Hochwasser-Flut: Schwarzacher Raritäten-Gärtnerei bereitet sich auf die nächste Welle vor

Schwarzenau

Ein Jahr Hochwasser-Flut: Schwarzacher Raritäten-Gärtnerei bereitet sich auf die nächste Welle vor

    • |
    • |
    Die Schwarzacher Raritätengärtnerei in Sichtweite der Klostertürme: Der ehemalige Chef Veit Plietz (rechts) mit seinem Nachfolger Martin Schäfer vor dem Gewächshaus, das nach einem Sturm erneuert werden musste.
    Die Schwarzacher Raritätengärtnerei in Sichtweite der Klostertürme: Der ehemalige Chef Veit Plietz (rechts) mit seinem Nachfolger Martin Schäfer vor dem Gewächshaus, das nach einem Sturm erneuert werden musste. Foto: Frank Weichhan

    Die Apokalypse steckt noch in den Knochen. Vor knapp einem Jahr, Anfang Juli, soff die Schwarzacher Raritäten-Gärtnerei einfach ab. Ein Hochwasser und die gesamte Existenz stand auf dem Spiel. Das Wasser kam schnell, breitete sich mit Macht aus, ergoss sich über das angrenzende Maisfeld und überschwemmte schlagartig die Gärtnerei. Aus einem Starkregen war an vielen Orten im Landkreis eine Katastrophe geworden. Für die Gärtnerei schlug ein Verlust von 20.000 Euro zu Buche, der wenig später – weil es zunächst keine staatliche Hilfe gab – über ein Crowdfunding-Projekt, also Spenden über das Internet, zumindest einigermaßen wieder aufgefangen werden konnte.

    Knapp ein Jahr später. Nichts deutet mehr darauf hin, dass die Gärtnerei, die 50 Meter entfernt vom Silberbach fast schon idyllisch liegt, um ein Haar den Bach runtergegangen wäre. Vor allem für Martin Schäfer stand alles auf dem Spiel: Er hatte nur Monate zuvor von Veit Plietz dessen Demeter-Gärtnerei übernommen. Plietz war über drei Jahrzehnte ein Öko-Pionier im Landkreis gewesen, in Sichtweite der Münsterschwarzacher Klostertürme stellte er die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt seiner Arbeit und hilft auch heute noch in der Gärtnerei mit.

    Hochwasser als ständiger Begleiter

    Im Juli 2021 stand die Schwarzacher Raritätengärtnerei nach Starkregen unter Wasser.
    Im Juli 2021 stand die Schwarzacher Raritätengärtnerei nach Starkregen unter Wasser. Foto: Martin Schäfer

    Für beide steht seither eine Frage im Raum: Was tun, damit man so etwas nicht noch einmal erleben muss? Wie schafft man es, nie wieder weggespülte Felder sehen zu müssen? Keine zwei Drittel des Anbaus zu verlieren? Der gängige Glaube, dass ein solches Hochwasser nur alle 100 Jahre mal kommt, ist längst verloren gegangen. Schon deshalb, weil es 2013 in Schwarzach schon einmal ein verheerendes Hochwasser gegeben hatte. Hochwasser scheint ein ständiger Begleiter zu werden.

    Und so versuchen die beiden Männer gegenzusteuern und zumindest das zu tun, was in ihrer Macht steht. Veit Plietz engagiert sich bei der örtlichen Hochwasserschutz-Initiative, die Hilfe und Schutz einfordert. Die nicht müde wird, der Politik immerzu mit einer entscheidenden Frage zu konfrontieren: Wenn jetzt keine Schutzmaßnahmen getroffen werden, wann denn dann?

    Wie so ein Schutz aussehen könnte, lässt sich am Rande der Gärtnerei-Felder sehen: Nur wenige Meter entfernt von dem Bach, dessen Rinnsal so unglaublich schnell zur Flut werden kann, steht ein Schild mit der Aufschrift "Agroforstwirtschaft". Es ist der erste Schritt zur Umgestaltung des Geländes, um mehr Schutz für Haus, Hallen und Felder zu bekommen. Die Idee ist im Grunde simpel: Es geht um "das Miteinander von Landwirtschaft und Bäumen", wie es auf dem Schild weiter heißt. Damit soll das Ende der kaum zu überblickenden Felder eingeläutet werden. Es wird kleinteiliger, Bäume oder Sträucher wechseln sich mit Anbaufläche ab.

    Gewächshaus als Sturm-Opfer

    Die Vorteile liegen für Martin Schäfer auf der Hand: Mehr Bäume bedeuten mehr Klimaschutz. Mischkulturen bedeuten mehr Ertrag. Mehr Biodiversität. Dazu Wind- und Erosionsschutz – und mögliches Hochwasser wird vielleicht besser aufgehalten. Und es sieht obendrein einfach besser aus. Wie dringend solche Maßnahmen sind, erlebte der Gärtnerei-Besitzer zuletzt im Februar: ein Sturm fegte über die Anlage und ließ von der Plane eines Gewächshauses nur noch Fetzen zurück.

    Die Raritäten-Gärtnerei wäre nicht die Raritäten-Gärtnerei, wenn es auf dem Weg zur Agroforstwirtschaft nicht einige Überraschungen gäbe. Neben Bäumen werden deshalb Beerensträucher gepflanzt. Auf den Streifen, die die Felder unterbrechen, finden sich deshalb auch Feigen, Kiwis und Granatäpfel. Keine fränkischen Urgesteine, aber interessante Neuzugänge, bei denen auch darauf geachtet wurde, dass sie mit Trockenheit und Hitze zurechtkommen.

    Testlauf seit dem Frühjahr

    In der Schwarzacher Raritätengärtnerei wird jetzt Agroforstwirtschaft betrieben.
    In der Schwarzacher Raritätengärtnerei wird jetzt Agroforstwirtschaft betrieben. Foto: Frank Weichhan

    Ein entsprechender Testlauf startete jetzt im Frühjahr. Zunächst kommt das neue Anbausystem auf sechs Beetreihen auf einer Länge von jeweils zehn Metern zum Einsatz. Nach und nach soll dann weiter umgerüstet werden. Wenn man so will, eine Art Bereinigung der Flurbereinigung. Dadurch werde auch die Maschinenarbeit reduziert, betont Martin Schäfer. Dadurch könne der Boden besser durchwurzeln und halte so die Erde besser fest. "Das ist auf alle Fälle bodenschonender", betont der Gärtner.

    Er ist dabei für alles offen: Wer mit wem auf den neuen Streifen harmoniert, wer wem Schatten spendet und wo sich Synergien ergeben – das soll nach und nach herausgefunden werden. Denkbar ist inzwischen fast alles, selbst der Ingwer hat sich inzwischen in Schwarzach etabliert. Überhaupt gibt es in der Gärtnerei scheinbar nichts, was es nicht gibt: Die blutreinigende Pimpinelle steht neben dem Echten Benediktinerkraut, Römischer Schild-Ampfer neben Currystrauch, Erdbirne und Sizilianischem Majoran.

    Und dann ist da noch so ein Neuzugang: Artemisia, ein Beifuß, der als Heilpflanze der Götter gilt. Weshalb es auch geradezu göttlich wäre, wenn es stimmt, dass das Kraut bei Covid-19 helfen könnte. Noch ist das aber nicht erwiesen; gegen schwere Erkältungen hilft die Pflanze mit ihren 400 heilsamen Inhaltsstoffen aber ganz gewiss. Weshalb die Raritäten-Gärtnerei am Ortsrand von Schwarzach wieder einmal zeigt, dass tatsächlich so ziemlich gegen alles ein Kraut gewachsen ist.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden