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Kitzingen: Ein Jahr Kitzinger Montessori-Schule: Hat die alternative Schulform Freunde gefunden?

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Ein Jahr Kitzinger Montessori-Schule: Hat die alternative Schulform Freunde gefunden?

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    Das Montessori-Material macht Mathe begreifbar: Luke, Jonathan und Johannes arbeiten jahrgangsübergreifend Hand in Hand. 
    Das Montessori-Material macht Mathe begreifbar: Luke, Jonathan und Johannes arbeiten jahrgangsübergreifend Hand in Hand.  Foto: Diana Fuchs

    Drei Jungs wühlen in einem Hochbeet vor der Schule herum. Reflexartig will man sie fragen: "Was macht ihr da?" Wer das Trio kurz beobachtet, kann die Antwort selbst geben: Die Buben bestimmen die Pflanzen im Beet, ihre Ergebnisse notieren sie auf einem Block. Die jungen Forscher befinden sich an Kitzingens erstem alternativen Lernort für Grundschüler. Zu den 18 bekannten Grundschulen hat sich 2022 eine private Montessori-Schule gesellt. Knapp 30 Erst- bis Drittklässler lernen dort aktuell. Ein Besuch im Kitzinger Gewerbegebiet Innopark.

    Das Schulhaus grenzt an eine Streuobstwiese. Betritt man das Gebäude, zieht man an der Garderobe die Straßenschuhe aus und Latschen an. Vom einstigen Fabrikhallen-Flair ist nichts mehr zu spüren. Hell und hoch ist der große Raum, in dem sich Schreibtische, Stühle und Regale befinden, aber auch Sitznischen und Leseecken. Überall sieht man Kinder und Erwachsene rechnen, schreiben und kommunizieren, trotzdem ist die Lautstärke gut erträglich – Schallschutz-Elementen an der Decke sei Dank.

    Susette Schuster verzichtet schon immer aufs Lehrerpult

    Henri führt Susette Schuster seine Rechenkunst mit Montessori-Material vor.
    Henri führt Susette Schuster seine Rechenkunst mit Montessori-Material vor. Foto: Diana Fuchs

    Susette Schuster, 66 Jahre, sitzt mit einigen Kindern zusammen. Die Schüler haben eine Geschichte geschrieben und selbst illustriert. Stolz lesen sie der Lehrerin ihr Werk vor. Schuster lächelt. "So wollte ich immer arbeiten", sagt sie. "Ich wollte nicht vorne sitzen und dozieren – deshalb gab es bei mir auch kein Pult – sondern mittendrin unterstützen statt belehren."

    44 Jahre lang, bis zu ihrer Pensionierung im Sommer 2022, war Susette Schuster Grundschullehrerin – 36 Jahre davon in Kitzingen. Tausende Kinder hat sie auf dem Weg in weiterführende Schulen begleitet. "Für Maria Montessori und alternative Ansätze fürs Unterrichten habe ich mich schon immer interessiert", sagt die Vielgereiste, die Grundschulen auf allen Kontinenten besucht hat. "Als junge Lehrerin habe ich gedacht, ich könnte die Schule quasi von innen reformieren", erzählt sie. "Das hat nicht immer zufriedenstellend geklappt."

    Schulleiterin Julia Wittauer sitzt inmitten von Schülerinnen im Mittagskreis.
    Schulleiterin Julia Wittauer sitzt inmitten von Schülerinnen im Mittagskreis. Foto: Diana Fuchs

    Gute Erfahrungen hat sie in den letzten zwölf Berufsjahren gemacht, als sie in St. Hedwig eine flexible Klasse von Erst- bis Drittklässlern leitete. "Das Jahrgangsübergreifende mag ich sehr." Deshalb zögerte sie nicht und engagiert sich seit ihrer Pensionierung in der Montessori-Schule.

    Die Montessori-Grundschule unterliegt denselben Richtlinien und Lehrplänen wie alle Grundschulen in Bayern. Allerdings hat sie ein anderes pädagogisches Konzept. Die Kinder lernen zu einem großen Teil in Freiarbeit mit besonderen Materialien, die Maria Montessori einst entwickelt hat, und in jahrgangsgemischten Klassen. "Ältere und jüngere Kinder lernen spielerisch voneinander", weiß Susette Schuster.

    In Regelklassen gehe durch die "Vergleicherei" der Schüler untereinander viel Elan bei vermeintlichen Schwächeren verloren. "Viel sinnvoller ist es, jedem Kind die Chance zu geben, selbst die Lösung zu finden. Ich stoße an, bremse auch mal aus, lupfe an... und am Ende hat jedes Kind ein Erfolgserlebnis, das ihm die Begeisterung und Freude am Lernen erhält."  

    Auch in der Regelschule umsetzbar?

    Erstklässler Luke (7) freut sich, dass der große Jonathan (9) ihm oft hilft.
    Erstklässler Luke (7) freut sich, dass der große Jonathan (9) ihm oft hilft. Foto: Diana Fuchs

    Die Pädagogin ist sicher: Diese Art zu lernen, täte auch der Regelschule gut. "Es ist nicht so, dass Frontalunterricht immer verkehrt ist. Aber das System, alle machen zur gleichen Zeit Dasselbe, entspricht nicht mehr heutigen Kenntnissen der Lern- und Entwicklungspsychologie." 

    Und was sagen die Schulkinder selbst? Keiner würde "die Monti" gegen seine  frühere Schule tauschen. Lina (10) aus Iphofen findet es "toll, dass ich selbst entscheiden kann, was ich heute lernen will". Joela (9) aus Kitzingen stellt fest: "Mir macht die Schule hier mehr Spaß als früher." Der gleichaltrige Mainstockheimer Jonathan betont, wie cool er das offene Raumkonzept findet: "Man darf sich immer bewegen." Das ist auch für Henri ein Argument. Und: "Man kann aufstehen, trinken und hat nachmittags keine Hausaufgaben." Philina (9) aus Rödelsee ist begeistert vom Montessori-Material: "Damit verstehe ich alles viel besser." Erstklässler Luke (7) mag besonders die Tatsache, "dass man auch mit Älteren zusammen lernt". 

    Erstklässler Henry und seine Schulbegleiterin Fatima machen ein Zahlenspiel.
    Erstklässler Henry und seine Schulbegleiterin Fatima machen ein Zahlenspiel. Foto: Diana Fuchs

    Im kommenden Schuljahr wird die Schülerzahl von 30 auf 50 steigen. Insgesamt wird die Grundschule in den kommenden Jahren auf vier Lerngruppen mit 96 Kindern wachsen. In Planung ist zudem eine weiterführende Schule, die in den nächsten Monaten beantragt und im Schuljahr 2024/25 eröffnet werden soll, sowie ein Montessori-Kindergarten. Passende Gebäude sind rund um die Streuobstwiese vorhanden. 

    Montessori-Schule KitzingenTräger: Aus dem im März 2020 gegründeten Verein Montessori Kitzingen ist eine gemeinnützige GmbH geworden: die Montessori Kitzingen gGmbH. Sie ist Trägerin der Schule am Steigweg 24 im Innopark Kitzingen. Geschäftsführer sind Annika Reith-Herrmann und Sigurd Herrmann. Der Verein wird derzeit in einen Förderverein umgewandelt.
    Personal: In der Schule arbeiten aktuell neben Leiterin Julia Wittauer weitere drei Lehrer/Lernbegleiter sowie drei angestellte Schulbegleiterinnen.
    Kosten: Die Montessori-Schule ist eine Privatschule und kostet beim ersten Kind höchstens 250 Euro Schulgeld im Monat.
    Kontakt: mail@montessori-kitzingen.de, Tel.: 0170/ 448 40 97.Quelle: ldk

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