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Kitzingen: "Es muss aufhören, dass die Hälfte eines Jahrgangs studiert": Wirtschaftsförderer des Landkreises hält Plädoyer für das Handwerk

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"Es muss aufhören, dass die Hälfte eines Jahrgangs studiert": Wirtschaftsförderer des Landkreises hält Plädoyer für das Handwerk

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    Timo Rögele versteht sein Handwerk: Mit Videos in den sozialen Medien will der junge Metzgermeister aus Gnodstadt zeigen, wie kreativ sein Beruf ist.
    Timo Rögele versteht sein Handwerk: Mit Videos in den sozialen Medien will der junge Metzgermeister aus Gnodstadt zeigen, wie kreativ sein Beruf ist. Foto: Daniel Peter

    Man braucht bloß einen Blick auf die Schlagzeilen der vergangenen Jahre zu werfen: "Lehrlingsmangel geht weiter" (2022), "Handwerkermangel erreicht Rekordniveau" (2023), "Ausbildungen: Ein deutsches Erfolgsmodell wankt" (2024) oder ganz aktuell "Düstere Lage im bayerischen Handwerk" – schon weiß man, wo der Schuh drückt.

    In Unterfranken und auch im Landkreis Kitzingen sieht Wirtschaftsförderer Frank Albert das Handwerk zwar immer noch solide aufgestellt. Die Geschäftslage sei stabil und habe sich zuletzt "erfreulicher" entwickelt als in der Industrie und im Einzelhandel. Aber eine Insel der Seligen ist die Region keineswegs. Denn auch im Handwerk klafft eine deutliche Lücke zwischen dem verfügbaren Personal und dem Bedarf der Betriebe. Fast überall fehlen Azubis.

    Wenige Handwerker erwarten 2025 einen Aufschwung

    Frank Albert ist seit vier Jahren Wirtschaftsförderer am Kitzinger Landratsamt. Er sagt: "Handwerk hat goldene Zeiten."
    Frank Albert ist seit vier Jahren Wirtschaftsförderer am Kitzinger Landratsamt. Er sagt: "Handwerk hat goldene Zeiten." Foto: Max Tischler

    Besonders ausgeprägt ist dieser Saldo laut Albert im Kfz-Gewerbe, der Nahrungsmittelbranche und im Gesundheitssektor. Nicht zuletzt deshalb blickt das unterfränkische Handwerk skeptisch nach vorne: Fast 30 Prozent der Betriebe befürchteten für 2025 eine Verschlechterung der Lage, einen Aufschwung erwarteten nur sechs Prozent. Das legen Daten der Handwerkskammer für Unterfranken nahe, auf die Albert sich jetzt in der Sitzung des Kreis-Wirtschaftsausschusses berief.

    Seit vier Jahren ist Albert der Mann, der im Kitzinger Landratsamt die Fäden der regionalen Wirtschaft zusammenhält, der Zahlen und Fakten deutet und in Botschaften packt. Eine davon lautet: "Es muss aufhören, dass die Hälfte eines Jahrgangs zum Studieren geht." So hat es Albert vor den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses formuliert – und Landrätin Tamara Bischof saß daneben auf dem Podium und widersprach nicht.

    Eine junge Schreinergesellin arbeitet im Sommer 2023 in der Kitzinger Berufsschule an ihrer Arbeitsprobe.
    Eine junge Schreinergesellin arbeitet im Sommer 2023 in der Kitzinger Berufsschule an ihrer Arbeitsprobe. Foto: Mathias Thiemel

    Man muss es als Zeichen von Trotz und Mut sehen, dass der Landkreis gerade 27 Millionen Euro in die Sanierung der Kitzinger Berufsschule steckt – eine Investition auch in die Zukunftsfähigkeit der Region. Denn bei aller Schwarzmalerei ist Albert überzeugt: "Handwerk hat goldene Zeiten." Und: "Handwerker sind die Ingenieure von morgen."

    Die Wirtschaft in Mainfranken investiert weiter spärlich

    Insofern könnte auch die mainfränkische Wirtschaft davon profitieren, die sich nach Alberts Worten weiterhin in einer Phase der Unsicherheit und Zurückhaltung befindet. Geld fließt im Wesentlichen in Ersatzbeschaffungen, nicht in Innovationen. Jedes vierte Unternehmen wird wohl weniger investieren, 17 Prozent der Betriebe planen 2025 nach der IHK-Konjunkturanalyse überhaupt keine Investitionen in den jeweiligen Standort.

    Das deckt sich in etwa mit der Einschätzung der Geschäftslage: Nur ein Viertel der Unternehmen bezeichnet die eigene Situation als gut, der Konjunkturklimaindex liegt mit 97 Punkten weiterhin unterhalb der Wachstumsschwelle.

    Eine Trendwende erwarten die Betriebe nicht. "Die mainfränkische Wirtschaft stagniert und steckt in einer Strukturkrise", erklärt Albert. Um so wichtiger sei nun, dass die neue Bundesregierung wieder Vertrauen schaffe. Denn mangelnde politische Stabilität sei derzeit das größte Risiko und vielerorts ein Hemmnis für Investitionen.

    Zehn Prozent mehr Arbeitslose binnen eines Jahres

    Die von Albert vorgelegten Arbeitsmarktdaten lassen den Schluss zu, dass sich auch im Landkreis Kitzingen die Lage eintrübt. Die Zahl der Arbeitslosen ist binnen Jahresfrist um knapp zehn Prozent auf 1754 gestiegen, die Quote lag im Februar bei 3,2 Prozent. Gleichzeitig ging die Zahl der gemeldeten offenen Stellen kontinuierlich zurück, Tendenz weiter sinkend. 1136 Stellen sind demnach im Landkreis unbesetzt.

    Der Saldo zwischen Arbeitssuchenden und offenen Stellen ist vielerorts schwer auszugleichen, weil die Profile oft nicht deckungsgleich sind. "Dem Zahnarzt", sagt Albert, "ist ja nicht mit einem angelernten Lageristen gedient."

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