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Kitzingen: Schulsanierung in Kitzingen: 27 Millionen gegen den Fachkräftemangel

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Schulsanierung in Kitzingen: 27 Millionen gegen den Fachkräftemangel

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    Abschlussprüfung im Januar 2020 für Auszubildende zum Hotel- und Restaurantfachmann. In diesem Bereich verzeichnet die Berufsschule Kitzingen mit den größten Rückgang.
    Abschlussprüfung im Januar 2020 für Auszubildende zum Hotel- und Restaurantfachmann. In diesem Bereich verzeichnet die Berufsschule Kitzingen mit den größten Rückgang. Foto: Ralf Dieter

    Es ist eine gewaltige Summe: 27 Millionen Euro! So viel wird nach Berechnungen die Generalsanierung der Kitzinger Berufsschule kosten, die im August 2022 beginnen soll und die zum Großteil der Landkreis bezahlt. Gut angelegtes Geld, wie Landrätin Tamara Bischof findet. Von einer „Investition in die Zukunft unserer jungen Leute und den Wirtschaftsstandort Kitzingen“ sprach Bischof am Mittwoch in der Sitzung des Kreis-Bildungs- und Sozialausschusses. Die Mitglieder hatten sich zuvor selbst ein Bild vom Zustand der Berufsschule gemacht, die 1957 erbaut und Anfang der Siebzigerjahre erweitert wurde.

    Wie wichtig die Investition ist, hat weniger der bauliche Zustand des Gebäudes gezeigt, der erstaunlich gut ist. Die Baustellen warten an ganz anderer Stelle. Erst kürzlich hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) Alarm geschlagen und in einer Zeit, da Fachkräfte wegen des verstärkten Klimaschutzes dringend gebraucht würden, vor einem akuten Mangel gewarnt. Weil auf absehbare Zeit gut ausgebildete Handwerkerinnen und Handwerker fehlen, drohten auch Klimaziele zu scheitern. „Irgendwer“, so wurde ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer zitiert, „muss schließlich die Solardächer und Ladesäulen installieren oder Gebäude energieeffizient sanieren.“ Laut Wollseifer waren bis Ende August im deutschen Handwerk rund 28 000 Lehrstellen für das bereits angelaufene Ausbildungsjahr 2021 noch nicht besetzt. „44 Prozent unserer ausbildungswilligen Betriebe suchen noch händeringend Auszubildende.“

    Die Mitglieder des Kreis-Bildungs- und Sozialausschusses stellten bei einem Rundgang fest, dass die Kitzinger Berufsschule immer noch in erstaunlich gutem Zustand ist.
    Die Mitglieder des Kreis-Bildungs- und Sozialausschusses stellten bei einem Rundgang fest, dass die Kitzinger Berufsschule immer noch in erstaunlich gutem Zustand ist. Foto: Eike Lenz

    Die Zahlen passen zu Beobachtungen, die Frank Delißen, der Leiter des Beruflichen Schulzentrums Kitzingen/Ochsenfurt, gemacht hat. Die Ausstattung der Werkstätten sei in einem „Top-Zustand“, sagt er. Blickt er jedoch auf die Entwicklung der Schülerzahlen, fühlt er Trauer und Wehmut. In den knapp neun Jahren, in denen er jetzt das Schulzentrum leitet, hat sich die Kurve immer weiter abgeflacht: von 2200 Schülerinnen und Schülern im Jahr 2012/13 auf heute 1800. Der Negativtrend zieht sich durch viele Sparten: von den Bank- und Industriekaufleuten bis zu den Floristinnen.

    Kaum noch Köche und Kellner im Genuss-Landkreis

    Am meisten schmerze ihn „im Wein- und Genusslandkreis“ Kitzingen der Rückgang bei den angehenden Winzern, Bäckern, Köchen oder Hotel- und Restaurantfachangestellten. Teils liegen die Sinkraten hier bei 50 Prozent oder mehr. Weniger als ein Viertel so viel junge Leute wie noch 2012/13 macht heute eine Ausbildung zum Bäckerei- oder Konditoreifachverkäufer: ganze 40. Delißen winkt mit dem Zaunpfahl, wenn er sagt: „Wenn diese Berufe von Seiten der Gastronomie aufgewertet und geschätzt werden, hoffe ich, dass wir hier wieder nach vorne kommen.“

    Die elektrischen Sicherungen in der Schreinerwerkstatt, auf die Kreisrat Josef Mend hier einen Blick wirft, stammen noch aus der Bauzeit der Schule Ende der Fünfzigerjahre.
    Die elektrischen Sicherungen in der Schreinerwerkstatt, auf die Kreisrat Josef Mend hier einen Blick wirft, stammen noch aus der Bauzeit der Schule Ende der Fünfzigerjahre. Foto: Eike Lenz

    Die Mittelschule war einmal die Kraftquelle, aus der das Handwerk verlässlich sein Potenzial schöpfen konnte. Aber auch dort zeigen sich düstere Trends, auch dort sinken seit Jahren die Schülerzahlen. Manche können sich nur noch über Wasser halten, weil sie sich mit anderen zusammengeschlossen haben. Und die Antworten, die das Landratsamt im März 2021 bei einer Erhebung in den Abschlussklassen 9 und 10 aller sieben Mittelschulen des Kreises bekommen hat, geben wenig Anlass zu Euphorie. Bei den Jungen entscheiden sich zwar immer noch 58 Prozent nach der Schule direkt für eine betriebliche Lehre, bei den Mädchen sind es aber nur noch 18 Prozent. Der Rest will sich erst einmal weiter beschulen und qualifizieren lassen – spätere Karriere an der Uni nicht ausgeschlossen.

    Einen Großteil der Kosten muss der Landkreis tragen

    Der Landkreis kann in diesen Kreislauf nur bedingt eingreifen. Doch die Millionen, die er in den nächsten Jahren in die Berufsschule und damit in die Zukunft vieler junger Menschen steckt, sind ein Zeichen – so wollte es die Landrätin auch verstanden wissen. Dass das Votum im Bildungsausschuss einstimmig zustande kam (Kreisausschuss und Kreistag müssen die Entscheidung noch bestätigen), wertete sie als weiteres starkes Signal. Einen Teil der Investition wird der Kreis zwar über staatliche Zuschüsse erstattet bekommen, wie viel ist noch nicht bekannt. Den Löwenanteil der 27 Millionen Euro muss er aber selbst tragen. „Es ist die zweitgrößte Investition des Kreises nach dem Umbau und der Erweiterung der Klinik“, sagt Tamara Bischof.

    Schon 2018 hatte der Kreistag das umfangreiche Projekt auf den Weg gebracht. Dass sich der Landkreis im Streit um die Kosten mit den ersten Planern überwarf und das Büro wechselte, verzögerte die Sache. Anfang September kam dann die Kostenberechnung der Architektengemeinschaft aus Weimar und Nürnberg auf den Tisch: 27,1 Millionen Euro; eine große Zahl, so Bischof. Im Vergleich mit ähnlichen Projekten in anderen Regionen aber immer noch im Rahmen, „anderswo geht es bei 30, 40 Millionen Euro los“.

    In den Katakomben befindet sich die Hackschnitzelheizung, die seit 2010 nicht nur die Berufsschule, sondern das gesamte Schulzentrum (außer der Realschule) versorgt.
    In den Katakomben befindet sich die Hackschnitzelheizung, die seit 2010 nicht nur die Berufsschule, sondern das gesamte Schulzentrum (außer der Realschule) versorgt. Foto: Eike Lenz

    Wo das Geld herkommen soll, machte Kreiskämmerer Toni Orth deutlich. Acht Millionen Euro hat der Kreis schon in den vergangenen drei Jahren auf die hohe Kante geschafft, die weiteren 19 Millionen sollen in den Jahren 2023 bis 2026 abgezweigt werden. Wenn keine weiteren Verzögerungen passieren, könnte es im August 2022 mit dem Projekt losgehen. Kreisbaumeister Joachim Gattenlöhner schätzt die Bauzeit auf etwa vier Jahre.

    Mit im Programm ist eine gut 300 Quadratmeter große und eine Million Euro teure Mensa, die im Erdgeschoss angehängt wird. Dafür verzichtet der Landkreis auf die im Untergeschoss geplante Bibliothek und lässt auch den Ölheizkessel in Betrieb; er wird neben der 2010 installierten Hackschnitzelheizung sowieso nur für Spitzenlasten an wenigen Tagen im Jahr gebraucht, ein Tausch gegen eine Gasheizung käme unverhältnismäßig teuer.

    Bischof machte klar, dass es „unser Ansporn“ sei, die Baukosten keinesfalls zu überschreiten. Die Antwort eines der Architekten: „Das bringt das Leben als Ansporn mit.“

    Das bietet die Berufsschule in Kitzingen und OchsenfurtRund 1800 Schüler in 80 Klassen, 1150 am Standort Kitzingen, 650 in Ochsenfurt, das ist die Berufsschule Kitzingen/Ochsenfurt. Mehr als 20 Berufe können junge Leute an den beiden Standorten erlernen. In Kitzingen befinden sich der Bereich von Gastronomie-, Bäckerei- und Konditorenhandwerk, drei sogenannte Kompetenzbereiche, die in den Berufsschul-Reformjahren 2006 bis 2008 hier etabliert wurden. Auch die Schreinerwerkstätten und der Bereich Holzverarbeitung ist in Kitzingen angesiedelt. Ochsenfurt beheimatet die grünen Ausbildungsberufe wie Landwirte, Gärtner oder Floristen.Kostenträger für Gebäude und Einrichtung in Kitzingen ist allein der Landkreis Kitzingen, in Ochsenfurt ist das der Landkreis Würzburg. Oberstudiendirektor Frank Delißen (62), ausgebildeter Bäcker und studierter Ernährungswissenschaftler und Theologe, leitet seit Juni 2013 das Staatliche Berufliche Schulzentrum, zu dem neben der Berufsschule die Fachschulen Kitzingen/Ochsenfurt und die Kitzinger Wirtschaftsschule gehören.Quelle: Staatliche Berufsschule KT

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