Sie hatten eine Menge Arbeit und haben sich tief in ein Thema eingearbeitet. Im Rückblick sind sie froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Rosalie Steinmeyer, Benedikt Braun und alle anderen Schüler der 13. Klasse der FOS in Kitzingen wissen jetzt, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert.
Die Schulwege in Deutschland sind vielfältig und offen. Nicht jeder Schüler nimmt den direkten Weg in Richtung Uni oder FH. Ein Weg führt über die Fachober- beziehungsweise Berufsoberschule (FOS/BOS). Dort wird nicht nur Theorie vermittelt, sondern auch ganz praktisches Wissen. Außerdem werden die Schüler auf das Arbeiten an der Uni beziehungsweise der Fachhochschule vorbereitet. 34 Schülerinnen und Schüler präsentierten kürzlich ihre Seminararbeiten. Mittendrin: Die 19-jährige Rosalie Steinmeyer aus Kitzingen und der 20-jährige Benedikt Braun aus Fahr.
Vorträge finden große Resonanz
Nach den Abschlussprüfungen für die 12. Jahrgangsstufe starteten die Vorbereitungen für die Seminararbeiten. Sechs Wochen lang ging es um den theoretischen Aufbau. Wie kommt man an die richtigen Quellen, wie wird ordnungsgemäß zitiert? Nach den Sommerferien musste ein Thema festgelegt werden, dann ging es an die eigentlich Arbeit. „Es war eine harte Zeit“, erinnert sich Rosalie. Die Weihnachtsferien hat sie durchgearbeitet, um ihre 15 bis 20 Seiten rechtzeitig abgeben zu können. Das Thema konnte sich die 19-Jährige, die den Ausbildungsbereich Wirtschaft gewählt hat, relativ frei wählen. Auch wenn der Titel etwas sperrig klingt (Analyse der Auswirkungen von Instagram auf das Körperbild junger Frauen unter besonderer Berücksichtigung der Body-Positivity-Bewegung)– versichert Fachlehrer Matthias Axmann, dass ihr Vortrag große Resonanz fand.
Ausgangspunkt der Recherchen war ein Artikel im Wall-Street-Journal, in dem es hieß, dass jede dritte Frau ihren eigenen Körper mit skeptischen Augen betrachtet. „Kein Wunder“, sagt Rosalie. „In den sozialen Medien wird den Frauen ja auch immer ein vermeintlich perfektes Bild suggeriert.“ Die 19-Jährige wollte wissen, ob die Erkenntnisse aus den USA auch auf Kitzingen übertragbar sind und startete eine Online-Umfrage. 100 junge Menschen aus der Region beteiligten sich und beantworteten ihre Fragen. Das Ergebnis ihrer Auswertungen bezeichnet Rosalie Steinmeyer als „erschreckend“. Von Selbstzweifeln las sie, von einem großen Druck. Etwa die Hälfte der Befragten gab an, dass sie mit ihrem eigenen Körper nicht zufrieden ist. „Vielen ist der negative Einfluss aus den sozialen Medien durchaus bewusst“, sagt Rosalie Steinmeyer. „Aber abschalten können sie trotzdem nicht.“ Sie selbst hat Konsequenzen gezogen und ihre Kontakte zu einigen Influencern gelöscht. Mehr Aufklärung zu diesem Thema wäre aus ihrer Sicht wünschenswert. „Am besten schon in der Schule.“
Regionaler Akzent
Mit einem ganz anderen Themenbereich hat sich Benedikt Braun beschäftigt. Mit seiner Seminararbeit „Pluralisierung der Lebensstile und Wandel sozialer Milieus – Auswirkungen auf den Wandel im fränkischen Weinbau?“ setzte der Winzersohn einen regionalen Akzent. Nach der Realschule startete Benedikt Braun eine Lehre als Koch, musste aus gesundheitlichen Gründen aber nach einem Jahr abbrechen und meldete sich an der FOS an. „Das war die richtige Entscheidung“, sagt er heute.
Vielfältig seien die Herausforderungen. Benedikt Braun hat sich für den Zweig Sozialwesen entschieden, hat Praktika im Kindergarten, an der Schule und bei einer Ergotherapeutin absolviert. Im letzten halben Jahr beschäftigte er sich intensiv mit den unterschiedlichen sozialen Milieus und ihren Auswirkungen auf den Weinbau. „Die Gesellschaft wird immer individueller und diverser“, erklärt er. Im Weinbau drückt sich das in Angeboten wie veganem oder orange-Wein aus. „Nischenprodukte haben eine größere Anziehungskraft als früher, weil sich die Gesellschaft selbst in unterschiedliche Nischen aufteilt“, erklärt er.
Der gesellschaftliche Wandel beinhalte durchaus Chancen für die Winzer. Voraussetzung sei allerdings, dass sie in ihren Entscheidungen authentisch bleiben und nicht in eine Rolle schlüpfen, die gar nicht ihrem eigenen sozialen Umfeld entspricht.
Am 7. und 8. Februar präsentierten die 34 Schüler – unter Corona-Bedingungen, aber doch in Präsenz – ihre Abschlussarbeiten. Seminarkoordinatorin Annika Klaus lobte die Qualität der Arbeiten. Ob das erlernte Wissen im weiteren Berufsweg angewandt wird? Benedikt Braun kann sich durchaus vorstellen, einmal Weintourismus oder Jura zu studieren, Rosalie Steinmeyer will erst einmal arbeiten und dann möglicherweise auch ein Studium aufnehmen. Das nötige Rüstzeug haben die beiden an der Kitzinger FOS/BOS bekommen.