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Kitzingen: Äpfel verzweifelt gesucht: Wer selbst Apfelsaft machen will, hat es dieses Jahr besonders schwer

Kitzingen

Äpfel verzweifelt gesucht: Wer selbst Apfelsaft machen will, hat es dieses Jahr besonders schwer

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    Eine Kiste voll mit Äpfeln – der Anblick ist in diesem Herbst nicht selbstverständlich. Mancherorts hing wegen des Frostes im Mai kaum eine Frucht am Baum.
    Eine Kiste voll mit Äpfeln – der Anblick ist in diesem Herbst nicht selbstverständlich. Mancherorts hing wegen des Frostes im Mai kaum eine Frucht am Baum. Foto: Daniela Röllinger

    Die Kisten sind randvoll. Rot und grün, klein und groß liegen die Äpfel dicht an dicht. Kein selbstverständliches Bild in diesem Herbst. Es war früh im Jahr warm, die Blüten an den Bäumen haben sich zeitig gebildet, doch vielen hat der noch einmal einsetzende Frost den Garaus gemacht.

    Die Folgen sind jetzt zu spüren: Die Apfelernte ist sehr durchwachsen. Mancherorts hängt kaum eine Frucht am Baum. Andere hängen voll. So wie viele der Bäume auf der Streuobstwiese des Kitzinger Armin-Knab-Gymnasiums.

    Schülerinnen und Schüler ernteten die Äpfel selbst

    Ernten, waschen, putzen, schnippeln, pressen: Konzentration und Muskelkraft waren gefragt am ersten Freitagnachmittag im Oktober auf dem Pausenhof des Armin-Knab-Gymnasiums. Wenige Tage vorher haben die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Lehrer Martin Schwab die Äpfel auf der Wiese geerntet, die der Schule vor knapp 30 Jahren von der Stadt Kitzingen zur Verfügung gestellt wurde. Die Mitglieder des Wahlfachs Schulgarten haben die Bäume gepflanzt, schneiden und pflegen sie.

    Den "normalen" Apfelsaft mag Ludwig nicht, der selbst gepresste aus Äpfeln von der Streuobstwiese dagegen schmeckt dem Fünftklässler.
    Den "normalen" Apfelsaft mag Ludwig nicht, der selbst gepresste aus Äpfeln von der Streuobstwiese dagegen schmeckt dem Fünftklässler. Foto: Daniela Röllinger

    Die Ernte gehört zu den Höhepunkten im Jahreslauf – die Schüler verarbeiten die Früchte eigenhändig zu frisch gepresstem Apfelsaft. So mancher, wie der Fünftklässler Ludwig, fand erst durch die Schulaktion Geschmack daran.  "Den Gekauften hab' ich nicht gemocht", erzählt er. "Aber der hier ist lecker. Der schmeckt nicht so künstlich, sondern richtig nach Äpfeln."

    Ohne Muskelkraft wird es nichts mit dem frisch gepressten Apfelsaft.
    Ohne Muskelkraft wird es nichts mit dem frisch gepressten Apfelsaft. Foto: Daniela Röllinger

    Dieser Geschmack und die Regionalität machen heimischen Apfelsaft zu einem beliebten Produkt. Die Nachfrage ist groß, doch nicht jeder hat einen eigenen Garten oder genügend Bäume, dass sich das Saftpressen lohnt.

    Das Streuobstdorf Markt Herrnsheim und die heimliche "Safthauptstadt" Kleinlangheim

    Eine Alternative bietet die Kulturlandschaft im Landkreis Kitzingen mit ihren Streuobstbäumen. Sie wachsen auf Feldern und Wiesen, in der Flur, entlang der Straßen. Markt Herrnsheim ist sogar von einem ganzen Streuobstgürtel umschlossen, durch den ein Erlebnisweg führt. Über Jahre war das Streuobst Motto eines beliebten Festes.

    Der Lohn harter Arbeit: Frisch gepresster Apfelsaft.
    Der Lohn harter Arbeit: Frisch gepresster Apfelsaft. Foto: Daniela Röllinger

    Drei Einheimische gründeten eine Körperschaft namens "Siaßmoustbanscher" und vermarkteten den Saft aus heimischen Früchten in Flaschen. Dass die Produktion ein wenig eingeschlafen ist, lag an den Corona-Beschränkungen und einem Wechsel der Kelterei, vor allem aber auch in der eher geringen Ernte der vergangenen Jahre. "Aber wir wollen auf jeden Fall weitermachen", versichert Friedrich Ramming. Er weiß: Die Nachfrage ist da.

    Das Kleinlangheimer Motto "Saft aus eigenem Obst" zieht Kunden aus der ganzen Region an

    Die "Safthauptstadt" des Landkreises Kitzingen ist, wenn man so will, Kleinlangheim. Der Obst- und Gartenbauverein hat eine eigene Kelterei. "Wir keltern mit unserem Betrieb als Dienstleister", erklärt Hans-Werner Stier. Heißt: Die Kundschaft bringt ihre Früchte, die dann in Kleinlangheim zu Saft gepresst werden. Birnen und Quitten, vor allem aber Äpfel. Anfang September geht es los, die Keltersaison läuft bis Ende Oktober.

    An jedem Keltertag werden drei Mitarbeiter eingesetzt, die auf Minijob-Basis arbeiten. Der Kunde kann den gesamten Prozess beobachten. Die Kelterei produziert Apfelmost – dabei werden die Äpfel nur gepresst – und Apfelsaft – über eine Erhitzungsanlage und eine Temperatur von zirka 80 Grad. Der Saft wird in 5-Liter-Bag-in-Boxen oder in 1-Liter-Flaschen abgefüllt. "Dabei stellen wir die Beutel zu 100 Prozent und die Kartons/Flaschen je nach Bedarf gegen ein Entgelt zur Verfügung."

    Der Obst- und Gartenbauverein Kleinlangheim bot beim Herbstmarkt am 3. Oktober selbstgepressten Apfelsaft an. Im Bild der Vorsitzende Hans-Werner Stier.
    Der Obst- und Gartenbauverein Kleinlangheim bot beim Herbstmarkt am 3. Oktober selbstgepressten Apfelsaft an. Im Bild der Vorsitzende Hans-Werner Stier. Foto: Dieter Zeller

    Welche Menge Obst muss man haben, damit sich das Saft-Pressen in Kleinlangheim rentiert? So etwa 80 Kilogramm sollten es schon sein, sagt Stier. Daraus lassen sich etwa 50 Liter Saft pressen. Zum großen Stamm der 1500 Kunden, die teils von weit über den Landkreis hinaus kommen, gehören Familien, die sich ihren Jahresvorrat Saft pressen, aber auch Großkunden, die Tausende von Litern pressen lassen, den Saft weiterverkaufen und vermarkten.

    Streuobst im Landkreis Kitzingen: Die Nachfrage übersteigt in diesem Jahr das Angebot bei weitem

    Auch wenn sie noch einige Wochen dauert, spricht der Kleinlangheimer von einer schwachen Saison, genau wie im Vorjahr. 2023 sei es zu trocken gewesen, 2024 habe der Maifrost viele Blüten zerstört. Damit kann also längst nicht jeder Saft machen, bei dem die Vorräte jetzt zur Neige gehen.

    Waschen, putzen, zerkleinern, pressen: Schritt für Schritt stellen die Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Apfelsaft her.
    Waschen, putzen, zerkleinern, pressen: Schritt für Schritt stellen die Schülerinnen und Schüler ihren eigenen Apfelsaft her. Foto: Daniela Röllinger

    Denn für viele Familien ist es Tradition, im Herbst Bäume zu "streichen" – ein Angebot, das es in Gemeinden, aber auch beim Landkreis Kitzingen gibt. In diesem Jahr übersteigt die Nachfrage das Angebot deutlich. Es gibt Wartelisten, doch die Chance, jetzt noch zu regionalen Früchten aus Streuobstbeständen zu kommen, ist gering.

    Obstbäume entlang der Kreisstraßen und auf Streuobstwiesen

    "Wir haben deutlich mehr Anfragen, als wir befriedigen können", bestätigt Ralf Volkamer. Der Gartenbaumeister ist beim Kreisbauhof für die Obstbäume entlang der Kreisstraßen und auf Streuobstwiesen zuständig. Etwa 2200 Obstbäume sind es derzeit und regelmäßig kommen neue hinzu. So wurde beispielsweise als Ausgleichsmaßnahme für die Straßenbaumaßnahme der KT15 vom Abtswind auf den Friedrichsberg eine Streuobstwiese im Wald angelegt.

    Prost: Gemeinsam mit Rektorin Kristina Kurz und Lehrer Martin Schwab stoßen die Schülerinnen und Schüler der AKG-Schulgarten-Gruppe  auf ihren selbst gepressten Apfelsaft an.
    Prost: Gemeinsam mit Rektorin Kristina Kurz und Lehrer Martin Schwab stoßen die Schülerinnen und Schüler der AKG-Schulgarten-Gruppe  auf ihren selbst gepressten Apfelsaft an. Foto: Daniela Röllinger

    Weil ihm die Verwertung des Obstes wichtig ist, pflanzt Volkamer in erster Linie Apfel- und Birnbäume. Viele Bäume werden "verstrichen", andere ernten Schulen oder Kindergärten ab, um dann – wie das Kitzinger Gymnasium – eigenen Saft herzustellen. 

    Bereits Ende Juli kann man sich um die Bäume bewerben

    Der Landkreis kündigt seinen Obststrich schon Ende Juli/Anfang August in den Amtsblättern an, danach kann man sich um die Bäume bewerben. Wobei die Vergabe selbst erst im September erfolgt, wenn der Gärtnermeister absehen kann, wie viel Früchte die Bäume tragen.

    Saftaktion der Schulgartengruppe: Der Lohn der Arbeit ist leckerer Saft aus Äpfeln von der Streuobstwiese. 
    Saftaktion der Schulgartengruppe: Der Lohn der Arbeit ist leckerer Saft aus Äpfeln von der Streuobstwiese.  Foto: Daniela Röllinger

    "Ich frage immer, wofür die Leute die Äpfel brauchen", erklärt Volkamer. Wer sie zum Essen will, bekommt ein, zwei Bäume. Wer Saft machen will, deutlich mehr. Und weil der Obststrich früh erfolgt, können die Leute selbst entscheiden, wann sie ernten.

    "Beim Gelben Band wird oft zu früh geerntet", hat Volkamer beobachtet. "Aus Futterneid, bevor jemand anders die Früchte holt." Beim Obststrich dagegen ist schriftlich festgelegt, wem der Baum gehört und nur derjenige darf ernten.

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