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Würzburg: Hilferuf aus dem Weinberg: Wie sehr schadet die Hitze dem Frankenwein-Jahrgang 2022?

Würzburg

Hilferuf aus dem Weinberg: Wie sehr schadet die Hitze dem Frankenwein-Jahrgang 2022?

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    So kann es aussehen, wenn im Weinberg die Feuchtigkeit fehlt. Vertrocknete Trauben am Steinberg in Würzburg im Hitzejahr 2019.
    So kann es aussehen, wenn im Weinberg die Feuchtigkeit fehlt. Vertrocknete Trauben am Steinberg in Würzburg im Hitzejahr 2019. Foto: Daniel Peter

    Gelbe, welke Blätter, das sind die ersten Symptome. Anzeichen dafür, dass die Rebe Stress hat und versucht, ihn zu bewältigen, indem sie sich von überflüssigem Ballast trennt. Für die Winzerinnen und Winzer sind solche Verfärbungen im Sommer immer ein erstes Alarmzeichen. Die Rebe ruft um Hilfe. Wenn es weiter trocken bleibt und der Winzer nichts dagegen unternimmt, drohen Ernte- und Qualitätsverluste. So weit ist es in Franken noch nicht. Aber in den Weingütern sei die Lage "angespannt", wie Hermann Schmitt, der Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes in Würzburg, sagt. Über allem schwebt natürlich die Frage: Was bedeutet das für den Frankenwein-Jahrgang 2022?

    Von der Mosel dringen schon erste Horrormeldungen. Dort befürchtet man eine "Vollkatastrophe", schlimmer noch als in den Trockenjahren 2003 und 2018, wenn es in den nächsten acht Wochen nicht substanziell regnet. Auch in Franken macht man sich Sorgen. Zu der wochenlangen Trockenheit kam zuletzt eine Hitzewelle. Gleißende Sonne, Temperaturen von 38 Grad im Schatten, auf den tonhaltigen Keuperböden des Steigerwalds sogar um die 60 Grad. Purer Stress für Mensch und Natur.

    Was tun in dieser Situation? Das ist die Frage, die sich alle stellen, nicht erst seit gestern. In Gefahr sind vor allem junge und neu angelegte Pflanzen, die noch nicht bis in etwa 90 Zentimeter Tiefe wurzeln und sich nicht selbst mit Wasser versorgen können. Sie dürsten nach Wasser und brauchen dringend Unterstützung.

    Das Bewässerungsprojekt Vinaqua in den Volkacher Weinbergen kann eine Antwort auf den Klimawandel und die Trockenheit sein, ist aber in der Region eher noch die Ausnahme.
    Das Bewässerungsprojekt Vinaqua in den Volkacher Weinbergen kann eine Antwort auf den Klimawandel und die Trockenheit sein, ist aber in der Region eher noch die Ausnahme. Foto: Thomas Obermeier

    Wer kann, greift auf Wasser aus Speicherseen zurück wie in Volkach (Lkr. Kitzingen). Dort gibt es seit 2010 das Projekt Vinaqua, getragen von der Fernwasserversorgung Franken und einer Genossenschaft von etwa 50 Weingütern. Regen- und Schmelzwasser aus den Hängen wird in Speicherbecken gesammelt und gezielt zur Beregnung von etwa 100 Hektar Weinbergen genutzt. Dazu begrünen die Winzer die Fläche dauerhaft, so dass bei Starkregen weniger Erde weggeschwemmt wird. Ein Vorzeigeprojekt, wie es auch vom Weinbauverband empfohlen wird, aber bislang die Ausnahme ist. In der Regel greifen die Weinbauern immer noch auf externe Quellen wie den Main zurück.

    An Tagen wie diesen kann es passieren, dass sie dabei häufiger auf dem Trockenen sitzen. Wenn der Pegel an der Messstelle Trunstadt unter einen Stand von 1,50 Meter fällt, darf aus dem Main kein Wasser mehr entnommen werden – so wie vergangenen Sonntag und Mittwoch in der Früh. Beide Male lag der Wert kurz darauf wieder über der kritischen Marke, die Winzer konnten wieder auf das wertvolle Nass zurückgreifen.

    Zur Not müssen die Winzer mit ihren Tankwagen in die Weinberge

    Grundsätzlich müssen sie sich die Entnahme von den zuständigen Landratsämtern genehmigen lassen. In dieser Erlaubnis wird auch die Wassermenge geregelt, die sie dem Fluss entziehen dürfen; den eigentlichen Bedarf prüfen zuvor das Wasserwirtschaftsamt oder die Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG). Wo es diese Möglichkeit nicht gibt, bewässern die Winzer mithilfe von Tankwagen, die sie in die Weinberge fahren und aus denen sie ihre Tröpfchenbewässerung speisen. Das alles können nur Provisorien sein, bis es zentrale Bewässerungssysteme gibt. Von denen braucht es künftig immer mehr.

    Liegt darin die Lösung? Großflächige Bewässerung der Weinberge in Sommerhausen (Lkr. Sommerhausen), aufgenommen Ende Juni.
    Liegt darin die Lösung? Großflächige Bewässerung der Weinberge in Sommerhausen (Lkr. Sommerhausen), aufgenommen Ende Juni. Foto: Antje Roscoe

    Beim Weinbauverband beschäftigt man sich seit dem besonders heißen Sommer 2003 intensiv mit der Frage, wie die Weinberge resilienter gegen Trockenstress zu machen sind. Eine Möglichkeit ist neben der Bewässerung eine verbesserte Bodenpflege, etwa den Humusanteil zu erhöhen. Eine andere ist der Anbau trockenresistenter Rebsorten. Aber so einfach sei die Sache nicht, warnte neulich Fachberater Matthias Mend von der LWG in Veitshöchheim. "Der Konsument muss die entsprechende Menge auch aufnehmen – und so schnell ändert sich der Markt nicht." Hermann Schmitt vom Weinbauverband teilt diese Sicht und sagt: "Man muss in Richtung Cuvée gehen wie die Franzosen."

    Was den aktuellen Jahrgang betrifft, will Schmitt derzeit keine Prognosen wagen. Entscheidend sei: Was passiert im August? "Wenn wir da noch einige Gewitter und Niederschläge bekommen, sieht es nicht so schlecht aus." Bis dahin rät Schmitt allen Weinliebhabern: "Der 2021er-Wein ist ein ganz toller Jahrgang, den man bei diesem Wetter gut genießen kann."

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