Eine ganz normale Fahrzeugkontrolle im österreichischen Tirol und die Bemerkung der Streifenbeamtin "a ganz a oider" (ein ganz alter) führten zu der Überlegung, wie das im Verkehr damals war, vor 50 Jahren in Kitzingen. Mit der Bemerkung der Polizistin war sicher nicht ich, der Fahrer, gemeint, sondern mein nach wie vor "grauer Lappen". Ein alt gedienter Führerschein auf grauem Spezialpapier und mit Merkmalen, die heute längst überholt sind: jugendliches Foto und die damalige Adresse.
Mein Führerscheinjahr war 1969. Nur: Was ist eigentlich von dem damals in der Fahrschule Kolb am Rosenberg erworbenen Grundwissen geblieben? Um die Frage zu beantworten, nehme ich bei Nicole Starkmann von der gleichnamigen Fahrschule eine Fahrstunde. Die gelernte Verwaltungsfachangestellte übernahm 2016 die von Vater Friedrich gegründete Fahrschule und erfüllte sich damit einen Kindheitstraum.
Die Fahrstunde im 45 PS-Käfer kostete damals 45 DM, heute liegt die Stunde bei 50 Euro. Meine Fahrstunde nach 50 Jahren lässt sich so zusammenfassen: zu wenige Blicke in den Spiegel, kein Seitenblick, oftmals zu schnell unterwegs. Da fiel wohl einiges der Routine zum Opfer, die sich in den Jahrzehnten aufbaut. Der Blick in den Spiegel war nicht so demonstrativ, wie er einst eingetrichtert wurde.
Ampel nur an der B 8
In 50 Jahren hat sich im Stadtverkehr in Kitzingen so gut wie alles geändert. An seinem letzten Tag im Amt erzählte das Kitzinger Polizei-Urgestein Joachim Schinzel von den Verkehrsverhältnissen, als es nur an der B 8 Ampeln gab. Die Polizei musste seinerzeit an der neuralgischen Kronenkreuzung in weißem Mantel den Verkehr händisch regeln. Ich glaube mich zu erinnern, dass es zum Zeitpunkt der Führerscheinprüfung in Kitzingen noch keine Ampeln gab. Dafür gab es noch eine blau gekleidete Stadtpolizei. Die Kollegen in der Landwehrstraße nannten sich noch Landpolizei und waren für den Umkreis zuständig.
Die Herrnstraße, die Marktstraße und der Marktplatz hatten damals wie die Ritterstraße noch fließenden Verkehr in beiden Richtungen, allerdings schon damals mit der Neigung zu "stopp and go". Besonderer Brennpunkt war die zweispurige Alte Mainbrücke und deren abknickende Vorfahrt mit der besonderen Herausforderung für Fahranfänger, aus der Schrannenstraße kommend am Brückenberg ohne Zurückrollen anzufahren und dabei den vorfahrtberechtigten Verkehr von der Brücke nicht zu übersehen.
Parken auf dem Marktplatz
Da es nur zwei Brücken und noch keine Parkhäuser gab, wurde vergleichsweise wild geparkt. Aufpassen hieß es dabei auf der nördlichen Seite des mit Kopfstein gepflasterten Marktplatzes. Da die Straße noch die alt hergebrachte Wölbung aufwies, konnte es beim Einsteigen eines Beifahrers passieren, dass die Türkante auf dem hohen Gehsteig aufsetzte oder die Parkuhr im Wege war.
Aber die Zeiten haben sich geändert. Der Leiter der Kraftfahrzeugzulassungsstelle im Landratsamt, Horst Held, begann seine Ausbildung 1975 und kam 1977 in die damals noch in der Kanzler-Stürtzel-Straße beheimatete Zulassungsstelle. Damals war noch alles Handarbeit. Die Kfz-Scheine wurden aus dem Brief kopiert. Ergänzende Eintragungen erfolgten aufwändig mit der Schreibmaschine.
91 000 Fahrzeuge zugelassen
1965 kostete eine Neuzulassung noch elf DM, heute 27 Euro. Die Grund- und Umschreibegebühren haben sich hingegen kaum verändert. Obwohl sich die Zahl der Zulassungsvorgänge auf derzeit etwa 17 000 im Jahr erhöht hat, blieb die Zahl der Beschäftigten dank Einführung der EDV unverändert. Derzeit sind im Landkreis 91 000 Fahrzeuge zugelassen, darunter 60 140 Autos. Eine Rückwärtsentwicklung hat Horst Held noch nie erlebt.
Bei allen Veränderungen im Umfeld gilt es also, auf meinen "oiden" grauen Führerschein gut aufzupassen, denn an ihm hat sich hinsichtlich Gültigkeit nichts geändert. Ob er bei Eintreten der Umschreibeverpflichtung noch benötigt wird?

