Der interreligiöse Kirchen-Shuttle des Integrationsbeirates Kitzingen machte Station in zwei muslimischen Einrichtungen, deren jüngste, Selam Mainfranken, erst etwa ein Jahr alt ist. Sprecher Hamsa Özkan erklärte, Muslime gebe es überall in Deutschland. Sie könnten daher bei sozialen Themen nicht einfach zusehen. Sie wünschten sich einen verstärkten Dialog und interreligiöse Gespräche. Die Kirchen-Shuttle-Tour sei hierfür eine geniale Einrichtung.
Weshalb der Verein gegründet wurde, erklärte Michél Schnabel damit, dass der Imam der Moschee türkischer Beamter sei, der kein Deutsch spreche, und für die staatliche Ditib, die Dachorganisation türkischer Moscheen in Deutschland, stehe. Nicht alle Muslime fühlten sich in der Moschee daher wohl.
Jesus heißt im Koran Isa
Er unterstrich die Wertigkeit islamischen Unterrichts und Seelsorge, auch um Wertvorstellungen, wie Pünktlichkeit, zu vermitteln. Über religiöse Empfindungen spreche man nicht gerne. So sei bei vielen Muslimen Jesus unbekannt, obwohl Jesus im Koran als Prophet Isa vorkommt.

Viele Übersetzer des Korans seien überfordert, was zu Missverständnissen führe. Oft werde nur über Salafisten und andere Extremisten gesprochen, ohne dass jemand die wahren Zusammenhänge kenne. So komme es immer wieder zu Äußerungen wie: "Das habe ich nicht gewusst." Ziel des Vereins sei es daher, aufklärend zu wirken. Er und Özkan hätten einen erheblichen Gesprächsbedarf festgestellt.
Eine Vorstellungsrunde der rund 20 Besucher offenbarte unterschiedliche Erfahrungen mit dem Islam.
Im Zentrum steht das Wissen über andere Glaubensrichtungen
Eine weitere Station des Shuttles war der alevitische Kulturverein. Astrid Glos, die interreligiöse Treffen zusammen mit Sieglinde Schraut organisiert, unterstrich, dass es vor allem darum gehe, etwas über andere Glaubensrichtungen etwas zu erfahren.
Die Glaubensrichtung der in der Türkei nicht anerkannten Aleviten erläuterte Hülya Kasikcioglu. Den Verein gebe es seit 1993 in Kitzingen mit etwa 30 Familien, um Kultur und Religion zu beleben und an die Kinder weiterzugeben. Ihre Wurzel habe die Gemeinschaft in der Türkei. "Alevi" bezeichnet Anhänger Alis, eines Neffen und Schwiegersohns Mohammeds. Sie entstand zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert und wird vorwiegend mündlich überliefert. Die zentrale Rolle spielt die Lehre von der Einheit des Seins. Daher stehe der Mensch im Mittelpunkt und nicht seine Rasse, seine Sprache oder Religion, er sei für sein Tun selbst verantwortlich.

Die Scharia wird laut Kasikcioglu von Aleviten nicht als verbindlich anerkannt. Regeln wie Polygamie, Verschleierung, Fasten im Fastenmonat Ramadan oder die Wallfahrt nach Mekka hätten – anders als für andere Muslime – keinen Vorschriften-Charakter. Hingegen würden ethnische Handlungsmaxime gelten, wie die Beherrschung der Hände, der Lenden und der Zunge.
Ein blutiger Anschlag schärfte den Blick für die Lage der Aleviten
Die Akzeptanz als religiöse Gemeinschaft kam in Deutschland mit dem Brandanschlag auf ein Hotel in Sivas (Türkei) im Jahr 1993, dabei wurden 37 Menschen – vorwiegend Aleviten – getötet. Aleviten verrichten Gebet und Andacht in einer Gemeindeversammlung vor einem religiösen Führer. Zentrale Themen sind die Verehrung der zwölf Imame und die Bestätigung des Glaubens durch Riten, darunter das Gelöbnismahl. Neben der religiösen Funktion hat die Versammlung die der Rechtsprechung, wenn sich ein Gemeindeglied etwas hat zu schulden kommen lassen. Gefastet wird im Monat Muharrem, jedoch nur an zwölf Tagen, unter Verzicht auf Fleisch und klares Wasser im Gedenken an die zwölf Imame und deren Folter und Strapazen.
Für Aleviten gilt ein uneingeschränktes Gewaltverbot
Die Kultur ist geprägt von alevitischer Dichtung und Musik. Religiöse Lieder belehren die Aleviten über die Glaubensinhalte. Die Lehre verpflichtet zu Toleranz und uneingeschränktem Gewaltverbot. So kam es, dass Aleviten immer wieder selbst Opfer von Gewalt wurden, sehr selten zu Gewalttätern. Daher wurde nach Massakern nicht an Rache gedacht, sondern die Begegnung mit Sunniten, Christen und anderen Religionen mit Respekt aller Unterschiede befürwortet.
Zum interreligiösen Shuttle laden regelmäßig ein: der Integrationsbeirat, der Frauenbund St. Johannes, der Förderverein ehemalige Synagoge, der Frauentreff der evang. Stadtkirche, der Verein neue Moschee, die Diözese Würzburg und Andere.