Sulzfelds Bürgermeister Matthias Dusel ist erleichter: "Jetzt ist unser Gemeindearchiv wieder ziemlich vollständig." Er durfte sich im November vorzeitig beschert gefühlt haben, als ihm historische Dokumente angeboten waren, die teilweise aus dem Jahr 1542 stammen und damit zu den ältesten Akten im Rathaus gehört hatten. Dem Weinfachmann Fritz Schumann aus dem Bad Dürkheimer Stadtteil Umstein, der von 2002 bis 2014 Ordensmeister der ältesten und größten Weinbruderschaft Deutschlands war und ihr einziger Großmeister ist, waren die historischen Dokumente aus Sulzfeld in die Hände gekommen und er wusste damit umzugehen.
Lange schlummerten die Akten bei Schumann – jedoch ohne sein Wissen. Sie tauchten erst jetzt in der Schublade eines historischen Möbelstückes auf, das er vor 30 Jahren auf einem Antiquitätenmarkt erworben hatte. "Ich habe mich im Internet schlau gemacht", sagt der Senior am Telefon. Er landete mehrere Treffer für Sulzfeld und schlussfolgerte richtigerweise, dass es nur Sulzfeld am Main sein kann, weil die Maustal-Gemeinde ein bekannter Weinort ist.
Nach dem Weinfestempfang verschwanden Dokumente aus dem Archiv
Der Sulzfelder Winzer Otto Beck war kürzlich im Raum Bad Dürkheim unterwegs und brachte die kulturhistorischen Schätze nach Hause. "Wir sind Herrn Schumann sehr dankbar", sagt Matthias Dusel, der sich bei dem 85-Jährigen entsprechend mit einem Weinpräsent revanchierte.

Hintergrund der verschwundenen Dokumente war ein unerfreuliches Ereignis vor etwa 50 Jahren. Altbürgermeister Gerhard Schenkel erinnert sich, dass vor seinem Amtsantritt 1984 während der Amtszeit seines Vorgängers Felix Büchold Akten geklaut worden. Vermutlich waren nach einem Weinfestempfang die Rathaustüren nicht verschlossen gewesen. Unbekannte hätten dann Dokumente mitgenommen.
Zwei Bocksbeutel gegen Unterlagen aus dem Archiv
"Das waren alles handschriftliche Schriftstücke", sagt Schenkel, der vor Jahren schon einiges wieder zurückholen konnte. Vor zwei Jahrzehnten waren einige Akten auf einem Trödelmarkt aufgetaucht und es war sofort erkennbar, dass es sich um Unterlagen aus einem Gemeindearchiv handelt. Denn der einstige Kreisarchivpfleger Fritz Mägerlein hatte auch die Sulzfelder Akten gut sortiert und archiviert.

"Von einem Mann aus Freiburg haben wir Dokumente für 50 D-Mark gekriegt", erinnert sich Schenkel. Ein anderes Mal dienten zwei Sulzfelder Bocksbeutel als Zahlungsmittel. Da wollte jemand mit den Archivstücken schnelles Geld machen, als er über deren Herkunft informiert wurde, gab er sich mit der Wein-Währung zufrieden. "Gott sei Dank gibt es einsichtige Leute", erinnert sich Schenkel und sein Nachfolger pflichtet ihm bei.
Damals speiste der Gemeinderat auf Kosten seiner Bürgerinnen und Bürger
Die jetzt aufgetauchten Dokumente sind in einer Schrift verfasst, die heute kaum noch einer entziffern kann. Gemeinderat und Architekt Fritz Staib ließ seine Beziehungen spielen und Experte Reiner Leng von der Würzburger Universität übersetzte den Sulzfeldern die historischen Dokumente. Es handelt sich um ein Dokument aus dem Jahr 1542, das Verlassenschaftsinventar eines Erblassers.
"Diese Vermögensverzeichnisse geben Aufschluss in das damalige Wirtschaften von Bürgerinnen und Bürgern", erklärt Dusel. Wieder zurück ins Archiv kam auch eine Rechnung des Bürgermeisters Leonhard Caspar Pedelß aus dem Jahr 1671. Solche Dokumente sind für Kommunalpolitiker interessant, weil sich aus heutiger Sicht die damaligen Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde nachvollziehen lassen. Oder wie Dusel amüsiert erzählt: "Der Rat der Gemeinde hat damals gerne auf Gemeindekosten gespeist."
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version stand, dass die Dokumente in Sütterlin-Schrift geschrieben waren. Das kann aber nicht sein, da diese Schrift deutlich jünger ist, als die wiedergefundenen Dokumente. Wir haben die Stelle korrigiert.