Waren es die Regenschirme, unter denen die rund 700 Leute auf dem Volkacher Weinfestplatz zusammengerückt waren? Oder lag es doch an den Themen, mit denen Matthias Walz am Dienstagabend sein Programm beim Volkacher Kabarett Sommer startete? Jedenfalls dauerte es eine Weile, bis der Funke übersprang auf die Besucherinnen und Besucher.

Nach einer Unwetterwarnung und düsteren Wolken kommt der Karlstädter mit einer Stunde Verspätung auf die Bühne, als der Donner vorüber ist, der Regen aber stärker wird. Walz zeigt sich als Kenner der Volkacher Kommunalpolitik, scherzt über die Finanzierung des Freibads – und vergleicht in puncto Massentourismus die Demos auf Mallorca mit denen am Altmain in Astheim 2020.
Scharfzüngige Witze über Politiker zünden mehr als lokale Themen
Doch die lokalen Themen zünden weniger. Oder schluckt der Regen die Reaktionen unter den Schirmen? Als diese nach und nach geschlossen werden – und Walz über das "Betreute Feiern" von Ü40-Jährigen und "die hässlichen 80er-Jahre" singt –, nimmt der Abend mehr Fahrt auf.

Beim "Despoten-Walzer" scheinen die Gäste genau das zu bekommen, wofür manche weite Fahrten auf sich genommen haben: einen Kabarettisten, der nicht nur das Gebaren von Machthabern seziert, sondern auch die eigene Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. "Moral ist eine Frage der Mentalität – Liebe vergeht, Hektar besteht", singt Walz – und meint damit nicht nur Putin und Co.
Politisches Kabarett darf ruhig ein bisschen wehtun
Den Geschmack von Birgit und Ingo Nolte aus Bergtheim trifft er damit: "Wir mögen sehr gerne politisches Kabarett, das auch ein bisschen wehtut", sagt Ingo Nolte. Seine Frau zeigte sich kurz vor dem Start "total gespannt, wie er den Abend in Volkach aufbaut".

Extra für Matthias Walz, für sie das Highlight von Fastnacht in Franken, sind Beate und Lea Sommerer sowie Sebastian Pasch aus Wunsiedel nach Volkach gefahren. "Er tritt ja selten auf", bedauert Kabarett-Fan Beate Sommerer. Auf den Weinfestplatz mitgebracht hat sie ihr Patenkind Lea Sommerer: "Ich werde dieses Jahr an Kultur herangeführt", sagt die junge Frau lachend.

Mit ihren 24 Jahren liegt Lea Sommerer deutlich unter dem Altersdurchschnitt der Gäste auf dem Weinfestplatz. Gelingt es Walz, auch sie zu begeistern für Musikkabarett? Länger und lauter wird jedenfalls der Applaus, als er Politiker und Parteien aufs Korn nimmt. Markus Söder und Hubert Aiwanger bekommen ordentlich ihr Fett weg. "Wenn Hubert Aiwanger eine Maschine wäre, würde er nicht als Künstliche Intelligenz durchgehen", stellt der studierte Informatiker fest.

Noch stärker bekommt es die FDP ab, bei der Walz schon zu Beginn "ins Parkhaus pieseln" gleichsetzte mit "FDP wählen". Nun spricht er über den Vorschlag der Liberalen für mehr Autos in der Innenstadt und meint: "So sieht echte Verzweiflung aus."
Auch den Ballermann-Hit "Layla" nimmt sich Walz vor
Nach einer kurzen Pause steigert Matthias Walz nochmals das Tempo. Er spielt und singt sexistische Schlager von den 1930er-Jahre bis heute, inklusive "Layla", um zu zeigen, wie überzogen der Umgang mit dem Ballermann-Hit im Sommer 2022 war. "Wie komme ich denn auf die Idee, so einem Dreckslied so eine Plattform zu geben?", fragt der Karlstädter sein Publikum.
Bei seinem Ritt durch die Jahrzehnte beweist er dann nicht nur, wie sehr dieses Thema schon lange die Schlagermusik prägt, sondern auch, wie gut er singen und Musik machen kann. Sein Appell danach: Statt einer Empörungswelle über "Layla" sollte man lieber "einfach mal Parteien wählen, die sich für die Gleichberechtigung der Frauen starkmachen".
Vom Winnetou-Shitstorm bis zum Alleinunterhalter Walter
Mit der Nummer über die Winnetou-Debatte und den von der Bild-Zeitung ausgelösten Shitstorm, mit der Walz schon bei "Fastnacht in Franken" 2023 begeistert hat, scheint der Abend am Höhepunkt angelangt. Doch der 47-Jährige legt noch einen drauf und lässt bei der Zugabe als Alleinunterhalter Walter im Seniorenheim Gürtelröschen die Leute Tränen lachen. Mit "Ihr seid ja unersättlich" kehrt er mit einer zweiten Zugabe zum laut applaudierenden Publikum zurück, ehe er sich endgültig verabschiedet.

Und was sagt das Publikum nun zum Soloprogramm? "Liebevoll bitterböse", lobt Ingo Nolte. Und seine Frau nennt den Kabarettisten "absolut sympathisch". Auch für Nadine Wild von der gleichnamigen Volkacher Metzgerei und ihre Mitarbeiterin Nadine König war der "sehr gute Abend" ein Vergnügen, obwohl die Arbeit im Vordergrund stand.
Und im Fichtelgebirge hat Matthias Walz echte Fans gewonnen. Die junge Lea Sommer hat den Abend genossen und findet, der Kabarettist habe sich in dessen Verlauf gesteigert. Sebastian Pasch ist von der "niveauvollen Aktualität" begeistert, und Beate Sommerer sagt: "Er setzt Maßstäbe." Ihre Hoffnung für 2025: ein Auftritt von Matthias Walz bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel.