Der Aufstieg der Würzburger Kickers in die zweite Liga im "Geisterspiel" gegen Halle kam im Juli 2020 völlig überraschend. Rund 400 Fans, die wegen Corona und der Einschränkungen nichts ins Stadion durften, feierten kurz danach den Aufstieg am Dallenberg. Dabei kam verbotene Pyrotechnik zum Einsatz. Das hatte jetzt für einen 18-Jährigen aus dem Landkreis Kitzingen Folgen. Wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung saß er vor dem Jugendrichter. Er kam mit dem berühmten blauen Auge davon.
Jugendrichter Wolfgang Hülle hat das Verfahren eingestellt. Ohne Auflage kam der zur Tatzeit 17-Jährige allerdings nicht davon. 60 Stunden soziale Hilfsdienste muss er ableisten. Und er darf ein halbes Jahr lang seinen Klub bei Heimspielen nicht aus der Nähe unterstützen. Sechs Monate lang ist der Dallenberg für den Fan tabu. Das gilt für das Stadion, den Parkplatz und einen Bereich von 100 Metern drumherum. Davon hatte der Staatsanwalt seine Zustimmung zur Einstellung abhängig gemacht.
Nach Aufstiegs-Krimi feierten 400 Fans
Hält sich der Schüler an die Auflagen, ist die Sache für ihn erledigt. Die Tat war relativ klar und ausführlich dokumentiert. Kickers-Fans hatten den Aufstiegs-Krimi in einem Biergarten mitverfolgt. Kurz nach dem entscheidenden Elfmeter in der Verlängerung zogen – Corona-Regeln hin oder her – rund 400 Anhänger des Würzburger Vereins vor den Augen und den Kameras der Polizei zum Parkplatz vor dem Stadion. Vor dem Eingang zum Block 3 warteten sie auf ihre Mannschaft, um den Aufstieg zu feiern.
Mittendrin war der 17-Jährige. Er ist seit 2013 glühender Kickers-Fan, gehört wohl zum harten Kern und ist schon einmal bei einem Spiel gegen Unterhaching wegen einer Beleidigung strafrechtlich aufgefallen. Als "Ultra" will er sich nicht bezeichnen. "Das ist im Fußball negativ besetzt", sagte er vor Gericht, werde mit Krawall und Randale verbunden. Das sei nicht sein Ding. Er sei ein Fan, der Mannschaft und Verein zu 100 Prozent unterstütze. Wenn man das unter einem Ultrafan verstehe, dann sei er einer, erklärte der junge Mann.
Der Ultrafan feierte nicht nur mit, sondern zündete auch einen Rauchtopf und damit verbotene Pyrotechnik. Warum, konnte er nicht sagen: "Es war die Euphorie. Ich bekam das Ding in die Hand und habe es angezündet, ohne an was zu denken." Schon gar nicht an die Gefahren für die dicht stehenden Fans, darunter auch Kinder, die von dem Rauch ausgehen können. Klar war am Ende: Passiert ist offenbar nichts. Und wie gefährlich der Rauchtopf wirklich war, blieb in der Verhandlung auch offen.
Staat verfolgt weitere Verstöße
Dennoch und weil der Mann mit nacktem Oberkörper trotz eines Schals auf den Polizeifotos und -videos deutlich zu erkennen war, hatte er das Verfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung am Hals. Er ist nicht der einzige. Wie der ermittelnde Beamte als Zeuge sagte, gibt es in Zusammenhang mit der Feier insgesamt sechs Verfahren. Darüber hinaus meldete die Polizei zahlreiche Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz an die Stadt Würzburg.
Ob und wie die Verstöße geahndet wurden und wie die anderen Verfahren ausgingen oder -gehen, blieb bei dieser Verhandlung unklar. In Kitzingen jedenfalls war der 18-Jährige froh, mit der Einstellung des Verfahrens und den sozialen Hilfsdiensten davongekommen zu sein. Auch das Stadionverbot für ein halbes Jahr scheint er in diesen Zeiten, in denen vermutlich ohnehin nur Geisterspiele anstehen, verkraften zu können.
